Nicht mein Müll, aber mein Planet

Der Verein „CleanUpYourCity“ setzt sich dafür ein, dass Bremen sauberer wird. Regelmäßig treffen sich Freiwillige zu offenen CleanUps.

Von Daniela Krause

Schaurig sehen sie aus, die Gestalten, die sich vor dem Bahnhof Vegesack versammelt haben. Bei einem steckt ein (unechtes) Messer im Kopf, eine andere hat Spinnweben im Gesicht. Sie treffen sich aber nicht etwa zur „Süßes-sonst-gibt’s-Saures-Runde“, sondern zum Straßen Aufräumen am helllichten Tag. Denn was hier gerade stattfindet ist das Halloween-CleanUp des Vereins „CleanUpYourCity – Bremen“ (CUYC), genauer gesagt der Gruppe Bremen-Nord. Eine der Stadtteilpatinnen, Katja Butgereit, hat sich die Handschuhe übergestreift und schnappt sich eine Müllzange.

Einen schaurig-schönen Kuchen gab es für das Geburtstagskind von Stadtteilpatin Katja Butgereit.

Klobrillen, Ausweise und Schmuck

Müll gehört in die Tonne! Das wissen schon die Kleinsten. Dennoch sind die ehrenamtlichen Müllsammler jedes Mal aufs Neue geplättet, was sie bei ihren Streifzügen vorfinden: Plastikbecher, Trinkpäckchen, Verpackungen, Taschentücher, Kronkorken, Glasflaschen, Scherben, Unmengen an Kippen, benutzte Spritzen und vieles mehr. Der Abfall liegt in Gebüschen, auf Grünflächen, mitten auf dem Fußweg oder um Mülleimer herum. Zu den kuriosesten Funden bislang zählen sicherlich Klobrillen, Ausweise und Schmuck, der sich als Diebesgut entpuppte.

In den Kippen befinden sich Giftstoffe, werden diese freigesetzt, landen sie im Grundwasser und damit letztlich irgendwann auf unserem Teller

Um ihre Umwelt ein bisschen sauberer zu machen, treffen sich Freiwillige regelmäßig zu offenen sogenannten CleanUps. Mit Bollerwagen ziehen sie los, ausgestattet mit Müllsäcken, Greifzangen und Schutzhandschuhen, gesponsert von der Bremer Stadtreinigung. Ihre Mission: Den Müll aufpicken, den andere achtlos wegwerfen oder liegenlassen. Selbst am Reformationstag sind sie aktiv: Elf Freiwillige haben sich an diesem Tag eingefunden, um rund um den Vegesacker Bahnhof klar Schiff zu machen. Die jüngste Müllsammlerin ist gerade einmal sieben Jahre alt, und auch ein Geburtstagskind ist unter den Helfenden.

Ein unhandlicher Karton wurde einfach so am Bahnhof Vegesack „entsorgt“.

Kippen sind ein großes Problem

Getreu dem Vereinsmotto „Nicht mein Müll, aber mein Planet!“ zieht die Gruppe los und wird schnell fündig: Weggeschnipste Zigarettenstummel finden sie an nahezu jeder Ecke. Ein echtes Problem, wie eine Teilnehmerin erklärt: „In den Kippen befinden sich Giftstoffe, werden diese freigesetzt, landen sie im Grundwasser und damit letztlich irgendwann auf unserem Teller.“ Darüber hinaus ist das unsachgemäße Entsorgen von Zigaretten strafbar: Im Mai 2022 wurde das Bußgeld von 20 auf 50 Euro erhöht. Nur leider scheint das Wenige zu interessieren. Allein um eine Sitzbank herum liegen um die 50 Kippen. Beim Kippenmarathon im Sommer, der von der Stadtreinigung Bremen organisiert wird, wurden in 17 Stadtteilen insgesamt 149 Kilogramm Zigarettenkippen aufgesammelt.

Ein bisschen Spaß muss sein beim Halloween-CleanUp.

