Seemännischer Nachwuchs ist knapp
Die Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt mit Sitz in Bremen ist so etwas wie der Dreh- und Angelpunkt in der maritimen Aus- und Weiterbildung. Die Nachwuchswerbung vor allem für angehende Schiffsmechaniker bildet einen Schwerpunkt.
Von Ulf Buschmann
Es gibt sie schon seit 1954. Zwar ist sie der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt, doch ohne sie läuft in der seemännischen Aus- und Weiterbildung so gut wie nichts – die Rede ist von der Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt (BBS) mit Sitz in Bremen. Was die Industrie- und Handelskammern (IHK) beziehungsweise die Handwerkskammern für Kaufleute und Handwerker sind, ist die Berufsbildungsstelle für Schiffsmechaniker: Die Einrichtung, die sie durch die Ausbildung begleitet.
Ihre Aufgaben nimmt die BBS zum größten Teil im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur wahr. Und weil sie als zuständige Stelle für den Nachwuchs auf Schiffen und Co. unterwegs ist, sind die Überwachung der Berufsausbildung an Bord sowie die Durchführung von Prüfungen zwei der zentralen Tätigkeitsfelder. „Dazu besuchen wir die Auszubildenden, wenn möglich auch an Bord und sprechen mit allen an der Ausbildung Beteiligten“, sagt die Geschäftsführerin der BBS, Sabine Zeller.
Bundesweit tätig
Die weiteren Tätigkeitsfelder lesen sich auf der BBS-Internetseite so: „Beratung der ausbildenden Reedereien, der Ausbilder und der Auszubildenden“, „Information über Berufsbildung in der Seeschifffahrt“, „Mitwirkung bei der Regelung der Ausbildung von Seeleuten“, „Anerkennung von Schiffen als Ausbildungsstätten“ und „Unterstützung der Bundeslotsenkammer im Rahmen der Seelotsenausbildung“.
Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die für die Ausbildungen an Land zuständig sind, sind die Mitarbeiter der Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt bundesweit tätig. Dies betont die BBS-Geschäftsführerin. Organisatorisch ist die Einrichtung ein Verein. Ihm gehören der Bund sowie die fünf Küstenländer Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern an. Hinzu kommen die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Verband Deutscher Reeder und die Bundeslotsenkammer. Vorsitzender ist zurzeit Erik Hirsch. Er ist bei der Reederei Hapag-Lloyd AG für alle maritimen Ausbildungsberufe zuständig. Hirsch’ Stellvertreter ist Peter Geitmann, Verdi-Sekretär Schifffahrt.
Sie alle beunruhigt ein Umstand: Der seemännische Nachwuchs in Deutschland ist knapp, der Wettstreit um die künftigen Fachkräfte groß. Deshalb engagiert sich die BBS laut Geschäftsführerin Zeller auch bei der Nachwuchswerbung: „Die klare Trennung von Deck und Maschine gibt es längst nicht mehr.“ So entspreche das Berufsbild des Schiffsmechanikers seit rund 40 Jahren dem des Facharbeiters für den Gesamtschiffsbetrieb.
„Auf die Auszubildenden zugehen“
Hier sieht Zeller neben dem Tagesgeschäft auch eine der zentralen Aufgaben der Berufsbildungsstelle Seeschifffahrt: „Wir müssen auf die Auszubildenden zugehen.“ Wie andere Stellen müssen die Verantwortlichen aufgrund des demografischen Wandels verstärkt junge Männer und Frauen von einer seemännischen Ausbildung überzeugen. Dafür habe die BBS einen klar formulierten Auftrag des Maritimen Bündnisses, so Zeller.
Um die Ziele zu erreichen, will die BBS zur 12. Nationalen Maritimen Konferenz am 10. und 11. Mai in Rostock ihren neuen Internetauftritt präsentieren. Zudem soll es auf den Social Media-Plattformen laut Zeller lebhafter zugehen. Vertreten ist die BBS bislang auf Facebook und auf Instagram. Da andere digitale Formate bislang auf wenig Resonanz gestoßen sind, „versuchen wir alles mögliche“, umschreibt Zeller die weiteren Planungen.
Facharbeiter an der Küste
Es gibt Licht am Horizont der Schiffsmechaniker-Ausbildung: Zwar hat sich die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse für den Schiffsmechaniker laut BBS-Jahresbericht 2019 von 197 im Jahr 2014 auf nur noch 108 im Jahr 2018 fast halbiert. Doch für 2019 verzeichnet die Statistik einen leichten Anstieg auf 114 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge. Dieser Trend setzte sich auch 2020 trotz der Pandemie fort.
Das lässt bei Zeller ein wenig Hoffnung keimen. „Wir brauchen Schiffsmechanikerinnen und Schiffsmechaniker als Facharbeiterinnen und Facharbeiter an der Küste“, sagt sie. Menschen mit diesem Beruf seien auf Fähren, Forschungsschiffen oder auch auf Schleppern tätig – so etwa beim zur Fairplay Towage Group gehörenden Schleppunternehmen Bugsier. Zeller findet: „Die Ausbildung zum Schiffsmechaniker oder zur Schiffsmechanikerin ist der beste Einstieg in die Seefahrt und eine tolle Basis für die weitere Karriere.“