Bitte nach rechts wischen

Die Stadt Bremen ist auf Tinder vertreten. Sinn und Zweck: die Liebe der Generation Z gewinnen. Ganz schön plietsch, findet unser Autor.

Von Ulf Buschmann

Ja, ich gebe es zu: Ich bin auf Tinder. Gute 32 Euro kostet es mich, dass mir der Algorithmus des Platinum-Accounts Vorschläge macht. Aber es ist nicht so, wie ihr jetzt denkt. Hier geht es um knallharte Recherche und um lustiges Kopfkino. Ich bin auf Tinder, weil das Stadtmarketing auf der Plattform für mein geliebtes Dorf mit Straßenbahn wirbt. Ganz schön plietsch!

Meistens sind das Land und die Stadt Bremen auf irgendwelchen Hitlisten ja auf den hinteren Plätzen zu finden. Der Dauerbrenner hier ist natürlich die Bildung. Doch in Sachen Marketing ist unser Großstadtdorf ganz vorne dabei. Eine deutliche Sprache sprechen die Besucherzahlen in der Kategorie Städtereisen. Aber es sind eben die Älteren, die an die Weser kommen.

Also setzt das zur Wirtschaftsförderung gehörende Stadtmarketing einen drauf: Um jene Menschen der sogenannten Generation Z der von 1997 bis 2012 Geborenen zu erreichen, gibt es Bremen bereits auf TikTok. Zum Matchen kommt Tinder dazu. Wer auf der Plattform nach rechts wischt beziehungsweise swiped, landet auf einer dafür programmierten Landingpage mit Reisetipps.

Vilnius: Europas G-Punkt

Unter den vergleichbaren Großstädten unseres Landes hatte sonst noch niemand diesen Einfall. Jedoch: Ganz neu ist die Idee nicht. Die litauische Hauptstadt Vilnius wirbt schon seit dem Jahr 2018 auf Tinder. Das Magazin „Business Punk“ textete dazu: „Die Message: Vilnius ist der G-Punkt Europas. Niemand weiß, wo er ist, aber wenn man ihn gefunden hat, ist er gigantisch!“

Wow, Dankeschön, das macht Kopfkino! Ich frage mich: Was ist der nächste Schritt? Schaltet Bremen demnächst auch Werbung auf Erotik-Portalen. Derer gibts ja einige. Einer meiner Kollegen bringt denn auch gleich den neuesten Trend ins Spiel: das Stadtmarketing auf „Only Fans“. Das könnte so aussehen: Zahle Betrag X und ein nackter Mensch führt Dich zu den lauschigsten Ecken der Stadt – ein Ziel, das Bremen auch über Tinder verspricht: romantischer Spaziergang, erster Zungenkuss und wilde Nacht.

Mal sehen, ob es auch bei mir funktioniert. Denn bislang hat der Tinder-Algorithmus noch keinen Roland und keine Stadtmusikanten in meine Vorschläge gespült. Ich vermute, es liegt daran, dass ich nicht mehr der Generation Z angehöre. Mit meinen bald 57 Jahren fragen sich die Leute wohl eher: „Warum ist der Typ zum Sterben auf Tinder?“