Frust statt Freude an Heiligabend: Weihnachtsmann mit Paketboten verwechselt
Viele denken: Als Weihnachtsmann hat man einen tollen Job – nur einen Arbeitstag im Jahr. Der ist gespickt mit Freude, Frust und Überraschungen.
Von Andree Wächter
Michael Fischer tourte als Weihnachtsmann und brachte am Heiligabend die Geschenke. In diesem Jahr ist Schluss damit. Das rote Gewand und der weiße Bart kommen nur noch für den guten Zweck zum Einsatz. Zusammen mit seiner Tochter Aliki war Fischer auf der Kinderlachen-Gala in Dortmund – als Weihnachtsmann und Engel.
Im Interview mit den Nord West Reportagen sprach Michael Fischer über Frust am 24. Dezember, Paketboten, strahlende Kinderaugen und berührende Momente.
Frust statt Freude: Nach 30 Jahren ist Schluss als Weihnachtsmann
Wie lange bist du als Weihnachtsmann schon unterwegs?
Seit mehr als 30 Jahren.
Wie bist du dazu gekommen?
Ein Freund hatte mich gefragt, er hat Neffe und Nichte, hast du Bock das zu machen? Und da habe ich gesagt, klar. Blöde war nur, ich hatte überhaupt kein Kostüm. Und ein Weihnachtsmann ohne Kostüm ist irgendwie doof. Da habe ich mir einen roten Mantel und eine Mütze und so einen ganz billigen Bart gekauft.
Schlussendlich habe ich mir von meiner Mutter noch Watte geholt. Die habe ich mir über den Kopf gelegt und die Mütze darüber. Ich muss furchtbar ausgesehen haben.
Trotz dieses sehr merkwürdigen Aussehens wurden das jedes Jahr mehr, aber das waren alles Bekannte. Also Freunde, die Kinder hatten, oder Neffen und Nichten.
Im Laufe der Jahre hat sich das Kostüm immer mehr verbessert. Irgendwann hatte ich auch eine richtige Perücke und nicht mehr Watte auf dem Kopf.
Wie viele Familien hast du zu Spitzenzeiten beglückt?
Am Heiligabend sieben bis acht.

