Wo die Tiere mit sich selbst zufrieden sind

Zu Besuch bei Lamas, Alpakas und Luchsen im Tierpark „Cux-Art“ in Beverstedt.

Von Daniela Krause

Cux-Art-Chef Dr. Heinz-Christian Steiner

Wenn „Cux-Art“-Tierparkleiter Dr. Hans-Christian Steiner mit der Schubkarre angefahren kommt, wird es schon sehnsüchtig von den Lamas und Alpakas erwartet.

Als Tierarzt Dr. Heinz-Christian Steiner mit seiner großen Schubkarre um die Ecke rollt, kennen die Lamas und Alpakas kein Halten mehr. Die Fütterungsrunde im Tierpark „Cux-Art“ in Beverstedt hat begonnen. Genüsslich mampfend verschwinden die wolligen Köpfe in den großen Futtereimern. „Nicht so gierig“, mahnt Steiner, während um ihn herum die Ziegen, Enten und Hühner nach den Körnern haschen. Die farbenprächtigen Pfauenmännchen sind nicht sonderlich beeindruckt und beobachten das Spektakel von ihrem erhöhten Liegeplatz aus. Etwa drei bis vier Stunden wird es dauern, bis der 73-Jährige gemeinsam mit seiner Frau alle Tiere versorgt hat.

Zoo-Erlebnis ohne Gitterstäbe

„Mein oberstes Ziel ist, dass es den Tieren gut geht“, sagt Steiner. „Sie lieben es, wenn man sie streichelt und mit ihnen spricht. Wenn die Besucher sonntags in den Park kommen, ist das eine willkommene Abwechslung. Im Grunde sind die Tiere jedoch mit sich selbst zufrieden.“ Gitterstäbe wie in anderen Zoos gibt es in diesem Park nicht. Vielmehr gehen, stehen und fressen die Tiere meist einträchtig nebeneinander. „Das nennt man Vergesellschaftung, wenn dieselben Bereiche von unterschiedlichen Arten genutzt werden, die sich gut miteinander vertragen“, erläutert Steiner. Die Tiere bewegen sich frei auf dem knapp acht Hektar großen Areal. Nicht selten begleiten sie die Gäste auf ihrem Rundgang, um die ein oder andere Möhre extra abzustauben. „Sie sind viel in Bewegung, da kommt keine Langeweile auf.“

Schweinchen

Eine kleine Schweinerei: Die quirligen Minnesota-Minipigs schubbern sich mit Genuss an einem Baumstamm.

Wie eine kleine Arche

Für Heinz-Christian Steiner und seine Frau Susanne ist ihr Tierpark wie eine kleine Arche: Etwa 40 Tierarten haben dort ein Zuhause gefunden – ein Mix aus zum Teil vom Aussterben bedrohten Haustieren, einheimischen Wildtieren und Exoten. Unter den Haustieren befinden sich alleine sechs Schweinerassen: Bunte Bentheimer, Wollschweine, Chinesische Maskenschweine, Rote Husumer, neuseeländische Kune Kune-Schweine und die quirligen Minnesota-Minipigs aus den USA. Hin und wieder gibt es Neuzugänge: Ein Fischreiher ist den Steiners zugeflogen und fühlt sich sichtlich wohl zwischen den anderen Tieren. Fast während der gesamten Fütterungsrunde werden wir von den britischen Ryeland-Schafen begleitet. Die gutmütigen „Teddys“ unter den Schafen sehen aus wie Plüschbären und sind fast immer hungrig.

Emus und Nandus geschlüpft

Stolz ist das Ehepaar Steiner auf den jüngsten Nachwuchs bei den Nandus und Emus. Bei den Emus hat es das erste Mal überhaupt welchen gegeben, dabei ist Hahn Emil schon über 20 Jahre alt. „Bei den Straußenvögeln, zu denen die Emus und Nandus auch gehören, brütet übrigens der Mann die Eier aus“, erklärt Susanne Steiner. Da es Emil wohl zu kalt zum Brüten war, kamen die Eier in die Brutmaschine, und die geschlüpften Küken wurden, ebenso wie die Nandus, von Hand aufgezogen. Inzwischen dürfen sie zu ihren Eltern auf die Weide. Zwei der Nanduküken sind weiß. „Das ist erstaunlich, da wir zuletzt vor 15 Jahren einen weißen Hahn hatten“, erzählt Susanne Steiner, die sich zwischen den Emu-Küken besonders wohlfühlt. „Das sind meine Babys“, sagt sie lächelnd und streicht über die weichen Kopffedern.

Mit Pfauen fing es an

Seinen Anfang nahm der Tierpark allerdings nicht mit Emus oder Nandus, sondern mit Pfauen. Steiner bekam die Tiere im Jahr 2003 von den Erben eines verstorbenen Landwirts geschenkt. An ihrem vorherigen Wohnort hatten die Vögel den Lack mehrerer Autos beschädigt, als sie auf ihr Spiegelbild einhackten. „Zu allem Überfluss fingen sie in Beverstedt auch noch an, sich für Sonnenkollektoren zu interessieren“, berichtet der Parkleiter. Diesem Treiben konnte er erst Einhalt gebieten, als Zwerghühner auf den Hof am Heerstedter Mühlenweg zogen. Zu diesem Zeitpunkt begannen die Planungen für den heutigen Tierpark, die noch immer nicht abgeschlossen sind. „Mir kommen immer wieder neue Ideen“, so Steiner. Zuletzt hat er ein zweites Luchsgehege mit teils barrierefreien Beobachtungsplätzen errichtet. Optimiert und gebaut wird stetig. „Auch, wenn der Park noch nie öffentliche Mittel erhalten hat.“

Luchs

Luchsweibchen Lissy hat im Jahr 2020 zwei Junge auf die Welt gebracht.

