Heimtrainer für warmes Wasser

Unser Autor hat für vieles Verständnis – nur nicht für die Bremer Schwimmer. Ihnen ist das Wasser in den Bädern zu kalt. Sein Urteil: Weicheier!

Von Ulf Buschmann

Wassersportler gehören zu den Lebewesen mit dem schwersten Los. Seit Jahren kämpfen sie – zumindest in Bremen – vergeblich für mehr Trainingszeiten in den öffentlichen Schwimmbädern. Und nun auch noch das: Die Gemeinden erdreisten sich, wegen der explodierenden Gaspreise die Wassertemperaturen abzusenken. Statt bei 28 Grad Celsius müssen die Wassersportler in Bremen nun bei 26 Grad Celsius trainieren und wettkämpfen. Das geht gar nicht. Bremen beziehungsweise die Bremer Bäder sollten sofort die Wassertemperatur wieder auf die gewohnte Marke setzen, so die Forderung. Des Vereinsvolks Seele kocht!

Aber nicht nur dort brodelt es. Auch Eltern sind sauer! Da erdreisten sich die Bremer Bäder doch, die Temperatur in den Lehrschwimmbecken abzusenken: von 32 auf 30 Grad. Und noch ein Skandal: Die Plansch und Solebecken haben nur noch 30 statt 32 Grad. Zur Erklärung: Lehrschwimmbecken haben eine geringe Wassertiefe und eigenen sich deshalb, das Schwimmen zu erlernen.

Morgendliches Kopfschütteln

Die Zeitung in der Hand lese ich einmal, schüttele den Kopf und tue mir den Artikel ein zweites Mal rein. Das Kopfschütteln wird heftiger. Was bitte möchten diese Menschen? Die Stadtgemeinde Bremen beziehungsweise die Bremer Bäder sollen die Wassertemperaturen wieder auf den alten Stand setzen? „Haben die sie nicht mehr alle?“, frage ich mich.

Nun sollte inzwischen jeder mitbekommen haben, dass die Energiekosten explodiert sind. Privatmenschen, Unternehmen und eben auch die Städte und Gemeinden müssen zusehen, dass sie unter anderem beim Gasverbrauch sparen. Eine der Maßnahmen ist das Absenken der Wassertemperaturen in den Schwimmbädern. Dies bringt eine Kostenersparnis von gut und gerne 25 Prozent.

Die Vereine leiden

Das ficht die Wassersportler und ihre Interessenvertreter nicht an. Sie sprechen von ausbleibenden Kindern und Jugendlichen in den Schwimmkursen, von widrigen Trainingsbedingungen und so weiter. Kurz: Diejenigen, die unter den kommunalen Sparmaßnahmen leiden, seien wieder einmal die Vereine. Achso! Weicheier!

Da erlaube ich mir, in die Argumentationskiste á la „Früher, als wir noch jung waren…“ zu greifen. 26 Grad Wassertemperatur ist meines Wissens nach purer Trainings- und Wettkampfluxus. Mehr als 23 Grad waren früher überhaupt nicht drin. Und das galt schon als sogenannter Warmbadetag. Glücklicherweise bin ich kein kompletter Sportlaie. Ich weiß, dass die Muskulatur auch im Wettkampf recht gut mit einer Wassertemperatur von 26 Grad zurechtkommt. Selbst die Forderung, Babys und Kleinkinder bei 32 Grad in den Lehrbecken planschen zu lassen, kann ich nicht recht nachvollziehen.

Treten für Wärme

Aber wir haben ja in der Schule gelernt, lösungsorientiert zu arbeiten – der Weg zu zwei Grad mehr Wassertemperatur ist so einfach und so gesund. Man nehme: zehn bis 15 Heimtrainer und ebenso viele Sportler. Wer gerade nicht im Wasser ist, trete ordentlich in die Pedale, um Strom zur Erwärmung des Wassers zu liefern. Dies lässt sich wahlweise nach Leistungsklassen oder Alter organisieren. Selbst die Eltern können mitmachen – Mutti kann sich auf diese Weise ihre Schwangerschaftsringe abtrainieren, Papa wandelt seinen Bierbauch in einen Sixpack um.

Diese Methode ist somit nicht nur extrem klimaschonend, sondern auch sehr einträglich für die Gesundheit von Sportlern und Eltern. Hinzu kommt, dass sich fürs gemeinsame Treten gebrauchte Heimtrainer benutzen lassen. Sicherlich gibt es den einen oder anderen Menschen, der im Keller solch ein nicht mehr benutztes Teil herumstehen hat. Eine Umfrage in den einschlägigen WhatsApp-Gruppen gibt sicherlich Aufschluss.

Gerade jetzt in den Ferien ohne Training und Wettkämpfe bietet es sich förmlich an, die Geräte zu organisieren. Und wenn sie gegen Ende des Winters nicht mehr benötigt werden, könnten das Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk die Heimtrainer in die Ukraine schicken. Dort sitzen ja gerade neun Millionen Menschen ohne Gas und Strom in kalten und dunklen Wohnungen.