Von Arztterminen und Rezepten

Frank Schümann macht sich in seinem „Schlenker“ Gedanken über die medizinische Versorgung.

Von Frank Schümann

Was waren das für Zeiten: Wer gesundheitliche Beschwerden hatte, rief einfach den Arzt an, vereinbarte einen Termin, erhielt eine Diagnose und ein Rezept, das er dann in der Apotheke einlöste – in der Regel ohne Probleme.

Die Suche nach dem Hausarzt

Und heute? Wer etwa nach einem Umzug einen neuen Hausarzt sucht, tut sich schon mal sehr schwer – viele Praxen sind mehr als ausgelastet, nur mit Geduld, Hartnäckigkeit, Glück oder guten Beziehungen lässt sich ein neuer Arzt finden. Für die Kinderärzte gilt dies ebenfalls: In Bremerhaven führte die Schließung einer Praxis gerade dazu, dass 2000 Kinder keinen Doktor mehr haben, denn alle anderen Praxen sind dicht – die Eltern weichen nach Cuxhaven oder Bremen aus, ohne Garantie auf Erfolg.

Fiebersäfte Mangelware

Doch damit nicht genug der Probleme. Hat man einen Hausarzt gefunden und nach einem Besuch auch ein Rezept erhalten (neuerdings elektronisch), kann in der Apotheke die nächste Enttäuschung folgen – wenn das gewünschte Medikament nicht vorhanden und auch nicht lieferbar ist. Die Lieferengpässe bei einigen Arzneimitteln, etwa Fiebersäfte für Kinder, Schmerzmittel und bestimmte Antibiotika, werden immer eklatanter.

Gefangen in Bermudadreieck

Und das führt häufig zum nächsten praktischen Problem: Wer ein bestimmtes, per Rezept verschriebenes Medikament nicht erhält, versucht natürlich, den Hausarzt zu erreichen – und landet oftmals im Bermudadreieck zwischen Freizeichen, Besetzt-Zeichen und Anrufbeantworter. Zwar kann man in manchen Praxen digitale Nachrichten hinterlassen; aber speziell älteren Menschen, die nicht online sind und auch nicht mehr online sein können (oder wollen), hilft das wenig – aber der Umgang mit älteren Menschen in unserer Gesellschaft ist noch ein anderes, eigenes Thema.

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Schöne neue… Zeitenwende

Man könnte stundenlang, pardon: zeilenlang so weitermachen. Aufreger gibt es genug – etwa, dass man neuerdings für die Vollnarkose selbst zahlen muss, wenn die (krebsbedingt gesetzten) Implantate herausgezogen werden müssen. Oder dass viele Ärzte gestresst und dadurch kurz angebunden sind, schlicht: überfordert wirken, zumal es für sie auch in Sachen Personal schwierig geworden ist – MFAs (Medizinische Fachangestellte) werden vielfach händeringend gesucht, ebenso wie PTAs in Apotheken (Pharmazeutisch-Technische Assistenten). Es ist gegenwärtig häufig von einer Zeitenwende die Rede – auch im medizinischen Sektor ist diese leider spürbar.

Die Frage des Standards

Und doch möchte ich an dieser Stelle betonen, dass wir immer noch froh sein können, in einem Land zu leben, das nach wie vor viele Leistungen erbringt – Leistungen, die häufig zur Gesundung und zur Lebensverlängerung führen, Leistungen aber auch, die wir lange als selbstverständlich genommen haben. Dass sich der Standard in vielen medizinischen Bereichen zum Negativen ändert, ist leider nicht wegzudiskutieren – dies ist allerdings insgesamt weniger eine Folge politischer Entscheidungen, sondern vielmehr das Ergebnis einer gesamtgesellschaftlichen (und Bevölkerungs-)Entwicklung.

Bitte gegensteuern!

Es bleibt zu hoffen, dass in den Problemzonen wieder zügig gegengesteuert werden kann – dazu bedarf es des Bewusstseins und der Handlungsbereitschaft der Entscheidungsträger, aber auch einer gewissen Sensibilität aller Beteiligten im Umgang miteinander. Das gegenwärtige Klima, mit vielen gegenseitigen Vorwürfen und Forderungen, oft hervorgebracht in missmutigem, gar aggressivem Tonfall, macht die Sache nicht besser. Schön wäre es auch, wenn gerade im medizinischen Sektor die direkte Kommunikation – jenseits von Online-Foren und Anrufbeantwortern – wieder mehr gefördert würde, aber das bleibt in diesen digitalen Zeiten mutmaßlich Wunschdenken.

Wichtig: ein gutes Miteinander!

Dass Mediziner indes wieder besser erreichbar sind, alte Menschen bei einem Umzug einen Arzt finden und mit den Anforderungen auch umgehen können, das sollte in unserer Gesellschaft eigentlich selbstverständlich sein.