Erneut Nachwuchs bei den Luchsen

Mit einem Eimer Eintagsküken macht Susanne Steiner Halt vor dem mehr als 1.000 Quadratmeter großen und weitestgehend naturbelassenen Luchsgehege. Die beiden eurasischen Luchse Lissy und Levi stammen aus verschiedenen Tierparks und kamen im September 2018 nach Beverstedt. Sie verstanden sich auf Anhieb hervorragend und sind 2020 erneut Eltern geworden. „Ihre Trächtigkeit und Geburt hat Lissy diesmal erfolgreich vor uns geheim gehalten. Ich stand mit meiner Enkelin vor dem Gehege, als wir eine Bewegung bemerkten. Dann hat Lissy uns stolz ihre zwei Babys präsentiert.“ Die Jungtiere aus dem Jahr davor, allesamt Männchen, sind zu „Halbstarken“ herangewachsen, die sich mitunter ganz nah an den elektrischen Zaun herantrauen. „Wäre Corona nicht gewesen, hätten wir sie längst in Westpommern auswildern können“, erzählt Susanne Steiner. „So hat sich eine starke Familienbande gebildet.“

Marderhunde, Frettchen und Zwergotter

Auf der Anlage, die sich harmonisch in die umgebende Natur mit Mooren, Teichen und Wiesen einfügt, leben Marderhunde, Frettchen, Polar-, Silber- und Steppenfüchse, Nutrias und Zwergotter. Die sehr schreckhaften Albino-Kängurus, von denen eines nach einem Panik-Anfall einmal Richtung Bundesstraße ausbüxte, haben ihr eigenes großzügiges Revier mit See. Im Wald des Tierparks sind neben den Luchsen die Uhus zu finden, die eine über 400 Quadratmeter große Voliere bewohnen. Wer ganz genau hinschaut, kann zwischen den belaubten Bäumen bis zu elf perfekt getarnte Eulenvögel entdecken. Für Kinder ist es wie ein großes Wimmelbild. Und noch eine Besonderheit gibt es im Wald des Tierparks zu bestaunen: Rothunde. Dabei handelt es sich um asiatische Wildhunde, welche als stark gefährdet gelten. Sie haben im Tierpark „Cux-Art“ ein dauerhaftes Zuhause gefunden.

Albino-Känguru

Die schreckhaften Albino-Kängurus sind nur schwer vor die Kamera zu kriegen.

Zoo-Genehmigung: 16 Kilo Akten

Susanne Steiner, die es damals beruflich von Bremervörde nach Beverstedt zog, spricht von einer großen Leidenschaft ihres Mannes: Im Jahr 2017 beendete dieser seine langjährige Tätigkeit als Großtierpraktiker, um sich vollständig seinem Park zu widmen. „Er ist fast den ganzen Tag bei den Tieren. So etwas kann man nur mit ganz viel Herzblut machen“, findet seine Ehefrau. Sein großer Wunsch, eine Zoo-Genehmigung, blieb bislang unerfüllt. „Wir haben mehr als 16 Kilogramm Akten zusammengetragen. Mein Mann steht im engen Austausch mit dem Landkreis.“ Durch die Corona-Pandemie habe sich jedoch alles verzögert. Auch sämtliche Fort- und Weiterbildungen wurden abgesagt.

Kulturhof und Café geschlossen

Mit Sorge blickt Susanne Steiner auf ihren angrenzenden Kulturhof mit Café, der seit Monaten geschlossen ist. „Wir wissen nicht, ob und wann wir wieder öffnen dürfen. Es mussten zahlreiche Veranstaltungen gestrichen werden. Auf Corona-Hilfen haben wir keinen Anspruch. Das tut schon weh“, sagt sie, als wir am Ende der großen Fütterungsrunde angekommen sind.

Unser Besuch ist nun einige Zeit her. Der Tierpark durfte nach dem Lockdown im März 2020 seine Pforten im Mai wieder öffnen – mit einem Hygienekonzept. Für die Besucher bedeutete dies: Hände desinfizieren und eine sogenannte Elchlänge Abstand halten. Auf dem Außengelände war keine Mund-Nase-Maske erforderlich, nur auf den von außen zugänglichen Toiletten. Eine Weile hat das gut funktioniert. Nun ist der Tierpark erneut vom Lockdown betroffen. „Wir bedauern diese Schließung sehr, sind doch Tierparks nicht nur Freizeiteinrichtungen, sondern vielmehr auch Bildungsstätten für Artenschutz, Artenvielfalt, Natur- und Tierschutz.“ Steiners hoffen, dass sich die Besucher nach dem Lockdown an die Regelungen halten werden – für einen unbeschwerten Besuch in ihrem Tierpark „Cux-Art“ in Beverstedt.

Tierpark „Cux-Art“

Der Tierpark „Cux-Art“ hat normalerweise sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet fünf Euro für Erwachsene und drei Euro für Kinder. Futter kann vor Ort gekauft werden. Aktuelles gibt es unter www.cux-art.de und unter www.kulturhof.info. Dort findet man auch Informationen darüber, wie man den Tierpark mit einer Spende unterstützen kann.

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