Heraus aus der Fragezeichen-Situation

Martin Grasekamp (SPD) Vorsitzender des Ausschusses für Konversion der gleichnamigen Gemeinde. Diese hat Anfang Juli das rund 80 Hektar große Areal der ehemaligen Lützow-Kaserne vom Bund erworben. Darüber sprachen mir mit Martin Grasekamp. Er blickt auf das Projekt auch als Bürgermeister der Ortschaft Schwanewede und als pensionierter Oberstleutnant der Bundeswehr.

Von Ulf Buschmann

Herr Grasekamp, wie sind Sie Vorsitzender des Konversionsausschusses geworden?

Martin Grasekamp: Von der Niedersächsischen Kommunalverfassung ist vorgegeben, dass der Gemeinderat auf Vorschlag der Parteien die Ausschussvorsitzenden bestimmt. Aufgrund meiner jahrelangen Tätigkeit als Ortsbürgermeister bin ich von Anfang in den Prozess der Konversion involviert gewesen, die ja die Ortschaft ganz wesentlich bestimmt. Hinzu kommt mein beruflicher Horizont als ehemaliger Berufssoldat. So hat mich die SPD vorgeschlagen. Ich empfinde es als große Ehre, an diesem Projekt, das uns mindestens über eine Generation hinweg beschäftigen wird, ein bisschen Verantwortung mitzutragen.

Welchen Stellenwert hat die Umnutzung der einstigen Kaserne für Sie mit diesen beiden Sichtweisen Ortsbürgermeister und ehemaliger Berufssoldat für die Gemeinde und Region?

Martin Grasekamp: Für den Ort Schwanewede hat das Projekt eine ganz zentrale Bedeutung. Dies liegt sicherlich auch daran, dass die ehemalige Kaserne bis weit in die Ortsmitte hinein ragt. Von der Seite gibt dieses Gelände natürlich die Entwicklungsrichtung vor. Persönlich ist es aber auch sehr differenziert zu betrachten, dass die Bundeswehr Schwanewede verlassen hat. Als ehemaliger Offizier muss ich sagen, dass Schwanewede bei den Soldaten immer einen hohen Stellenwert hatte. Die Menschen sind mit der Bundeswehr immer gut zurecht gekommen, haben die Bundeswehr akzeptiert und hätten das sicherlich ganz gerne weiter so getan. Dass die Zusage zum Erhalt des Standortes so nicht eingehalten wurde, hat mich als Soldat einerseits betroffen gemacht. Auf der anderen Seite sehe ich für Schwanewede viele Entwicklungsmöglichkeiten.

Wir sind jetzt aus dieser Fragezeichen-Situation herausgekommen.

Können Sie das konkretisieren?

Martin Grasekamp: Wenn ich mir die Entwicklung der Bundeswehr ansehe, war es vor einigen Jahren ein ständiges Hin und Her: Welcher Standort bleibt erhalten, welcher wird angepasst? Wir sind jetzt aus dieser Fragezeichen-Situation herausgekommen. Wir werden jetzt erheblich bestandssicherer sein als es uns die Bundeswehr wohl hätte zusichern können.

Ein geschlossenes Tor einer verlassenen Kaserne.

Das Gelände der ehemaligen Lützow-Kaserne. Foto: Ulf Buschmann

Wie sehen Sie die Entwicklung durch die Brille des ehemaligen Berufsoffiziers?

Martin Grasekamp: Aus der Sicht des ehemaligen Berufsoffiziers kann ich nachvollziehen, dass zur damaligen Zeit bei einer sich reduzierenden Armee auch die Standorte reduziert werden müssen. Nicht nachvollziehen kann ich, dass dies Standorte betraf, die in der Nähe von Großstädten waren – für die Soldaten eigentlich schöne Standorte, wenn man neben dem eigentlichen Berufsbild schulische Möglichkeiten für die eigenen Kinder findet, Freizeitmöglichkeiten und Arbeitsplätze für den jeweiligen Ehepartner hat. Das wäre hier in Schwanewede geeignet gewesen, das hat man aber so nicht gewollt. Von der Seite bedauere ich es natürlich.

Es gibt ja noch immer einen kleinen Haken: Die Bundeswehr beziehungsweise die nicht weit entfernte Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt möchte den Übungsplatz, der an das ehemalige Kasernengelände grenzt, weiterhin für die Panzerfahrer-Ausbildung nutzen. Hindert dies die Entwicklung des Areals?

Martin Grasekamp: Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage. Die habe ich das erste Mal aufgeworfen, als der damalige Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Thomas Kossendey, die Schließung des Standortes verkündetet hatte. Ich habe ihn gefragt, ob er die Schließung der Dienststelle der Kaserne oder den Standort meinte. Im letzteren Fall wären davon auch die Schießanlage in Eggestedt einige Kilometer entfernt und der Standortübungsplatz betroffen. Das führte damals schon zu betretenem Schweigen. Im Nachgang kam es zur Zusicherung, dass die Bundeswehr auch den Truppenübungsplatz später übergeben werde.

Auswirkungen auf die Nutzung des Geländes

Auswirkungen hat dieses sicherlich auf die Nutzung des Geländes: Für den Bereich, der an den heutigen Übungsplatz grenzt, sehen wir Wohnbebauung vor. Es macht zum Beispiel für Familien schon einen Unterschied, ob ich neben einem Übungsplatz oder neben einem Naturschutzgebiet baue. Auch auf die Grundstückpreise dürfte es Auswirkungen haben – wobei ich persönlich davon ausgehe, dass die Bundeswehr den Übungsplatz nicht dauerhaft nutzen wird. Wenn ich mir die weltpolitische Entwicklung anschaue, gibt es für die Bundeswehr inzwischen Übungsplätze, die sehr viel näher am Geschehen liegen.

Rund 80 Hektar hat die Gemeinde vom Bund gekauft. Repro: Ulf Buschmann

Was die Gemeinde vorhat, steht im sogenannten Integrierten Entwicklungskonzept (ISEK). Dieses ist gerade wieder angepasst worden. Glauben Sie, dass dies in der Zukunft weiterhin notwendig sein wird?

Martin Grasekamp: Meiner Erfahrung nach glaube ich nicht, dass Pläne gänzlich unangepasst verwirklicht werden können. Das wird es geben, und es hängt auch von möglichen Investoren ab. Die Frage ist, wie weit diese Anpassungen gehen. Ich kämpfe dafür, dass sie nicht gegen die bisherigen Konzeptvorstellungen laufen. Das ist allgemein politische Absicht. Marginale Veränderungen wird man sicherlich zulassen müssen, weil auch technische Neuerungen und Konzepte eine Rolle spielen.

Bürgermeisterin Christina Jantz-Hermann spricht von einem „Generationenprojekt“ mit einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren. Glauben Sie das auch?

Martin Grasekamp: Das ist auch meine Sicht der Dinge – wobei ich eher sehe, dass wir mit zehn bis 15 Jahren eher sportlich greifen. Ich glaube, dieses Projekt uns noch länger beschäftigen, denn wir müssen sehen, dass die sonstige Infrastruktur in Schwanewede das Mehr an Menschen aufnehmen kann. Von daher ich eher von 20 bis 25 Jahren aus.

Das Projekt Lützow-Kaserne

Wir haben bereits über die Planungen der Gemeinde Schwanewede für das Gelände der ehemaligen Lützow-Kaserne berichtet. Zum Beitrag geht es hier entlang.

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