Taschenascher als Geschenk

Ihre CleanUps nutzen die Ehrenamtlichen auch gerne, um rauchende Passanten anzusprechen, sie freundlich für die Problematik von Zigaretten in der Umwelt zu sensibilisieren und ihnen Taschenascher aus recycelten Zigaretten zu schenken. Ein Geschenk, das meist dankbar angenommen wird. Nicht so heute: Als eine Teilnehmerin einem älteren rauchenden Paar einen Taschenascher überreichen möchte, antwortet der Mann, sie könne sich diesen „sonst wohin stecken“. Dass eine einzige auf den Boden geworfene Zigarette rund 40 Liter Grundwasser vergiftet, tangiert ihn nicht weiter. Doch die Gruppe trifft auch auf nette Passanten: „Danke, dass Ihr hier aufräumt“, sagt eine junge Frau im Vorbeigehen. Ein solch aufrichtiges Lob wiegt für die Umweltaktivisten mehr als ein dummer Spruch.

Beim Durchkämmen der Grünanlagen werden zahlreiche Kronkorken aus den Hecken gefischt.

Bilanz: drei volle Säcke

Erfreulich sauber sind an diesem Tag die Treppen am Vegesacker Hafen. Im Sommer wird dort wesentlich mehr Müll liegengelassen, weil dort ein sehr beliebter Treffpunkt ist und die Leute danach alles stehen und liegen lassen. Auch auf dem maritimen Spielplatz ist diesmal wenig zu holen – ganz zur Freude der Siebenjährigen. Dennoch: Als die Teilnehmenden am Ende der 90-minütigen Runde ihre Eimer leeren, kommen drei große volle Müllsäcke zusammen. „Unser bisheriger Rekord liegt bei sechs vollen Säcken“, sagt Katja Butgereit, „da waren wir aber auch 25 Leute und hatten besseres Wetter.“ Rund um den Bahnhof habe diesmal verhältnismäßig wenig Müll gelegen.

Fast fertig: Zeit für ein letztes Gruppenfoto.

Ein Jahr CUYC in Bremen-Nord

Nach dem Aufräumen genehmigen sich die Helfer noch ein Stück Geburtstagskuchen und Kürbisbrot. Katja Butgereit erzählt, dass es die CUYC-Gruppe Bremen-Nord seit einem Jahr gibt und mit der Zeit Kooperationen mit anderen Gruppen und Instiutionen entstanden sind, unter anderem mit dem Ortsamt, der Maritimen Meile, Friedehorst und der Grohner Einwohnergemeinschaft. Kennengelernt hatten sich die Ehrenamtlichen der Nordbremer CUYC-Gruppe bei einer Clean-Up-Aktion der Stadtbibliothek. Die Initiative „Clean Up Your City – Bremen“ gibt es schon seit 2018, seit 2022 ist sie ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der froh ist über jede helfende Hand.

Am Ende landen drei volle Müllsäcke der Bremer Stadtreinigung im Kofferraum.

Von der Facebookgruppe zum Verein

Drahtzieherin des Ganzen und erste Vorsitzende des Vereins ist die Bremerin Katrin Zeise, die selbst zweimal im Monat bei Clean-Ups dabei ist und sich um die Organisation und Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Sie hatte sich damals intensiver mit dem Thema „Plastikfrei leben“ und „Zero Waste“ beschäftigt. Eine Kollegin machte sie darauf aufmerksam, dass die KlimaWerkStadt eine Müll-AG gegründet hatte. Dieser trat sie bei. „So ist die Idee zu Clean Up Your City entstanden“, sagt sie. „Erst über eine Facebookgruppe, und dann hat sich das immer weiter verselbstständigt.“ Es stellte sich heraus, dass die gemeinsamen Clean-Ups mehr sind, als nur der sogenannten Müllblindheit etwas entgegenzusetzen. Durch die Zusammenkünfte sind Freundschaften entstanden: „Ganz viele haben Feuer gefangen und sind Stammmitglieder geworden.“

Ärmel hochkrempeln

CUYC freut sich über alle, die mithelfen wollen, die Stadt Bremen sauberer zu machen. CleanUps gibt es bereits in Gröpelingen, Walle mit der Überseestadt, Neustadt, Findorff, Blumenthal, Vegesack, am Osterdeich und im Ostertor. Es könnten noch mehr werden, wenn sich Stadtteilpaten finden. Die aktuellen Termine sind auf Instagram und Facebook zu finden. Die Gruppe Bremen-Nord hat ein eigenes Instagram-Profil. Mehr Infos über den Verein gibt es hier.

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