H2-Auto: Aus dem Auspuff kommt reines Wasser

Für viele ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft. H2-Autos haben (noch) ein Nischendasein. Fünf Tage tauschte ich meinen Benziner gegen ein Wasserstoff-Auto. Ein Fahrbericht.

Von Andree Wächter

Für knapp eine Woche konnte ich ein Wasserstoff-Auto Probe fahren. Es war ein Hyundai ix 35 Fuelcell, Baujahr 2015. Fuelcell (FCEV) ist die offizielle Bezeichnung für ein Wasserstoffauto. Spannend war, ob ein H2-Auto nach sechs Jahren im Betrieb und rund 91.400 Kilometer Laufleistung Verschleißerscheinungen hat. In der Regel werden Neuwagen getestet. Doch inzwischen gibt es auch einige gebrauchte H2-Autos auf dem Markt.

Das Fahren: Wie alle H2-Autos hat auch der ix 35 ein Automatikgetriebe. Die Kraft ist sehr schnell auf der Straße. Da es sich schlussendlich um ein E-Auto handelt, ist das Fahren sehr ruhig. Ungewohnt war die Stille beispielsweise an einer roten Ampel. Man hatte das Gefühl, dass der Motor ausgegangen wäre. Beim Treten des Gaspedals spürt man den impulsiven Antritt. Der Grund: Elektromotoren stellen schon bei niedrigen Drehzahlen das volle Drehmoment zur Verfügung. Der Strom dafür kommt allerdings nicht aus der Brennstoffzelle, sondern aus einer Batterie.

Wasserstoff unter dem Kofferraum

Die Ausstattung: Alles, was man von einem 2015er-Modell erwartet, hat der Hyundai: vom Navi über Bluetooth, Klimaanlage, Rückfahrkamera bis zum übersichtlichen Armaturenbrett. Da es ein SUV ist, sitzt man entsprechend hoch. Der Kofferraum ist eben und hat keine Kante, sodass ein Koffer oder eine Getränkekiste nicht hinein gehoben werden muss.

Blick in den Kofferraum eines Wasserstoff-Auto.

Blick in den Kofferraum eines Wasserstoff-Auto. Unter der Abdeckung befinden sich die Tanks.

Unter der Kofferraum-Abdeckung befindet sich der Stahltank. Dort lagern bis zu 5,6 Kilogramm Wasserstoff mit 700 bar Druck. Unter dem Fahrersitz ist die Batterie eingebaut. Sie nimmt die überschüssige Energie wie Bremsenergie (Rekuperationsenergie)  auf und unterstützt beim Beschleunigen. Denn eine Brennstoffzelle ist träge. Es dauert einen Moment, bis Strom zur Verfügung steht. Um diese Zeit zu überbrücken, wird die Batterie benötigt. Als Abfallprodukt aus dem Vorgang in der Brennstoffzelle entsteht Wasser. Wenn der Wasserstoff mit Öko-Strom erzeugt wurde, spricht man vom „Grünen Wasserstoff“. Die Brennstoffzelle befindet sich unter der Motorhaube.

Reichweite: Mehr als 500 Kilomter

Die Reichweite: Der Autoaufkleber verspricht bis zu 700 Kilometer. Diese Aussage trifft vermutlich für die aktuellen Modelle wie den „Nexo“ zu. Beim ix 35 reicht laut Hersteller eine Tankfüllung für 594 Kilometer. Da der Tank bei der Übernahme nicht voll war, konnte ich diese Aussage nicht überprüfen. Als Faustformel gilt: ein Kilogramm Wasserstoff reicht für 100 Kilometer. Bei halber Tankfüllung konnte ich noch 260 Kilometer fahren. Der Verbrauch hängt wie beim Diesel oder Benziner vom Fahrstil ab. Dazu kommen  weitere Verbraucher wie Navi, Radio oder Klimaanlage.
Der Tankschluss bei einem Wasserstoff-Auto

Der Tankanschluss bei einem Wasserstoff-Auto. Foto: Wächter

Das Tanken: Liebhaber von Tanksäulen werden H2-Autos mögen. Wie beim Verbrenner öffnet man die Tankklappe, nimmt die Tankkupplung aus der Halterung, lässt sie am Auto-Tankstutzen einrasten  und drückt den Startknopf. Das alles ist vergleichbar mit dem Klicksystem eines bekannten Gartenschlauchherstellers. Der Rest geht von allein. Nach drei bis fünf Minuten ist der Tank wieder voll. Bezahlt wird mit einer extra Tankkarte, der H2 Mobility Card.

Bei einer längeren Probefahrt steht sich dieses System aber selbst im Weg. Ohne Tankkarte konnte ich nicht tanken. Alternativen – Fehlanzeige. Die Tankstellenbetreiber stellen nur den Platz für die Tanksäule zur Verfügung. Der Rest erfolgt digital über die Karte. Wenn die Wasserstofftechnologie erfolgreich im Automobilsektor sein soll, dann wird ein Kriterium sein: Wird das Tanken akzeptiert? Wenn dies aber bei einer Probefahrt nicht ausprobiert werden kann, steigt die Skepsis.

Das Armaturenbrett unterscheidet sich in einem Wasserstoffauto kaum von einem Verbrenner.

Das Armaturenbrett unterscheidet sich in einem Wasserstoffauto kaum von einem Verbrenner.

Es muss doch möglich sein, dass alle Wasserstoff-Tankstellenbetreiber eine Art „Notfallkarte“ haben. Mit dieser könnte dann, nach vorheriger Bezahlung, getankt werden. Ich habe bei zwei Tankstellen vorab angerufen. Die eine konnte ihre Notfallkarte nicht finden und die zweite besaß erst gar keine. Auf Nachfrage beim Betreiber H2 Mobility hieß es: „Es gibt die Notfallkarte nicht mehr.“ Diese gab es nur während einer Umstellungsphase der Tankautomaten.

Fahren mit einem Wasserstoff-Auto: Das Fazit

Wer lieber mit Wasserstoff fährt als mit reiner Batterieenergie, kann mit einem Gebrauchten eine günstigere Lösung finden. Allerdings muss man das Wort „günstig“ im Verhältnis zu einem Neuwagen sehen. Der gebrauchte ix 35 kostet knapp unter 30.000 Euro. Zum Vergleich: Ein neuer Hyundai Nexo kostet über 70.000 Euro.

Mögliche Verschleißerscheinungen hinsichtlich der Leistung konnte ich nicht feststellen. Für einen Gebrauchtwagen war der ix 35 gut gepflegt. Das Fahren hat Spaß gemacht. Mit seinen 100 KW (136 PS) Leistung und einer Höchstgeschwindigkeit von 160 Stundenkilometer fehlt jedoch etwas Leistung. Gerade beim Überholen macht sich dies bemerkbar.

Über die Probefahrt

Das Wasserstoff-Auto stellte mir das Autohaus am Damm, Nienburg zur Verfügung. Es gab und gibt keine Absprachen, keinen (monetären) Vorteil o.ä., die meine Berichterstattung beeinflusst haben.