„Die Tiere brauchen uns“
Alice und Markus Mückschel aus Weyhe-Leeste kümmern sich um den fast blinden Kater Bob und einige andere Vierbeiner mit Handicaps.
Von Frank Schümann
Bob ist ein roter Kater, ausgestattet mit einem schönen weichen Fell. Er ist schmusig, mag es aber auch, seine Ruhe zu haben. Wenn die Tür zur Terrasse auf ist, geht er gerne mal raus, ansonsten hat er sein Körbchen, sein Katzenklo, seine Menschen. Alles soweit normal also. Mit einem großen Unterschied: Bob kann kaum sehen und hören – er ist so gut wie blind und taub.
Bob geht es wieder gut
Dass es ihm heute trotzdem gut geht, merkt man, wenn man ihn besucht: Er lässt sich streicheln, schnurrt schnell, wenn er spürt, dass es seine Lieblingsmenschen sind, die da kommen. Zeigt, wenn er Hunger hat, freut sich, wenn er was bekommt. Und dass es ihm so gut geht, das liegt an eben jenen Menschen: an Alice und Markus Mückschel, die Kater Bob vor einem Jahr, krank und schon sehr alt aus dem Tierheim geholt haben – wissend, dass sie ihm damit ihr Gnadenbrot geben.
Kuschelalarm mit Pit und Bella
Und Bob ist nicht der einzige, der im Mückel’schen Domizil im Weyher Ortsteil Leeste eine schöne letzte Lebenszeit beschert bekommt. Auch die Hunde Pit und Bella sind hier zuhause und ebenfalls nicht mehr die jüngsten – der Jack Russel-Terrier Pit ist 19, und der aus Rumänien stammende Mischling Bella ist 15. Die drei kommen wunderbar miteinander zurecht – einträchtig liegen sie schon mal nebeneinander auf der Couch, und sogar ins Bett darf das Trio. „Da kennen wir nichts“, lacht Alice Mückschel.
Alice hat auch zwei Pferde
Die 49-jährige hat ein großes Herz, nicht nur für Tiere – ebenso wie ihr Mann, der dies auch als privater Altenpfleger jeden Tag aufs Neue beweist. Die Tierliebe war schon immer da, bei beiden – Markus wuchs mit einem Hund auf, Alice unter anderem mit Pferden. Die Liebe zu den Pferden ist auch heute noch präsent – gleich zwei dieser Vierbeiner besitzt sie, unter anderem die 23-jährige Rieke, eine Tinker Stute.
„Sie haben ja sonst keine Chance“
Insgesamt haben die Mükschels also fünf Tiere, vier davon sind alt und krank, Pit hat Herzprobleme, Bella leidet gar an Epilepsie – fast könnte man von einem Tier-Hospiz sprechen. „Ja, das haben schon einige gesagt“, lacht Alice. Warum ist das so, warum geben sie alten, kranken Tieren ihr Gnadenbrot, während die meisten anderen Menschen sich am liebsten junge, gesunde Vierbeiner zulegen? „Einer muss sich ja auch um diese Tiere kümmern“, sagt Markus Mückschel, und seine Frau ergänzt: „Die Tiere haben ja sonst keine Chance. Wir bekommen auch wahnsinnig viel zurück – in erster Linie unglaubliche Dankbarkeit.“ Und Markus: „Die Tiere brauchen uns auch einfach“.
Die Geschichte von Nepomuk
Von den Pferden, von den Hunden, aber speziell auch von Bob. Dabei ist die Geschichte, wie Bob ins Haus der Mückschels kam, eine traurige – sogar eine doppelt traurige. Denn vor Bob war hier etwa ein Jahr lang der kleine graue Kater Nepomuk zuhause, der zuvor mit zerfledderten Ohren und verwahrlost in einer Scheune lebte. Nach Rücksprache mit den Besitzern nahmen Markus und Alice das Tier bei sich auf, das fortan richtig auflebte: „Es war großartig mit ihm“, schwärmt Markus, „er war super anhänglich, kuschelig und begrüßte uns jeden Tag, wenn wir nach Hause kamen – fast wie ein Hund.“
Leider nur für eine arg begrenzte Zeitspanne – fast ohne Vorwarnung ging es Nepomuk von einem Tag auf den anderen sehr schlecht; er starb in den Armen von Markus Mückschel. Der Arzt diagnostizierte später Wasser in der Lunge, das zuvor niemand erkannt hatte. „Wir haben Rotz und Wasser geheult“, sagt Alice Mückschel, es sei aber auch gleich klar gewesen: „Für Nepomuk holen wir uns wieder einen Kater aus dem Tierheim.“ Und das war Bob.
Viel Zeit gelassen
Dem allerdings ging es sehr schlecht, als es zur ersten Begegnung mit den Mückschels kam. „Er lag teilnahmslos in einer Ecke im Tierheim, so, als ob er sich zum Sterben hingelegt hätte – aber immerhin reagierte er auf uns.“ Dem Ehepaar war klar: Der soll es sein, den päppeln wir wieder auf. Und das gelang auch! Allerdings zunächst nur auf Besuchs- und Pflegschaftsbasis – erst nach sieben Monaten konnten sie den Kater ganz mit nach Hause nehmen.
Schemen kann Bob erkennen
Die genaue Lebensgeschichte des etwa 15-jährigen Bob ist nicht bekannt – „aber er wird es zumindest phasenweise gutgehabt haben, sonst wäre er nicht so zutraulich“, sagt Alice. Irgendwann aber nicht mehr; er lebte dann auf der Straße und wurde schließlich im Tierheim abgegeben. Erst verlor er sein Augenlicht, später dann auch ein Auge – seither könne er bei gutem Licht aber zumindest ab und an Schemen erkennen, sagen die neuen Besitzer, die sich jeden einzelnen Tag an ihren Tieren erfreuen und ihren gesamten Lebens- und Tagesrhythmus auf sie abgestellt haben.
Die Tiere seien nie alleine, sagt Markus: „Ich übernehme als Pfleger nur Nachtschichten und kann tagsüber bei den Tieren sein“, sagt Markus Mückschel, während seine Frau dann am Tage arbeiten geht. „Wir stellen das Wohl der Tiere über das unsrige“, sagt Alice, „sonst bräuchten wir sie auch nicht zu uns zu holen.“
Tiere sind nie alleine
Und wenn ihre geliebten Vierbeiner eines Tages doch in den Katzen- oder Hundehimmel abberufen werden? „Dann werden wir uns wieder Tiere ins Haus holen, die Hilfe brauchen“, sagen beide wie aus einem Atemzug. Man glaubt es ihnen sofort!
Zumal kurz vor Redaktionsschluss noch die Nachricht kam, dass die Mückschel’s eventuell bald wieder Zuwachs bekommen – in Form einer 15-jährigen blinden Katze. „Wir wollen in den nächsten Wochen aber erst einmal ausprobieren, wie das mit Bobby funktioniert“, sagt Markus Mückschel. Voller Verantwortung, wie man die beiden kennt!
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