Auf zu neuen Ufern
Veränderung: Christiane Smidt hat ihren Beruf in der Autobranche nach über 30 Jahren an den Nagel gehängt. Sie ist jetzt Master Business Coach, zertifizierte Mediatorin und Dozentin in der Erwachsenenbildung. Und: Sie kann mit Menschen umgehen.
Von Ulf Buschmann
Angst? Unsicherheit? Auf dem Absatz wieder kehrtmachen? Nein, das muss niemand, der sich von Christiane Smidt coachen und beraten lässt. Die 53-jährige Diplom Betriebswirtin aus Bremen versteht ihr Handwerk. Sie macht das, was sich Veränderungsarbeit nennt – und zwar in allen Lebenslagen. Christiane Smidt ist Master Business Coach (DVNLP), zertifizierte Mediatorin (BM) und Dozentin in der Erwachsenenbildung.
„Nach 25 Jahren Führungstätigkeit im Familienunternehmen war es vor zwei Jahren Zeit für eine echte Veränderung, damit ein lang gehegter Jugendtraum Wirklichkeit werden konnte“, sagt Christiane Smidt. Der Name ihres neuen Geschäftsmodells „Richtung wechseln!“ ist nicht nur einprägsam, sondern bringt die Lebensentscheidung der dreifachen Mutter auf den Punkt. Mit dem für sie typischen, schelmischen Blick über die Lesebrille hinweg erklärt sie: „Wenn Du merkst, dass das, was Du jeden Tag tust, Dir keine Freude mehr macht, dann überlege im Sinne Deiner Lebensqualität, was Du ändern kannst. Das habe ich vor zwei Jahren mutig getan.“
Empathie als Merkmal
Wer ihr begegnet, den fängt Christiane Smidt mit ihrem Lachen und ihrer zugewandten Art ein, Empathie ist so etwas wie ihr Alleinstellungsmerkmal. Dass sie Menschen mit ihrer offenen Art mit auf einen wie auch immer gearteten Weg nehmen kann, weiß sie längst. Kein Wunder also, dass sie damals nach der 10. Klasse am liebsten sofort ihr pädagogisches Fachabitur gemacht hätte, um anschließend Pädagogik zu studieren.
Dem Ruf der Eltern folgend, war es im Jahr 1986 dann doch das allgemeine Abitur, um im Anschluss daran Behinderten-Pädagogik und Biologie auf Lehramt zu studieren – genau bis zur ersten Unterrichtseinheit in einer Schule für Kinder mit Beeinträchtigungen. „Da wusste ich, dass mein Fell für diesen Beruf damals nicht dick genug war“, erinnert sich die Bremerin. Es folgte ein Neustart: „Weil ich Mathe und Deutsch gut konnte, wurde mir zum BWL-Studium geraten. Das war mein Ticket in den Familienbetrieb, das BMW-Autohaus in Bremen-Nord.“
Sie kann mit Menschen umgehen
Was sich aber auch dort sofort zeigte: Christiane Smidt konnte schon immer gut mit Menschen umgehen. Also kümmerte sie sich neben den üblichen Aufgaben einer Geschäftsführerin sowie später geschäftsführender Gesellschafterin unter anderem um den Bereich Personalentwicklung. Als der Familienbetrieb in einer größeren Gruppe aufging, „konnte ich mich mit meinen Werten und Vorstellungen leider nicht mehr verwirklichen“, blickt Christiane Smidt zurück. Als die Familie 2017 ihre Anteile an den Autohäusern veräußerte, war die Zeit gekommen, im wahrsten Sinne des Wortes einen Richtungswechsel einzuläuten.
Genau genommen setzte die Bremerin dann im Jahr 2018 das fort, was sie schon elf Jahre vorher begonnen hatte: „Damals startete ich schon einmal eine Ausbildung zur Mediatorin an der Volkshochschule Lilienthal.“ Auf der Suche nach einer ergänzenden Weiterbildungsmöglichkeit hier in Bremen stieß Christiane Smidt am Ende auf die „Communicati GmbH“ im Viertel – „durch eine Empfehlung“, wie sie sagt.
