SPD gewinnt die Bürgerschaftswahl

Die SPD gewinnt, die Grünen verlieren deutlich und die „Bürger in Wut“ legen landesweit um acht Prozentpunkte zu – das Ergebnis der Bürgerschaftswahl 2023 im Land Bremen.

Von Ulf Buschmann

Als die TV-Kameras und Fotoapparate auf sie gerichtet sind, ist Maike Schaefer gar nicht gewillt, sich irgendwie ins Bild setzen lassen – bloß schnell rein ins Haus der Bürgerschaft. Antwort muss Bremens aktuelle Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbausenatorin (SKUMS) und Spitzenkandidaten der Grünen zur Bürgerschaftswahl 2023 an diesem Abend noch genug. Hat ihre Partei doch eine fürchterliche Klatsche bekommen.

Bewegten sich die Stimmenverluste gegenüber 2019 bei den ersten Prognosen um 18 Uhr noch bei fünf Prozent, rauschen die Grünen nach der ersten Hochrechnung des ZDF von 21.30 Uhr gar um 6,1 Prozentpunkte in den Keller. Die ARD geht in ihrer Hochrechnung um 21.45 Uhr von 4,7 Prozentpunkten gegenüber 2019 aus.

Grüne sind die Verlierer der Bremenwahl

Wie hoch die Verluste der Grünen ausfallen, wird im Laufe des Abends zweitrangig. Fakt ist: Die Grünen sind die großen Verlierer. Wie es weitergeht, vermag Maike Schaefer an diesem Abend nicht sagen. Gegenüber Medienvertretern verweist sie darauf, dass die Ergebnisse in den nächsten Tagen „analysiert werden müssen“. Heißt: Sie werde sich die Schuldfrage stellen und die Verantwortlichen müssten schauen, welchen Einfluss die Bundespolitik habe. Denn auch dort stehen die Grünen mächtig unter Druck.

Sieger gibt es nach der Bürgerschaftswahl im kleinsten Bundesland natürlich auch. Dies sind einmal die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten, Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Sieger Nummer zwei befindet sich am rechten Rand des Parteienspektrums: die Wählergemeinschaft „Bürger in Wut“ (BIW). Die SPD kommt laut ARD Hochrechnung um 21.45 Uhr auf 29,4 Prozent und legt um 4,5 Punkte zu. Beim ZDF sind es 29,5 Prozent mit einem Gewinn von fünf Punkten.

Wahl-Roland-Bremen

In den vergangenen Wochen warb der Roland für die Wahl. Foto: Buschmann

Größter Zuwachs für BIW

Den höchsten Stimmenzuwachs mit laut ARD 7,7 sowie 7,1 Prozentpunkten des ZDF fahren die BIW ein – macht im Ergebnis landesweit 10,1 (ARD) beziehungsweise Prozent 9,5 Prozent (ZDF). Der Grund für den Sprung der Wählervereinigung nach vorne: Die AfD war wegen seit langem andauernder interner Querelen nicht zur Bürgerschaftswahl zugelassen worden. Wählerwanderungsanalysen zeigen: Wer sonst AfD wählt, hat sein Kreuz nun bei BIW gemacht – vor allem im Wahlbezirk Bremerhaven, wo sie laut Prognose auf über 20 Prozent kommen wird.

Die anderen Parteien haben sich weitgehend gehalten. So erreicht laut ARD die CDU 25,7 Prozent und verliert einen Punkt. Das ZDF sieht die Christdemokraten bei 26,7 Prozent wie 2019. Bovenschultes kleinster Koalitionspartner, Die Linke, bleibt zweistellig: 10,6 Prozent bei einem Verlust von 0,7 Prozentpunkten; beim ZDF sind es lediglich 0,4. Die FDP schafft mit 5,2 Prozent gerade so den Wiedereinzug in die Bürgerschaft. Hierin sind ARD und ZDF ausnahmsweise gleich mit ihren Hochrechnungen.

Wahlbeteiligung nur bei 57 Prozent

Trotz allen Jubels insbesondere bei den Sozialdemokraten ist diese Bürgerschaftswahl eine mit insgesamt schlechten Zahlen. So lag die Wahlbeteiligung in den beiden Städten Bremen und Bremerhaven bei nur 57 Prozent. Vor vier Jahren gingen noch 64,1 Prozent der Menschen ihrer Wahlpflicht nach. Nicht gerade toll ist überdies das Ergebnis der SPD im historischen Vergleich: Es ist nach 2019 das zweitschlechteste, das die Partei an der Weser jemals eingefahren hat. Vor vier Jahren kamen die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Carsten Sieling nur auf 24,9 Prozent – ein Verlust von 7,9 Prozentpunkten. In der Folge trat Sieling zurück, Bovenschulte übernahm.

Auch für die Grünen ist das Ergebnis doppelt bitter. Denn: Bremen ist so etwas wie eines ihrer Stammländer. Im kleinsten Bundesland schaffte es die damalige Bremer Grüne Liste (BGL) 1979 als erste grüne Partei überhaupt, mit vier Abgeordneten in ein Landesparlament einzuziehen. Spitzenkandidat war Peter Willers. Außerdem gehörten Olaf Dinné, Axel Adamietz und Delphine Brox dazu.

Bremen-Wahl-Bovenschulte-Scholz

Zum Wahlkampffinale assistierten dem Bremer Bürgermeister (links) Bundeskanzler Olaf Scholz, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und SPD-Chef Lars Klingbeil. Foto: Buschmann

Die Koalitionsfrage ist offen

Ob die Grünen und die Linken in den kommenden vier Jahren wieder mit der SPD eine Koalition eingehen werden, lässt Bovenschulte völlig offen. Er stehe dazu, dass Rot-Grün-Rot das Land gut durch die Corona-Pandemie und Energiekrise gebracht habe. Gleichwohl müssten jetzt alle genau schauen, welche Anforderungen auf Bremen und Bremerhaven zukommen. Darüber würden die Sozialdemokraten mit allen demokratischen Parteien sprechen. Heißt: Der Bürgermeister und seine Partei können sich die Partner aussuchen. SPD, Grüne und Linke könnten weitermachen, aber es ist auch eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP möglich.

Die Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt indes eine Große Koalition aus SPD und CDU, wie es sie bereits von 1995 bis 2005 gab. CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff würde sofort einschlagen, daran lässt er keinen Zweifel. „Wir stehen bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Imhoff noch am Sonntagabend, „auch in der Bildung.“

SKUMS wird jetzt zerlegt

Damit dürfte der Christdemokrat bei einem erheblichen Teil der künftigen SPD-Abgeordneten und der Führungsmannschaft offene Türen einrennen. „SKUMS wird jetzt zerlegt“, sagt ein Genosse, der allerdings nicht mit Namen genannt werden möchte. Weniger begeistert von der Aussicht eines SPD-CDU-Bündnisses sind die Bremer Jusos. Selin Arpaz, eine der jüngsten Kandidatinnen zur Bürgerschaftswahl, spricht sich für eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot aus. Die Bedürfnisse gerade junger Menschen würden sich nur mit einer „progressiven Koalition“ wie der bisherigen durchsetzen lassen.

Alles zum Wahlausgang

Alle Informationen über den Wahlausgang in Bremen und Bremerhaven gibt es auf www.wahlen-bremen.de.

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