Das Cembalo

In der Stadtkirche Vegesack steht ein neues Instrument: ein Cembalo, das wunderbar klingt. Kulturinteressierte schätzen es, doch für den Kantor unserer Gemeinde Aumund-Vegesack bedeutet es mehr: eine Offenbarung. Er freut sich wie ein großer Junge – unser Autor fühlte sich Weihnachten 1975 mit seiner neuen Autorennbahn genauso.

Von Ulf Buschmann

Vor einigen Wochen klingelte mein Mobiltelefon. Der Kantor unserer Kirchengemeinde Aumund-Vegesack war am Apparat. Mit Begeisterung in der Stimme erzählte er mir, dass wir in der Stadtkirche nächste Woche ein neues Instrument bekommen würden. „Ein Cembalo“, antwortete er auf meine Nachfrage. „Super“, sagte ich, „wenn es geliefert ist, machen wir ein paar Fotos für unseren Instagram-Account.“

Zum verabredeten Termin in der Kirche traf ich einen überglücklichen Kantor. Das Cembalo war gerade aufgestellt worden – vorerst mit Holzkeilen, eine endgültige Lösung mussten wir noch finden. Auf dem Notenständer lag ein Buch mit Liedern von Dietrich Buxtehude. Doch bevor unser Kantor eines der Stücke spielen konnte, musste das neue Cembalo gestimmt werden.

Nachbau eines Cembalos aus dem 18. Jahrhundert

Als ich die Kirche betrat und das Cembalo bewunderte, unterbrach der Kantor das Stimmen, um mir die Vorzüge zu erklären. Das Instrument sei ein Nachbau aus dem 18. Jahrhundert. Durch einige Handgriffe könne er es wie eine Laute klingen lassen. Auch die Tonlage ließe sich verändern. Transponieren nenne man das. Ich war fasziniert. Der Kantor vertiefte sich wieder ins Stimmen und spielte dann eines der Buxtehude-Lieder an.

Eine unserer Mitarbeiterinnen aus dem Bereich Kirchenmusik stand mit einem Dauergrinsen daneben. „Er freut sich wie ein großer Junge“, sagte sie. Wir amüsierten uns beide über unseren Kantor. Aber ich konnte es nachvollziehen. Wenn ich etwas Neues habe, geht es mir genauso: Erst einmal damit befassen, und dann damit arbeiten. Wenn das neue Ding funktioniert, bin ich so aufgeregt, dass ich mit beiden Armen herumwedele und zum Klo muss.

Weihnachten 1975: die neue Carrera-Bahn

Ich erinnerte mich an das Weihnachtsfest 1975. Ich war 9 Jahre alt und hatte mir nichts sehnlicher gewünscht als eine Autorennbahn. Bei der Bescherung war ich ganz aufgeregt, denn da stand sie: die „Monza“ von Carrera. Zwei Autos gehörten zum Set: Ein Porsche und ein Jaguar, wobei ersterer um Längen besser fuhr. Völlig fasziniert war ich von den sogenannten dynamischen Geschwindigkeitsreglern. Diese ließen die Wagen sanft ausrollen. Zum Glück lagen Mama und Papa mit Grippe flach, sodass ich mich intensiv mit meiner Bahn befassen konnte.

Zurück zu unserem Cembalo. Unser Kantor hatte das Stimmen beendet und spielte eine der Buxtehude-Kompositionen. Wir hörten zu und freuten uns, wie er förmlich in die Musik eintauchte. Hier noch ein bisschen nachstimmen, dort hineinschauen, dann war alles eingerichtet. Wir überlegten gemeinsam, was wir mit dem Cembalo alles machen könnten – ein Konzert mit Abba- oder Rockstücken zum Beispiel. Ideen gab es viele.

Derweil hatten unsere Ehrenamtlichen, die den Eine-Welt-Laden betreuen, ihre Gesprächsrunde beendet. Eine der Damen steuerte direkt aufs Cembalo zu und begann mit einem Lächeln zu spielen. Dabei erzählte sie, wie lange sie selbst Cembalo gespielt habe. Auch ihr Gatte probierte das Cembalo wenige Minuten später aus. Möge es häufig benutzt werden.

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