Ein Schloss in den Zeiten der Pandemie

Das Schloss Erbhof in Thedinghausen: Improvisation war und ist sehr gefragt.

Von Frank Schümann

Das Schloss Erbhof in Thedinghausen ist und bleibt ein absoluter Hingucker. Wer vor dem imposanten Bauwerk steht, das (zumindest nach bisheriger Lesart) im Jahre 1619 von Erzbischof Johann Friedrich von Bremen errichtet wurde, der kann nicht anders, als beeindruckt zu sein. So ergeht es auch immer wieder den vielen Künstlern, die seit Jahren auf das Schloss-Gelände kommen und es damit als wichtige Kulturstätte der Region längst etabliert haben.

Zwei Menschen an einem Tisch in Thedinghausen.

Gerd Schröder, der Vorsitzende des Förderkreises, gemeinsam mit Anna Sivalingam von der Touristik-Information der Samtgemeinde Thedinghausen. Schümann

Förderkreis: Ziel erreicht

Genau das war das Ziel, mit dem der damalige Thedinghauser Samtgemeindebürgermeister Gerd Schröder vor über 20 Jahren angetreten war, als er mit Hans Schröder, Bürgermeister der Gemeinde Thedinghausen, und anderen Mitstreitern den Förderkreis Erbhof ins Leben rief. Kunst- und Kulturveranstaltungen in Eigenregie durchführen, Publikationen zur Geschichte des Schlosses voranbringen, die touristische Einbindung des Erbhofes fördern – das sind einige der Aufgaben, die sich der Förderkreis seinerzeit auf die Fahnen schrieb. „Insgesamt wollten wir das Erbhof-Ensemble mit Leben füllen, das Schloss stärker im Alltag der Menschen verankern“, sagt Schröder, „ich denke, das ist uns gelungen.“

Absagen gehörten zum Alltag

Allerdings: Die Corona-Pandemie hat in den vergangenen zwei Jahren auch in Thedinghausen dafür gesorgt, dass viele Pläne geändert werden mussten – Absagen und Verschiebungen gehörten seit dem Frühjahr 2020 zum Alltag. Und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der einige Jubiläen anstanden, allen voran die 400-Jahr-Feier des Erbhofes (für die es im Mai dieses Jahres ersatzweise immerhin noch ein Symposium gab). „Wir hatten für das Jubiläums-Jahr alleine 25 Veranstaltungen geplant, rund zehn mehr als in normalen Jahren – davon konnten leider nur fünf stattfinden“, blickt der Förderkreis-Vorsitzende zurück.

Ein Mann vor Wappen

Gerd Schröder im Schloss vor einer Nachbildung des Wappens. Foto: Schümann

Immerhin: Wappen wurde angebracht

Alles andere wurde erst einmal auf das Jahr 2021 geschoben, das aber ebenfalls noch stark unter dem Einfluss der Pandemie stehen sollte – was erneut zu Absagen führte. Immerhin, so Schröder: Eine sehr wichtige Aktion konnte 2020 doch noch durchgeführt werden – die Anbringung einer Nachbildung des Wappens des Erzbischofs, der das Schloss einst errichten ließ. Der Bildhauer Raphael Strauch schuf diese, das Original, das einst ebenfalls schon am Schloss hing, war im Laufe der Jahrhunderte verschwunden.

Vorführung eines Film

Das nennt sich Geschichte: Dieser Film aus dem Jahre 1955 wurde zum Teil auf dem Schlossgelände gedreht – und jetzt im Schloss gezeigt. Foto: Schröder

Ein Film aus dem Jahre 1955

Auch sonst war noch das eine oder andere los im Schloss, wenngleich in „abgespeckter Form“: Unter anderem wurde gleich dreimal der Film „Ihr Leibregiment“ aus dem Jahr 1955 gezeigt, der zum Teil im Schloss Erbhof gedreht wurde. „Wir hatten insgesamt 300 Gäste oben im Saal“, freut sich Schröder, der keine Mühen scheute, um diesen Film zeigen zu können. Da es den Film noch nicht in digitalisierter Form gab, musste ein Vorführgerät alter Schule organisiert werden – was schließlich auch gelang. „Das war total nostalgisch“, schwärmt Schröder. Die Art der Filmvorführung sei auch für die Zukunft eine Option.

Kaffeehausorchester begeisterte

Ebenfalls für Begeisterung sorgten in den vergangenen beiden Jahren auch Auftritte verschiedener Künstler, etwa des Bremer Kaffeehausorchesters. „Wir mussten dabei immer wieder improvisieren“, sagt Schröder, ehemals auch 18 Jahre lang Samtgemeindebürgermeister, „konnten aber unter Beweis stellen, dass wir das auch können.“

Manches fiel aber den Umständen komplett zum Opfer: So etwa das klassische Musikfestival Schloss Erbhof, das eigentlich im vergangenen November hätte stattfinden sollen, oder im vergangenen Sommer das Eröffnungskonzert des Garten-Kultur-Musikfestivals. „Das war natürlich sehr schade“, sagt auch Imke Meyer, die Leiterin der Touristik-Information der Samtgemeinde Thedinghausen, „aber ich denke, wir haben gut reagiert – etwa damit, dass wir uns auf Open-Air-Veranstaltungen konzentriert haben, Veranstaltungen im Saal schienen uns zu riskant.“ Auch sonst habe man die Corona-Zeit gut genutzt, etwa, um die bestehende Infrastruktur zu überprüfen. Und sie betont: „Wir sind sehr dankbar, dass wir den Förderkreis haben.“

Eine Theateraufführung

Das Weyher Theater begeisterte die Zuschauer auf dem Schlossgelände mit Songs von Johnny Cash. Foto: Schröder

Cash-Songs auf dem Erbhof

Nach einem Konzert der Bremer Kammerphilharmonie im Februar, das im ausverkauften Saal stattfand (Schröder: „Das war richtig toll, es gab Standing Ovations!“) brachten in der Tat vor allem die Freiluft-Auftritte des Weyher Theaters mit den Songs von Johnny Cash aus „I walk the line“ und „Sonne, Sand und Sylt“ wieder Leben auf das Schlossgelände. Für letztere wurde eigens eine Tribüne aufgebaut. Bei diesen Vorstellungen lief die Abwicklung aber über das Theater – „das wäre für uns zu groß gewesen, das hätten wir personell nicht stemmen können.“

Für den Herbst vorsichtig

Für den Herbst haben sich die Macher dieses Mal mit der Planung zurückgehalten – „man weiß ja nach wie vor nicht, wie es mit Corona weitergeht“, so Schröder. Wenn es die Möglichkeit gibt, könne man aber auch improvisieren und etwas kurzfristig planen, wie eine Filmvorführung oder eine Lesung. Und auch eine Publikation der besonderen Art steht an: Mit der zu erwartenden Veröffentlichung eines Buches des Historikers Christian Kamann müssen „weite Teile der Erbhof-Geschichte künftig neu geschrieben werden“, sagt Gerd Schröder.

Schloss Erbhof

Immer wieder schön anzuschauen: das Schloss Erbhof in Thedinghausen. Foto: Schümann

Was die Finanzen betrifft, konnte Corona zum Glück nicht so viel ausrichten: „Wir hatten bereits für das Jubiläumsjahr Reserven gebildet, sodass wir nach wie vor ganz gut dastehen“, sagt der Förderkreis-Vorsitzende: „Wir haben über die Jahre eine solide Finanzpolitik betrieben – das eine oder andere Veranstaltungsrisiko könnten wir also auch in Zukunft eingehen.“