Der Pannenmann
Pannen sind doof – nicht jedoch die von Freddy Radeke. Jeden Sonntag bleibt er für „Buten & Binnen“ irgendwo mit seiner grünen Ente liegen und entdeckt die Welt. Anfangs sorgte Fidi dafür, dass er wieder nach Hause kommt. Inzwischen führen Kameramann Jörn Steinhoff und der Meister selbst allerlei lustige Konversationen. Eine sehr persönliche Begegnung.
Von Ulf Buschmann
„Das Ziel befindet sich rechts.“ Mein Navi weiß mehr als ich. Trotzdem heißt es suchen: Wo an diesen teilweise akkuraten, teilweise windschiefen Briefkästen an der Kreisstraße geht es rechts ab? Nach wenigen einhundert Metern erklärt das Navi: Angekommen! Also fahre ich rechts rein und stehe auf einem riesigen Grundstück. Links: ein Bauernhaus mit Geländewagen davor, rechts ein altes Bauernhaus mit gepflegtem Vorgarten. Bin ich hier richtig? Ich bin, da steht er in der Tür: Freddy Radeke. Er ist der Pannenmann des Radio-Bremen-Magazins „buten & binnen“. Aber eben nicht nur. Bei „Extra 3“, dem Satire-Format des NDR ist er genauso zuhause. Und bei „WUMMS“ auf Funk mit Sportsatire.
Freddy Radeke hat seinen Weg gemacht. Als ich ihn 1991 kennenlernte, war er gerade zehn Jahre alt geworden. Ich war freier Mitarbeiter für eine unserer Nordbremer Anzeigenzeitungen. „Ulf, schreib’ uns doch mal was über die Tschernobyl-Kinder“, bat mich meine Redaktionsleiterin. Ich traf mich also mit Klaus-Peter Radeke in seinem Haus in Neuenkirchen. Der damalige Grundschullehrer war einer der Organisatoren des Ferienaufenthaltes für Kinder aus Belarus.
Der Butscher biegt um die Ecke
Während wir schnackten, bog irgendwann ein kleiner Butscher um die Ecke. Er grinste mich an, stellte sich mit den Worten „Ich bin Frederik“ vor und war wieder verschwunden. Ich schaute ihm belustigt nach und sein Papa Klaus-Peter erklärte mir sinngemäß: „Der ist immer so.“ Freddy, wie er ihn nannte, bastele ständig. Beide plus Freddys älterer Bruder bildeten damals so etwas wie eine Männer-WG – Vater plus zwei Söhne.
Jetzt sitzen wir bei Freddy auf der Terrasse und erinnern uns an die erste Begegnung. Er selbst erinnert sich fast gar nicht mehr daran. Dafür ist Freddy voll des Lobes für seinen Papa. Noch heute haben beide ein enges Verhältnis zueinander. „Er hat mich alles machen und ausprobieren lassen“, sagt Freddy. Das kann ich mir gut vorstellen, denn Papa Radeke ist ein echter Gemütsmensch. Bevor ihn etwas aus der Ruhe bringt, muss schon einiges geschehen.
Grobe Bretter
Selbst wer Freddy nicht kennt, kann sich gut vorstellen, dass er gerne bastelt – das Haus, in dem er heute mit seiner Familie lebt, war mal eine Scheune oder ein Gesindehaus, dann ein Künstleratelier. Freddy führt mich herum und ich muss sagen: Der Junge hat einen sehr interessanten Stil kreiert: Terrassenboden, Küchenzeile und anderes sind aus Bohlen gefertigt: vom Baum ins Sägewerk zu Radekes.
Die grob gesägten Bretter repräsentieren genau das Gegenteil vom dem, was Freddy ist: ein feinsinniger, bescheidener Mensch – dem aber durchaus der Schalk im Nacken sitzt. Er macht keinen Hehl daraus, dass er seine Mittlere Reife gerade so hinbekam und dass ihn Schule eigentlich gar nicht interessiert habe. „Ich war ein richtig schlechter Schüler“, sagt Freddy mit diesem für ihn typisch verschmitzten Lächeln. Die nächsten Stationen seiner Biografie: Zivildienst bei der Diakonie-Sozialstation Schwanewede und die Besinnung darauf, dass Bildung doch sinnvoll ist . Er schaffte sein Fachabi als Gestaltungstechnischer Assistent, GTA, am Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße.
Vegesacks große Bedeutung
Gestaltung, Technik, Bilder. Genau das ist es, was Freddy seit seiner Kindheit begeistert. Seitdem habe er von einer Videokamera geträumt, die er sich von seinem Konfirmationsgeld kaufen konnte. Er probierte sich aus, und da ist es kein Wunder, dass ihn sein Weg ans Medienzentrum Nord (MZN) in Vegesack führte. Diese Einrichtung, eine Außenstelle der damaligen Landesbildstelle, hatte etwas Besonders. Dort gab es nämlich einen Jugendmedienverein: das Erste Lesumer Fernsehen, E.L.F. Während er sich daran erinnert, wie er sich dort mit kleinen Filmen ausprobierte, muss ich nun grinsen – auch mich verbindet einiges mit E.L.F, Mitgliedschaft inklusive. „Vegesack hat eine richtig große Bedeutung für mich“, reißt mich Freddy aus meinen Gedanken.
