„Ich will das schön machen“
Gudrun Nicolaus ist Vikarin in den beiden Kirchengemeinden Gödens und Horsten. Auf Instagram gewährt sie kleine, feine Einblicke in ihr Leben.
Von Ulf Buschmann
Nein, es war nicht alles schlecht, was während des Lockdowns geschah. Als das öffentliche Leben im Frühjahr wegen der Coronapandemie so gut wie still stand, hatte Gudrun Nicolaus mehr Zeit für Spaziergänge. Die 27-Jährige ist Vikarin in den friesischen beziehungsweise ostfriesischen Kirchengemeinden Gödens und Horsten. Eine ihrer Aufgaben ist der Konfirmandenunterricht. Der fand im Frühjahr eben nicht statt.
Doch nichts von sich hören lassen, das kam für Gudrun Nicolaus nicht infrage. Also produzierte sie ein Webvideo für ihre Mädchen und Jungen – ein lockerer Beitrag in ungewöhnlicher Zeit. Dass die angehende Pastorin moderne Medien zu nutzen weiß, zeigt sie überdies in einem Webvideo für den „Abendimpuls“ der Hannoverschen Landeskirche. Eine wesentliche Rolle spielen darin Jungbullen und Kühe.
Lebenswirklichkeit Social Media
Digitale Verkündigung statt Gottesdienst oder Andacht: Für Gudrun Nicolaus ist die Nutzung von Social Media ein Teil ihrer Lebenswirklichkeit. Doch zur Wirklichkeit gehört auch, dass sie das alles aus eigenem Antrieb heraus macht . Einen offiziellen Kanal auf Instagram oder Youtube gibt es nicht – das Label heißt Gudrun Nicolaus, der Instagram-Kanal McGuddi. Sie ist auch auf Youtube vertreten. Denn auch wenn während des Corona-Lockdowns unzählige digitale Angebote der Kirchengemeinden aus dem Boden geschossen sind, sind sie noch immer eher die Ausnahme als die Regel.
Gleiches gilt für die Ausbildung von Gudrun Nicolaus: Digitale Verkündigungsformen sind nicht Bestandteil des Theologiestudiums – ein Umstand, der unter anderem Christoph Grethlein, Professor für Praktische Theologie an der Wilhelms-Universität Münster, gar nicht gefällt. Statt sich auf den digitalen Austausch einzulassen, sei das Theologiestudium organisiert, wie vor mehr als 100 Jahren.
„Staatsanaloge“ Verkündigung
Grethlein nennt das „staatsanalog“ – der Pastor oder die Pastorin spricht zu den Gläubigen. Und er teilt in einer Veröffentlichung die Einschätzung der Hamburger Agentur Fürst von Martin: „Die Kirche hat den kommunikativen Anschluss verloren, die Sprache der Netzgemeinde ist ihr nicht bekannt.“ Nachzulesen ist das in der Theologischen Literaturzeitung.
Junge Pastorinnen und Pastoren wie Gudrun Nicolaus hingegen verstehen die Sprache der Netzgemeinde – vor allem Instagram ist so etwas wie ihr ständiger Begleiter. „Das müssen wir instan“, war schon während des Studiums einer ihrer Standardsprüche.
Alltagseinblicke via Instagramstory
„Für meinen Beruf hat Insta keine Bedeutung“, sagt Gudrun Nicolaus. Aber ihre Posts, ihre Stories oder Reels geben gleichwohl einen Einblick in das Leben der jungen Frau beziehungsweise ihren Alltag als Vikarin in Friesland und Ostfriesland. Vor allem in ihren kleinen Stories leistet die Vikarin viele kleine, feine Beiträge in Sachen Einblick in die Kirchenarbeit.
Dabei ist nichts zusammengeschustert. Im Gegenteil, Gudrun Nicolaus achtet auf Ästhetik. „Ich will das schön machen“, ruft sie lachend aus. Hierzu ist ihr kein Aufwand zu groß. Für einen 15-Sekunden-Clip geht schon mal ein ganzer Nachmittag drauf. Und wenn sich Grudrun Nicolaus der Clipproduktion zuwendet, kommen sehr lustige Outtakes zusammen – Sequenzen, die nicht zu gebrauchen sind.
Kirchenzugang über Geistliche
Die Vikarin gehört zu einer Generation von Geistlichen, die weiß: Das Digitale wird immer wichtiger. Das gelte gerade auch für Pfarrerinnen und Pfarrer beziehungsweise Pastorinnen und Pastoren. Online wie offline erfolge der Zugang zur Kirchengemeinde noch immer über sie. Alleine schon deshalb gehöre eine Art von Inszenierung dazu. Otto Waalkes machte es in den 70er-Jahren vor.
Jedoch: Das Digitale ist für Gudrun Nicolaus nicht alles. Sie betont im Gespräch, dass ihr die traditionellen Andachten und Gottesdienste genauso wichtig seien. Ebenso ist es mit analogen Botschaften. Weil es beispielsweise während des Corona-Lockdowns Kontaktbeschränkungen gab, ergriff Gudrun Nicolaus die Initiative und hängte an die Kirche in Neustadtgödens Zettel mit handgeschriebenen Mutmach-Botschaften aus der Bibel. „Hoffnung zum Mitnehmen“ nannte sie die Aktion. Darauf gekommen war die Vikarin, weil sie das sogenannte Bibel-Lettering schon länger als Hobby betreibt.
Den ersten Abendmahl-Gottesdienst gab es ebenfalls real – mit Hygienekonzept, Mindestabstand und maximaler Anzahl von Besuchern im Garten des Pastorenhauses. Wer nicht dabei sein konnte, muss bloß auf das Instagram-Profil der Vikarin schauen. Vorbereitung und Gottesdienst sind natürlich Teil einer Story.
Update
Inzwischen hat Gudrun Nicolaus erfolgreich ihren Examensgottesdienst absolviert. Um vollwertige Pastorin zu werden, muss sie in den kommenden Monaten noch eine Reihe von mündlichen und schriftlichen Prüfungen ablegen. Dieses geschieht gewöhnlich im sogenannten Predigerseminar der Konföderation der niedersächsischen Landeskirchen.