Das (Gedenk-) Monstrum

Der Denkort Bunker Valentin besteht zehn Jahre. Aus diesem Anlass gibt es unter anderem eine erweiterte Ausstellung.

Von Ulf Buschmann

Es ist wahrlich ein Monstrum mit riesigen Ausmaßen: rund 420 Meter lang, im Osten 67 und im Westen 97 breit. Die Außenhöhe beträgt 20 bis 22 Meter. Wo die Decke erhöht wurde, kommen gut zehn Meter hinzu. Dieses Monstrum steht im Bremer Ortsteil Farge-Rekum an der Weser, gleich an der Landesgrenze zu Niedersachsen. „Valentin“ heißt es, erdacht von den Nationalsozialisten. Dieses war der Tarnname der geplanten verbunkerten U-Boot-Werft. Dort sollten die auf den deutschen Werften zuvor gebauten Sektionen des U-Boot-Typs XXI zusammengesetzt und direkt von der Unterweser aus auf Feindfahrt gehen.

Die Bauarbeiten begannen im Jahr 1943, wurden aber nach schweren alliierten Luftangriffen im März 1945 eingestellt. Zehntausende von Zivilarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen kamen dabei zum Einsatz, über 1.600 starben an Unterernährung, Krankheiten und Willkür. Zum U-Boot-Bau kam es im Bunker aufgrund des Kriegsendes auch nicht mehr. Ab den 1960er-Jahren bis 2010 nutzte die Bundeswehr „Valentin“ zum Teil als Marinematerialdepot. Heute ist „Valentin“ ein Denkort mit nationaler und internationaler Bedeutung. Jetzt ist der Denkort zehn Jahre alt geworden.

Die Ausmaße des Denkortes werden von oben deutlich. Foto: Olliku/CC BY-SA 3.0 de

Die Ausstellung

Eine interaktiv gestaltete Dauerausstellung gibt tiefe Einblicke in die Verhältnisse damals. Fotos, Objekte und Fotos lassen zumindest die damaligen Verhältnisse erahnen. Die Besucher können sich gleich am Eingang beispielsweise einen Eindruck von der Entwicklung des Projekts „Valentin“ verschaffen. Der Rundgang im Bunkerinneren lässt einen Einblick in die Geschichte zu. Der intakte, für die Besucher zugängliche Teil lässt, ist schon gewaltig. Vor einer Wand ist der Blick ins Innere möglich. Eine verrostetet Lore, wie sie beim Bau eingesetzt wurden, schnürt manch einem die Kehle zu. „Ich muss raus hier, ich bekomme Beklemmungen“, sagt ein in Bremen-Nord aufgewachsener Mann.

Genauso imposant wie der Bunker selbst ist das Außengelände. Den größten Teil dessen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten die Natur zurückgeholt. Die „Bunkerwildnis“ zwischen Bau und Weserdeich steht seit langem unter Naturschutz – wohl auch deshalb, weil dort noch Bombenblindgänger vermutet werden. Dafür bietet der Rundweg zwischen zahlreiche Informationen über die menschlichen Schicksale der Zwangsarbeiter. Aus Belgien und Frankreich zum Beispiel.

Überblick auf die Turmdrehkräne auf dem Bau der „Valenti“-Baustelle im Jahr 1944: Foto: Bundesarchiv/CC BY-SA 3.0 de

Neue Medienstationen

Nun also ist der Denkort zehn Jahre alt. Aus diesem Anlass gibt es eine Erweiterung der Vertiefungsausstellung mit sechs neuen Medienstationen. Dort „wird die Geschichte des Bunkers ,Valentin’ aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet“, heißt es auf der Webseite. Und: „Themen sind unter anderem die Lager in der Umgebung, das Dorf Farge während der Bauzeit, Täterschaften, die Nachkriegszeit, der Mythos U-Boot sowie das Leben nach dem Krieg. Personen, Orte, Ereignisse und Objekte werden miteinander verknüpft und ergeben ein facettenreiches Bild der Geschichte des Bunkers.“

Das alleine soll es aber nicht gewesen sein: Zum zehnten Geburtstag können interessierte Menschen jetzt im digitalen Gedenkbuch nach Menschen suchen, „die zwischen 1943 und 1945 auf oder im Umfeld der Bunkerbaustelle arbeiten und leiden mussten.“ In der Datenbank dahinter seien bislang 10.000 Namen aus zahlreichen Ländern erfasst. „Das Gedenkbuch ermöglicht gezielte Recherchen nach Personen, Lagern oder Nationalitäten und zeigt durch die Verknüpfung einzelner Einträge die Vielschichtigkeit der Schicksale. Es ist als fortlaufendes Projekt angelegt, das kontinuierlich erweitert wird und somit zur lebendigen Erinnerungskultur am Denkort beiträgt.“ Dieses neue Projekt ist Bestandteil eines umfangreichen Webangebots, das die Verantwortlichen ständig erweitern. Selbst eine App gibt es. Diese ist sowohl im Google Playstore als auch im Apple-Appstore verfügbar.

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Ansonsten dürfte ein Stück weit das gelten, was die beiden wissenschaftlichen Leiter Christel Trouvé und Marcus Meyer anlässlich des fünften Geburtstags sagten: Damals zeigten sie sich überrascht über den Zuspruch bei Besuchern von binnen und von buten – gut und gerne 30.000 zählten sie anno 2020. Trouvé und Meyer zogen eine positive Bilanz. „Der Ort hat immer weiter Wurzeln geschlagen“, sagte Trouvé. Meyer fasste sich kürzer: „Der Ort lebt.“

Mehr zum Denkort

Den Beitrag zum fünften Geburtstag gibt es hier. Empfehlenswert ist auch der Film über den Denkort der Landeszentrale für politische Bildung.