Danach geschahen einige wichtige Weichenstellungen: Freddy bewarb sich bei Bremen 4 im Rahmen eines Zuschauerwettbewerbs für die Moderation des bunten & binnen-Wetters. Dabei traf der Neuenkirchener auf das Radio-Urgestein Winfried Hammelmann. Nun stand die Frage im Raum, ob er an Bord von Kreuzfahrtschiffen Videos drehen oder zu Bremen 4 gehen sollte. „Ich habe mich für Bremen 4 entschieden“, meint Freddy wieder schmunzelnd. Und er schiebt nach: „Ich war der, der beim Radio Videos machen konnte.“ Als Freddy kam, ging es gerade mit dem crossmedialen Arbeiten und Social Media los.
Und jetzt die „Panne“
Über „Bremen 4 You-TV“ kam er schließlich zum Fernsehen. Freddy konnte das machen, was er am liebsten tut: sich ausprobieren. Heraus kam „Lutscher TV“, eine Satire auf Torsten Frings mit Promi-Interviews. Die „Weiterentwicklung“, wie Freddy sie nennt, war „Trainer TV“. Nebenbei bemerkt: Beides ist an mir vorübergegangen. Erst die neue Serie „Panne bei…“ führte Freddy in meinen Kosmos zurück.
Eine eigenwillige Serie mit einer ständig kaputten grüne Ente und Fidi als verbindendes Element? Das fand ich interessant. Ich begann, mich wieder mehr mit Freddy und seinem Machen zu interessieren. Eigentlich sollte die Serie auf sechs Folgen begrenzt werden, erinnert sich der Macher. Aber das Ganze ist von Beginn an so erfolgreich gewesen, dass ein Ende bislang nicht wirklich abzusehen ist. „Die Geschichte ist, ich stolper’ in meine Themen hinein“, erklärt Freddy.
Kameramann Jörn
Die ersten dreieinhalb Jahre stolperte er mit Fidi. Den rief er an, wenn die Ente wieder einmal ihren Dienst versagt hatte. Doch dann kam die Corona-Pandemie, und Fidi durfte aufs Altenteil und Freddy nicht unter Menschen. Was also tun? Der Macher fing an, ein Tiny House auf seinem riesigen Grundstück zu bauen. Mit dabei: Kameramann Jörn Steinhoff. Es ist das neue Traumpaar, das der „Panne“ neuen Schwung gegeben hat. Auf der einen Seite Jörn, der ewig Nörgelnde, auf der anderen Seite Freddy, der Jörn mit seinem Smartphone filmt.
Bei allem was da durch die Bunten & Binnen-Abnahme muss, hat Freddy im Prinzip freie Hand. „Ich darf auch Sachen einordnen, ich darf meine Meinung haben“, stellt er heraus, was ihm wichtig ist: „Das geht auch nach dem Motto ,Sei einfach du selbst!‘.“ Im Übrigen habe er durch seine Arbeit für „Extra 3“ gelernt, wie wichtig Haltung ist. Und er hat bei einem anderen Nordbremer etwas mitgenommen: Jan Böhmermann. Auch er ist unter anderem ein E.L.F.-Gewächs. Diese gemeinsame Biografie hat es für Freddy möglich gemacht, dass er zwei Jahre für die erste Staffel des „Neo Magazin Royal“ arbeitete.
Das Tiny House
Freddy und ich schlendern über sein riesiges Grundstück. Gut 100 Meter sind es bis zu seinem Corona-Projekt, dem Tiny House. „Das haben wir auf einem alten Anhänger aufgebaut“, erzählt er mir und schließt die Tür auf. Ich bin beeindruckt! Hier hat Freddy wirklich alles das, was er für seine Projekte benötigt. Er zeigt auf einen Platz, an dem ein einsames Mikrofon steht: „Hier spreche ich meine Beiträge ein. Das ist jetzt Hamburg!“ Wie bitte? Wegen der Corona-Pandemie fährt er nicht mehr an die Elbe, um dort für „Extra 3“ oder „WUMMS“ zu produzieren.
Und aktuell? In diesem Sommer ist Freddy für die „Panne“ mit seinem Kumpel Ansgar Langhorst unterwegs. Und zur Fußball-Europameisterschaft produziert er für den nach den Spielen ausgestrahlten „Sportschau-Club“, den Micky Beisenherz moderiert, mit dem „WUMMS“-Team die „WUMMS-Gesichter“.