Wolfgang Niedecken’s Bap: „Für Usszeschnigge“
Frank Schümann über seine Beziehung zum Durchbruchs-Album der Kölner Band „Bap“, „Für Usszeschnigge“, aus dem Jahre 1981.
Von Frank Schümann
„Hä, wieso hörst Du Dir denn Sachen in diesem komischen Dialekt an?“ Nein, nicht jeder hatte Verständnis für mich, als ich mich im Jahr 1981 plötzlich für die Kölner Band „Wolfgang Niedecken’s Bap“ interessierte. Ich hatte die damals noch unbekannte Gruppe in einer Jugendsendung im Fernsehen gesehen und war sofort angetan – damals noch komplett unbekannt, präsentierte sie einen Song namens „Verdamp lang her.“ Zeitgleich kam ihr drittes Album „Für Usszeschnigge“ heraus, das ich mir sogleich zulegte – später dann auch noch die beiden Vorgänger, „Bap rockt andere kölsche Leeder“ (1979) und „Affjetaut“ (1980). Der Durchbruch aber kam erst mit „Für Usszeschnigge“ (hochdeutsch: zum Ausschneiden) und dem späteren Superhit „Verdamp lang her“.
Was mir gefiel: Der charismatische Sänger Wolfgang Niedecken nannte als Vorbilder die von mir ebenfalls verehrten Bob Dylan, Bruce Springsteen und die Stones, er mischte sich gesellschaftlich ein, machte den Deutschrock wieder mit hoffähig und fügte den im Innencover abgedruckten Texten teilweise hochdeutsche Übersetzungen hinzu, sodass auch der geneigte Norddeutsche etwas verstehen und vielleicht sogar etwas lernen konnte.
Bei mir funktionierte das so gut, dass ich meine Klassenkameraden bald mit kölschem Singsang nervte – und nicht von ungefähr war ein Konzert von „Bap“ denn auch mein erstes größeres Konzert, zu dem ich ging, seinerzeit im Frühjahr 1982 in der Bremerhavener Schleuse.
„Für Usszeschnigge“ rauf und runter
„Für Usszeschnigge“ hatte ich bis dato natürlich schon rauf und runter gehört: Von „Verdamp lang her“ über „Südstadt verzäll nix“, den Rock’n’rolligen „Waschsalon“, das fröhliche „Frau, ich freu mich“ und das schunkelige „Ens em Vertraue“ bis hin zur Coverversion von Eddie Cochrans „Summertime Blues“, der hier den schönen Titel „Wo mer endlich Sommer hann“ trug.
Meine Lieblingssongs waren aber die drei ruhigen Stücke – und der Reggae mit dem Titel „Müsli Män“. Mich faszinierte, wie Niedecken in seinen Songs Typen schuf, die greifbar schienen – wie der „Müsli Män“, der am Ende des Songs zum Punk mutiert, oder der Protagonist von „Jupp“ – ein sympathisch gezeichneter Obdachloser, der Geschichten lebendig werden lässt, die nur er kennt. Bis heute ist „Jupp“ mit seinen wunderbar akzentuierten Streichern und dem einfühlsamen Text einer der schönsten Deutschrock-Songs überhaupt. In der gleichen Liga spielt „Jraaduss“, die Hymne zum Sich-nicht-verbiegen lassen, während „Fuhl am Strand“, das dritte ruhige Stück der Platte, immer etwas unter dem Radar lief – zu Unrecht. Denn die Betrachtungen des Texters, der faul am Strand liegt und über alte Bekannte sinniert, haben große Qualität und können lange nachwirken – und auch heute ist „Fuhl am Strand“ noch wunderbar zu hören, weil eben auch mit eigenen Erinnerungen an bestimmte Menschen verknüpft.
Nachdem ich „Bap“ in den 1980er Jahren mehrfach live sah, rostete meine Liebe in den folgenden Jahrzehnten ein wenig – ehe sie in den letzten Jahren mit einigen wieder stärkeren Platten von Niedecken neu entflammte. „Für Usszeschnigge“, das er im Übrigen Anfang Dezember im Metropol Theater komplett spielen wird, wird für mich aber immer einen besonderen Platz einnehmen – auch, weil es für mich ein Album des Erwachsenwerdens ist.
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