Die Frau mit den drei Standbeinen
Die Schauspielerin Miriam Distelkamp ist neu im Ensemble des Weyher Theaters.
Von Frank Schümann
„Ich habe mir schon lange gewünscht, hier einmal zu spielen“, sagt Miriam Distelkamp und strahlt, „das Haus hat einen richtig guten Ruf.“ Einen Ruf, der sich sogar bis ins große Hamburg herumgesprochen hat – denn dort lebt die 36-Jährige. Also bewarb sich die Schauspielerin und Sängerin einfach mal blind; und siehe da, es passte zeitlich perfekt. Denn Schauspielerin Heidi Jürgens, seit Jahren eine der Stützen des Ensembles, wurde bekanntlich nach Hamburg für „Harry Potter“ verpflichtet und hinterlässt für dieses Jahr eine Lücke, die gefüllt werden musste – und jetzt mit Miriam Distelkamp auch gefüllt wurde. Seit Anfang des Jahres verstärkt die gebürtige Rheinländerin nun das Weyher Theater und ist dabei rundherum glücklich: „Es macht riesigen Spaß. Die Kollegen sind super, die Stücke, die ich spiele, auch – es ist genauso so, wie ich es mir erhofft und vorgestellt hatte.“
Kein einfacher Start
Dabei waren die Rahmenbedingungen alles andere als ideal. Die Corona-Pandemie macht das Disponieren noch immer schwierig, und nicht zuletzt starb Dramaturg Frank Pinkus, der das Engagement von Miriam Distelkamp noch vorangetrieben hatte. „Das war natürlich unendlich tragisch“, sagt sie, „und dieser Verlust ist nach wie vor im Haus zu spüren – er war schon eine sehr große Persönlichkeit. Aber alle arbeiten in seinem Sinne weiter.“
„Hier herrscht ein toller Umgang miteinander“
Ursprünglich für die Produktion „Bella Italia“ engagiert, musste sie wie das gesamte Haus wegen dieser Umstände umdisponieren: „Bella Italia“, bei dem Pinkus Regie führen sollte, wurde abgesetzt, stattdessen kam „Schiff ahoi“ wieder auf den Spielplan, als Wiederaufnahme – mit Miriam Distelkamp. „Ich hatte nur fünf Tage Probe, das war schon nicht ohne“, sagt sie, „aber die Kollegen haben prima geholfen und letztlich hat alles gut geklappt.“ Es sei toll gewesen, hier endlich auf der Bühne zu stehen, nachdem sie schon so viel über das Haus gehört hatte: „Ich habe die Rolle der Katja genossen, sie war anspruchsvoll und emotional, mit viel Text“. Besonders gefreut hatte sie sich darüber, dass Heidi Jürgens – die diese Rolle ursprünglich spielte – ihr via Instagram noch alles Gute gewünscht hatte: „Das zeigt auch, was für ein toller Umgang miteinander hier herrscht“, schwärmt sie.
Auch als Musical-Darstellerin gefragt
Sie selbst hat allerdings auch schon einiges erlebt – nicht nur als Schauspielerin, sondern auch als Sängerin, denn ursprünglich war Miriam Distelkamp als singende Musical-Darstellerin unterwegs. Ihren Abschluss machte sie an der Stage School, anschließend ging sie auf Wanderschaft, spielte sehr viele Rollen in sehr vielen Städten. Zunächst überwiegend im Musicalbereich, später verstärkt auch im Schauspiel: „Das hat sich so ergeben, macht aber auch echt Spaß“, sagt sie. Sie ist froh, dass sie die Mischung aus Schauspiel- und Musicalrollen, aus dem Sprechen und dem Singen habe: „So bleibt es sehr abwechslungsreich – und eben auch immer herausfordernd.“
„Im Schauspiel kann man die Rolle besser entwickeln“
Für das Schauspiel spreche, dass man „die Rolle hier besser entwickeln kann – das ist beim Musical naturgemäß schwieriger.“ Die Liste ihrer Produktionen in beiden Bereichen ist eindrucksvoll: Sie spielte die Schöne in „Die Schöne und das Biest“ (Cottbus), Frau Waas in „Jim Knopf“ (Stuttgart), ging mit „Die Schneekönigin“ als Sommerprinzessin auf große Deutschlandtour und war auch eine Zeit lang in Basel. „Im Grunde war ich zehn Jahre fast nur auf Tournee“, sagt sie heute: „Ich wollte ein Stück weit auch das Abenteuer leben, habe das genossen – aber irgendwann kommt der Punkt, wo du nicht mehr nur aus dem Koffer leben willst.“
Drittes Standbein: das Studium der Musiktherapie
Also ist sie in Hamburg sesshaft geworden – und hat dort neben den Musicals und der Schauspielerei sogar noch ein drittes Standbein: Sie studiert noch einmal, dieses Mal Musiktherapie, und arbeitet mit blinden und sehbehinderten Kindern. Das liebt sie ebenfalls sehr – „man kann schon sagen, dass ich in verschiedenen Blasen lebe“, lacht sie. Durchaus vorstellbar, dass sie irgendwann einmal eine eigene Praxis hat – „wer weiß schon, was in zehn Jahren sein wird?“
Vereinbarung wurde erweitert
Bis auf Weiteres wird sie aber regelmäßig auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu sehen sein; in diesem Jahr eben auch in Weyhe. Überwiegend in Sprechrollen, aber in der zweiten Jahreshälfte kommt auch noch eine Rolle dazu, in der sie auch singen darf. Denn: Nach der Absprache für zunächst zwei Produktionen – im März spielte sie in der Verwechslungs-Komödie „Hier bist Du richtig“ eine Klavierlehrerin, die in amouröse Verwicklungen gerät – wurde die Vereinbarung um zwei weitere Stücke erweitert. Damit bleibt Miriam Distelkamp den Weyhern auch noch in der nächsten Spielzeit erhalten: Unter anderem wird sie dann im Weihnachtsmärchen zu sehen sein.