Marathon ohne Mitläufer
In Zeiten von Corona sind große Laufveranstaltungen immer noch riskant. Aus diesem Grund ist die Kirchweyherin ihren ersten Marathon alleine gelaufen.
Von Daniela Krause
„Heutiges Training: Marathon“ steht auf der Laufuhr von Vivian Tylla. Jetzt wird es ernst für die Kirchweyherin. „Innerlich spüre ich ganz viel Unruhe“, sagt sie. „Es ist fast wie vor dem eigenen Geburtstag oder wie an Weihnachten als Kind.“ Noch dazu findet ihr erster Marathon unter völlig anderen Bedingungen statt, als sie es sich ursprünglich vorgestellt hatte, denn aufgrund von Corona läuft sie ihn allein – ohne Mitstreiter und ohne anfeuernde Rufe von Menschengruppen am Wegesrand.
Auf der Internetseite der „Virtual Runners“ hatte sich Vivian Tylla für den „European Marathon Brussels 2021“ angemeldet. Das Training startete bereits im Januar. Für sie ist es nicht der erste Anlauf dieser Art: „Im vergangenen Jahr musste ich mein Marathon-Training leider aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Diesmal muss es einfach klappen.“ Durchhalten, das sei ihr Ziel, und am besten noch die 42,195 Kilometer lange Strecke unter vier Stunden bewältigen.
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Regen radiert Markierungen weg
Vier bis fünf Trainings die Woche hat sie in den vergangenen Monaten dafür absolviert, selbst bei null Grad und Regen. Die längste Strecke, die sie im Training gelaufen ist, war 32 Kilometer lang. Am Tag vor dem Marathon ist sie die Runde extra nochmal abgefahren, hat einige Stellen mit Kreide markiert. „Die hat der Regen heute Nacht weggewaschen, aber es sollte auch so funktionieren.“
Vivian Tylla ist so aufgeregt, dass sie nur wenig frühstücken kann. Ihr drei Kilogramm leichter Rucksack ist gepackt mit einer 1,5 Liter-Trinkblase und einigen Gelriegeln. Ihre zwölfjährige Tochter Tessa sitzt mit am Frühstückstisch. Auch ihr merkt man eine gewisse Anspannung an. Bei den Trainings hat sie ihre Mutter oft begleitet. Unterwegs wird sie sie mit ihrem Papa zusammen verpflegen und mit dem ein oder anderen Wechselkleidungsstück versorgen.
Kurz vor dem Marathon-Start
Tessa ist guter Dinge, dass ihre Mama die Strecke packt. Vor Corona hatte Vivian Tylla schon häufiger an Läufen teilgenommen, aber das waren Kurzstrecken. 42 Kilometer sind da eine ganz andere Hausnummer: „Erfahrene Läufer sagen, dass es ab dem 35. Kilometer haarig wird“, sagt die 41-Jährige. Für die nächste halbe Stunde lassen wir sie allein, damit sie sich in Ruhe auf den Lauf vorbereiten kann, Atem- und Dehnübungen helfen ihr dabei – und natürlich Tessa.
Dann ist es soweit: Ein Knopfdruck an der Laufuhr, die Kilometer zählen rückwärts. Der Marathon ist gestartet. Die Runde verläuft über Kirchweyhe, Weyhe-Lahausen, Barrien, Sudweyhe, den Deichweg bei Dreye und führt dann über die Weyher Marsch zurück nach Hause.
Wir begleiten die Athletin ein Stück auf der Strecke. Das Wetter ist anfangs noch auf unserer Seite, später setzt Regen ein. Für ein paar Bilder bleiben wir Vivian Tylla auf den Fersen. Wir wollen aber nicht länger stören als unbedingt notwendig und verabreden uns für ein Telefonat am Folgetag.
Ein bisschen Muskelkater
Am nächsten Tag telefonieren wir: Sie hat es geschafft! Mit drei Stunden, 51 Minuten und 49 Sekunden ist sie sogar noch weit unter den anvisierten vier Stunden geblieben.
Aber wie fühlt man sich nach einem Marathon? „Ich fühle mich ganz gut“, sagt Vivian Tylla. „Bis auf ein bisschen Muskelkater in den Oberschenkeln.“ Zwischendurch hat ihre Tochter ihr ein Schaltuch vorbeigebracht. „Durch den Regen wurde es auf einmal doch ganz schön frisch.“ Mit dem Proviant sei sie gut hingekommen.
Ganz allein ist sie auf der Strecke nicht geblieben: In Sudweyhe wurde sie für einige Kilometer von einem Triathleten begleitet, auf dem Deichweg stieß ihre Arbeitskollegin hinzu und fuhr bis zum Ende mit dem Rad neben ihr her. „Als wir auf die Marsch raus sind, hat es kräftig zu regnen begonnen. Entsprechend sahen wir aus wie Dreckschweinchen.“ Durch den schlammigen Boden seien die letzten Kilometer die anstrengendsten gewesen: „Das hat mir den Rest gegeben. Danach habe ich mich nur noch nach Wärme gesehnt.“
2022 erster Triathlon geplant
Die habe es dann zu Hause gegeben, unter anderem dank eines herzlichen Überraschungsempfangs durch ihre Familie und eine weitere Kollegin. „Das war wirklich toll“, schwärmt Vivian Tylla.
Mittlerweile hat sie ihre Urkunde und die Medaille mit dem Brüsseler Atomium darauf erhalten und schmiedet neue Pläne: „2022 möchte ich mich an meinen ersten Triathlon wagen, wenn es Corona zulässt. Rennrad fahre ich schon, das Schwimmen wird auf jeden Fall eine Herausforderung.“
50 km-Laufpartner gesucht
Doch mit dem Training muss sie sich noch etwas gedulden. Beim Laufen hat sie sich eine Zerrung zugezogen und darf derzeit keinen Sport machen. „Da habe ich echt dran zu knabbern“, so die Athletin. „Ich hoffe aber, dass ich vielleicht ab September wieder durchstarten kann.“ Für die Zeit danach ist sie noch auf der Suche nach einem ambitionierten Laufpartner für die 50 Kilometer-Strecke.
Der Motor läuft…
oder er läuft nicht. Beste Unterhaltung ist auf jeden Fall garantiert, wenn Freddy Radeke mal wieder mit seiner grünen Ente irgendwo liegen bleibt. Die Nord West Reportagen haben ihn besucht.
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