Der Weihnachtsmann und der Engel Schneeflöckchen – beide in zivil – auf dem Roten Teppich bei der Kinderlachen-Gala. Foto: privat
Was war dein lustigstes Erlebnis?
Einmal hat mein Bart Feuer gefangen. Beim Geschenkeverteilen habe ich mich über den Tisch gebeugt, und dann ist mein Bart in die Kerze gekommen. Auch mein Ärmel hat an einer Kerze Feuer gefangen.
Die Geschenke sind immer im Schuppen, in einer Garage versteckt oder in einem Sack. Teilweise sind die Geschenke sehr schwer und es wird auch immer mehr. Ich war bei einer Familie, und die hatte im Carport einen Sack, der wog gefühlt fünf Tonnen. Und dann habe ich diesen Sack nicht gestemmt bekommen. Ich habe versucht, ihn hochzuheben – das ging nicht.
Es war verabredet, dass ich über die Terrasse komme und nicht vorne an der Haustür klopfe. Vom Carport aus habe ich diesen Sack hinter mir hergezogen. Dann musste man eine Rasenschräge hoch zur Terrasse. Dort war das Wohnzimmerfenster.
Und da habe ich gedacht, wenn ich jetzt zur Terrasse hochgehe und ich ziehe den Sack hinterher, was ist das für ein Bild? Das geht ja gar nicht. Mein Motto ist, was ich nicht kann, mache ich mit Schwung. Also habe ich mit Schwung den Sack auf meine Schulter gehoben, der hat er mich dann nach hinten gerissen und ich bin die Schräge per Rolle rückwärts runter. Die Kinder standen mit weit aufgerissenen Augen am Fenster und haben gedacht, was macht der denn da? Unten bin ich irgendwann zum Liegen gekommen. Zum Glück waren die Geschenke noch heile.
Einmal, das war gar nicht so witzig, da bin ich auf dem Bauernhof gewesen. Und dann kam der Vater zu mir und sagte, wenn du meinen Sohn nachher beschenkt hast, ich habe noch ein Geschenk für meine Frau, das steht im Schuppen. Vielleicht könntest du das noch kurz holen. Okay, sagte ich, hatte nur vergessen zu fragen, was denn im Schuppen steht. Nach der Bescherung bin ich dann raus durchs Schneetreiben über den Bauernhof, in den Schuppen, und dort stand ein Ohrensessel. Durch das Schneetreiben habe ich diesen Ohrensessel zur Bescherung gebracht. Darauf bin ich heute noch stolz.
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Was hat sich im Laufe dieser 30 Jahre verändert?
Die größte Veränderung ist, dass die Eltern mich immer mehr behandelt haben wie einen Paketboten und nicht wie den Weihnachtsmann. Ich muss dazu sagen, dass ich nie Gage genommen habe und die Fahrtkosten auch aus eigener Tasche gezahlt habe.
Früher habe ich als Weihnachtsmann wenigstens eine Aufmerksamkeit bekommen, eine Flasche Wein oder eine Schokolade. Das ist weniger geworden. Teilweise kriegst du nicht mal mehr ein Dankeschön.
Und das hat mich dann dazu bewogen, in diesem Jahr tatsächlich nur noch einen Auftritt zu machen. Denn ich mache es ja eigentlich, weil es mir Spaß macht und zum ersten Mal seit über 30 Jahren macht es mir so keinen Spaß mehr.
Weihnachtsmann und Engel im Einsatz für den guten Zweck
Du bist dieses Jahr auch im Advent unterwegs. Was machst du?
Wir, also meine Tochter und ich, sind als Weihnachtsmann und Engel auf Weihnachtsmärkten und auf Vereins- und Firmenfeiern unterwegs. Dort sammeln wir Geld für einen guten Zweck. In diesem Jahr für den Verein Kinderlachen. Letztes Jahr war es der ambulante Hospizdienst.
Du hast es gerade schon angesprochen, seit wann ist denn deine Tochter dabei?
Seit vier Jahren.
Und wie ist sie dazu gekommen?
Ich habe irgendwann mal gesagt, hast du nicht Bock als Engel mitzukommen? Sie ist Engel Schneeflöckchen und ist nur in der Adventszeit dabei. An Heiligabend war ich immer allein unterwegs.
Was macht ihr in der Vorweihnachtszeit?
In diesem Jahr war der Auftakt am 29. November, für die große Kinderlachen-Gala in der Dortmunder Westfalenhalle. Dort hatten wir unseren ersten Auftritt, dann folgen diverse Rewe-Märkte, denn Rewe ist einer der Hauptsponsoren.
Und was macht ihr für die Kinder?
Wenn wir zum Beispiel bei Rewe sind, können sie dem Weihnachtsmann Fragen stellen. Viele bringen gemalte Bilder mit oder geben mir ihre Wunschzettel. Und sie können dem Weihnachtsmann erzählen, was sie sich wünschen.
Unser letzter Auftritt ist dann am 20. Dezember.
Kinderlachen, was ist das für eine Organisation?
Die unterstützen Kinder, kranke Kinder oder wenn etwas irgendwo fehlt. Es gibt zum Beispiel eine Pausenbrot-Aktion, weil viele Kinder kein Pausenbrot mehr zur Schule mitbringen. Es geht also nicht nur um Krankheiten, sondern auch um Armut.
Die Verbindung kam durch „Verstehen Sie Spaß“, weil viele aus dem Team sich dafür engagieren, und da habe ich gesagt, wir machen das für euch. (Michael Fischer ist dort Lockvogel, Anm. d. Red.)

Der Weihnachtsmann und der Engel Schneeflöckchen begrüßen die Gäste auf dem Roten Teppich bei der Kinderlachen-Gala. Foto: privat
Ihr wart bei der Spendengala für Kinderlachen in Dortmund. Was habt ihr erlebt?
Vorher waren wir noch in zwei Rewe-Märkten und haben Spenden gesammelt. Dann sind wir zur Westfalenhalle gefahren und haben die prominenten Gäste auf dem Roten Teppich begrüßt. Moderator Matze Knop hat uns später im Saal zur Rewe-Aktion interviewt.
Es war sehr berührend, zu sehen, wofür wir sammeln. Eine Mutter berichtete von einer Delfintherapie. Ihr Kind hat dadurch gelächelt und zum ersten Mal Mama gesagt.
Während der Gala wurden Dinge wie Trikots und Eintrittskarten versteigert. Am Ende kamen durch die Versteigerung und Spenden etwas mehr als eine Million Euro zusammen.
Über den Verein Kinderlachen
Im Mittelpunkt des Engagements stehen Begriffe wie Chancengleichheit, kindliche Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe. Kinderlachen finanziert sich ausschließlich aus privaten Spenden und durch privatwirtschaftliches Sponsoring. Öffentliche Zuschüsse lehnt Kinderlachen ab, heißt es auf der Homepage.
Gefördert werden Möbel, Materialien für Schule und Freizeit, medizinische Geräte, Betten und vieles weitere. Darüber hinaus erfüllt Kinderlachen Kinderträume im Rahmen von unvergesslichen Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten.



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