Grunzen und quieken

Kleine und große Begebenheiten lassen mich schmunzeln. Aber oftmals verursachen sie einen Lachflash von mehreren Minuten, der zumeist in quieken und grunzen mündet. Die meisten Mitmenschen lachen mit – andere sind hin und wieder genervt.

Von Ulf Buschmann

22.30 Uhr Hamburg Hauptbahnhof: Ich stehe auf dem Bahnsteig und warte auf den ICE in Richtung Bremen. Trotz der fortgeschrittenen Zeit ist der Bahnsteig ziemlich belebt, denn bei der Bahn fallen mal wieder Züge aus oder verspäten sich. Entsprechend genervt sind einige Reisende, die noch über Nacht bis nach Süddeutschland kommen müssen. Weil ich gerade nichts Besseres zu tun habe, scrolle ich durch meine Facebook-Timeline – und breche in schallendes Gelächter aus.

Einige Menschen um mich herum müssen ebenfalls lachen. Andere schauen erschreckt hoch, eine Mitarbeitende der Bahn mustert mich mit völlig fassungslosem Gesichtsausdruck. Der Grund meines heiteren Gemütsausbruchs: Meine Kollegin Daniela Krause hat auf Facebook mal wieder eine der überaus lustigen kleinen Kinderanekdoten zum Besten gegeben: „Gespräch mit der Lütten (5) vor dem Einschlafen: Mami, du hast ganz raue Hände, die musst du dir echt mal eincremen. Ich komme ja jetzt auch in das Alter, in dem ich mehr Falten kriege … Die Lütte: Dann musst du den Stinkekäse von Ulf essen, dann hast du keine Falten mehr!“

Ich lese den Post noch einmal und kann irgendwie nicht aufhören zu lachen. Minuten später im Zug grinse ich noch immer. Und das sehr zur Freude des Zugbegleiters. Dieser Grinse-Zustand hört im Grunde genommen nicht auf, bis ich gegen 1.30 Uhr im Bett liege. Sogar jetzt, da ich an diesem Text schreibe, muss ich schon wieder grinsen. Vor meinem inneren Auge rollt quasi ein ganzer Kurzfilm ab.

30 Jahre Lacherfahrung

Glücklicherweise grinse ich nur und bekomme keinen Lachflash. Denn der liebe Gott hat mir die Art von Lache mit in die Wiege gelegt, die wohl den Namen „Entgleisung“ trägt. Soll heißen: Wenn ich so richtig in Fahrt bin, muss ich grunzen und quieken. Spätestens bei den ersten schweinsähnlichen Lauten zücken meine Mitmenschen das Taschentuch, weil sie selbst so lachen müssen. Meine Freunde und Bekannten kennen derartige Eskapaden schon seit mindestens 30 Jahren. Die Reaktionen reichen vom einfachen Augenrollen bis zum „Oh nein, jetzt geht das schon wieder los!“.

Es gab aber auch schon Situationen, in denen meine Freunde mich eigentlich gar nicht kennen möchten. Wir schrieben das Jahr 1985. Im Kino war gerade der erste Teil von „Police Academy“ angelaufen. Die Story ist eher flach, aber die Gags brachten mich damals zum Lachen – beziehungsweise eher zum Quietschen. In den ersten Minuten war es für die Besucher ja noch ganz lustig. Doch je länger der Film lief, desto mehr reagierten die Leute genervt. „Werf’ doch mal einer das Kleinkind raus!“ war eine der charmanteren Reaktionen. Meine Freunde stießen mir spätestens ab Spielfilm-Minute 30 bei jedem Lachquietscher ihre Ellenbogen in die Rippen.

Die Reaktion der 3.000

Meine persönliche Bestleistung stellte ich jedoch bei der Premiere von Circus Roncalli in Bremen auf. Mein Kumpel, mit dem ich damals in einer WG lebte, und ich hatten vier Karten bekommen. Logisch, dass wir zusammen mit seinen Kindern dorthin gingen. Es war eine sehr lustige Vorstellung, entsprechend musste ich lachen. Blöd nur, dass ich auch an einer Stelle der Clown-Nummer kurz vor der Pause losprustete, in der es ganz still im Zelt war. Nach meinem Lacher war es genau umgekehrt: 3.000 Besucher amüsierten sich über mich.

Gerne erinnere ich mich auch an eine Einladung zum Berliner Kabarett „Die Wühlmäuse“. Auch dort war es ziemlich lustig. Als ich wiederholt lachen musste, drehten sich die anderen Besucher einige Male um – sie wollten natürlich wissen, wer da denn so eine zugegebenermaßen schräge Lache hat. Meiner Kollegin und damaligen Geschäftspartnerin war das hochgradig peinlich. Sie stellte sich in der Pause in eine Ecke des Foyers und ließ mich wissen: „Mit Dir gehe ich nirgendwo mehr hin.“ Zum Glück hat sie die Drohung nicht wahrgemacht.

Einfach mal ablachen

Meine Versuche, mich zu beherrschen, sind bis heute kläglich gescheitert. So ist meine Lache eben, und ich kann da nicht aus meiner Haut. Um es mit dem ehemaligen Berliner Bürgermeister zu sagen: „Und das ist gut so!“ Im Übrigen, so finde ich, muss lachen in solch schrägen Zeiten einfach mal sein! Dazu gehört auch, dass das Telefonat mit dem lieben Kollegen aus Rotenburg in einer echten Lachorgie mündet – zu sagen hatten wir uns am Ende nichts, weil wir vor lachen einfach nicht mehr konnten.

Ich warte nun also auf den nächsten Klopfer der „Lütten“ und des „Großen“ meiner Kollegin. Da ich in der Regel öffentliche Verkehrsmittel benutze, ist die Möglichkeit, wieder auf dem Bahnsteig oder gar im Zug in schallendes Gelächter auszubrechen, recht groß.