Coaching ist Begleitung
Und wie erklärt Christiane Smidt Coaching? Sie überlegt kurz: „Ich sehe mich als Begleiterin von gewollten und ungewollten Veränderungsprozessen.“ Alle Menschen stecken immer mal wieder fest in Situationen, schaffen es nicht, Ziele zu setzen und zu erreichen. Dies gilt für Führungskräfte, Teams, Angestellte, Menschen in der Kinderzeit und Arbeitssuchende gleichermaßen. Oft ist dann der erste Schritt das „Auflösen der Schleppsäcke, die wir mit uns herumtragen, der inneren Bremsen für den nächsten Schritt“, weiß Christiane Smidt. Sie betont: „Diese Form der Begleitung ersetzt keine Therapie.“ Zu dieser Seite grenze sich jeder gute Coach ab, denn: „Coaching ist immer lösungsorientiert, nicht problemorientiert.“ In der Psychotherapie gehe es immer zuerst darum, das Gewesene aufzuarbeiten.
Bei Christiane Smidt und ihren Kollegen geht es um einen ganz anderen Ansatz: Sie kitzelt gemeinsam mit ihren Klienten die Lösung aus diesen heraus. Sie sagt: „Man kann kein Problem denken, ohne schon die Lösung in sich zu haben.“ Zwar schauen sich Coaches auch Begebenheiten in der Vergangenheit ihres jeweiligen Gegenübers an – allerdings nur, um die Wahrnehmung dessen, was dort war, positiv zu verändern. Auf diese Weise hilft ein Coach einem Menschen zum Beispiel, Blockaden aus der Vergangenheit für die erfolgreiche Veränderungsarbeit aufzulösen.
Kommunikation als Schlüssel
Der Schlüssel zu alledem sei die Kommunikation, sagt Christiane Smidt. Diese geschehe in erster Linie durch die besonderen Gespräche, aber auch dann, wenn der Klient vom Coach angeleitet in den „inneren Dialog“ geht. Ein Coaching kann sehr bewegend und erkenntnisreich sein, darum betont Christiane Smidt zudem: „Ein guter Coach kalibriert seinen Klienten genau auf körperliche und sprachliche Reaktionen, um die gemeinsame Entwicklungsreise weiter richtig steuern zu können.“
Ein Teil der kommunikativen Arbeit ist es zum Beispiel, negative in positive Sprachmuster umzuwandeln. Das, was ein Mensch von und über sich und andere denkt, bestimmt das eigene Bild das zukünftige Handeln. Gelingt es, den Ballast aus Negativität für den jeweiligen Klienten umzuprogrammieren, gewinnt dieser deutlich an Lebensqualität.
Das Beispiel
Wie das funktioniert, erklärt Christiane Smidt an einem konkreten Fall: Ein Klient sei in seinem Beruf unglücklich und möchte sich verändern. Fachlich habe der junge Mann ordentlich was drauf. Doch in früher Jugend habe er immer wieder zu hören bekommen: „Du bist das Kind einer Arbeiterfamilie!“ Damit sei ihm eingetrichtert worden, ein Kind aus diesen gesellschaftlichen Verhältnissen habe keinen Platz in der Welt der Akademiker. Das blockierte ihn dabei, die für ihn eigentlich passenden Stellenangebote zu nutzen.
Durchs Coaching sei es gelungen, diesen – so der Fachausdruck – hinderlichen Glaubenssatz ins Positive zu drehen. Nach dem Coaching hat er es geschafft, von sich und seinen Werten überzeugt, den richtigen beruflichen Weg zu gehen. In Trainings und Seminaren zu vielen Themen rund um Kommunikation, Führungsverhalten und Personalentwicklung teilt Christiane Smidt ihr Wissen gern mit anderen.
Und mit ihrem Coaching oder der Mediation ist sie noch nicht am Ende ihres eigenen Richtungswechsels, im Gegenteil: „Aktuell befinde ich mich neben meiner Arbeit in der Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie. Damit gelingt es mir dann, die Grenze zur Psychotherapie für mich durchlässiger zu machen, damit kann ich noch individueller auf die Problemlagen meiner Kunden eingehen“, freut sich Christiane Smidt.
Und danach ist dann endlich Ruhe? „Vermutlich nicht,“ lacht sie, „da ist ja noch die Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizhelferin, die auf mich wartet!“ Es gibt kein „zu alt für etwas“, denn wo Leidenschaft ist, findet sich immer ein Weg.