Slayer im Player
Er ist Landrat für die CDU und zugleich großer Metal-Fan – als solcher fährt er auch regelmäßig nach Wacken. Wie es dazu kam, schildert Marco Prietz hier.
Von Frank Schümann
Wohl dem, der ein Hobby hat, das sich gut leben lässt – so wie bei Marco Prietz. Der 33-jährige, der seit November 2021 als Landrat für den Kreis Rotenburg (Wümme) tätig ist, hat allerdings ein Hobby, dass nicht zwingend jeder versteht: Prietz ist ein großer Heavy Metal-Fan. Wenn er morgens im Auto von Bremervörde nach Rotenburg fährt, wird es auch schon mal lauter – etwa, wenn Slayer im CD-Player ist, Metallica oder Iron Maiden.
Ein CDU-Landrat als Metal Head, das ist nicht eben alltäglich, das weiß auch Prietz, der allerdings das Hobby bestens vom Beruf zu trennen versteht. So erscheint er zum Interview nicht – wie vom Autor erhofft – im abgetragenen Band-T-Shirt, sondern eher klassisch mit Hemd, Krawatte und Sakko. „Das ist der Funktion geschuldet“, sagt er lachend, „da bitte ich um Verständnis.“ Andererseits kann man sich ihn aber auch gut vorstellen, wie er im privaten Umfeld etwas anders gekleidet nach Wacken fährt – denn zu diesem Kult-Festival fährt er immer, sofern es sich irgendwie einrichten lässt. Insgesamt waren es schon acht oder neun Besuche, sagt er, beim nächsten Mal wird er auch wieder dabei sein.
Ein Onkel war schuld
Wie kam es eigentlich zu dieser Musik-Liebe? „Schuld“ sei ein Onkel, der ihm in jungen Jahren bei einem Krankenhaus-Aufenthalt viele CD’s mitbrachte – der Onkel war großer Metal-Fan. Marco Prietz hörte sich all diese Sachen – darunter Iron Maiden, Judas Priest, Motörhead, Ozzy Osbourne – im Krankenhaus auf seinem Disc-Man an, er hatte ja Zeit, und war sofort infiziert. In den folgenden Jahren habe er dann nur Hardrock und Metal gehört, in späteren Jahren dann aber auch mal was anderes – „wenn Du älter wirst, erweitert sich der Horizont“, sagt er. So kamen auch Bands wie Radiohead oder Depeche Mode bald dazu – und auch ein Konzertbesuch bei Elton John in Bremen konnte ihn absolut begeistern. Bei „Rock am Ring“ war er zunächst einige Male, dann stieg er mit seinem Freundeskreis aber doch auf Wacken um.
Früh in der Jungen Union
Beruflich waren die Wege von Anfang an in einer anderen Richtung vorgezeichnet. Er sei früh in die Junge Union eingetreten – alle anderen in der Schule waren rot-grün, „das war wohl mein Kampf gegen das Establishment, mal andersrum“, lacht er. Er landete nach dem Abi dann eher durch Zufall in der Verwaltung, 2006 im Landkreis Osterholz. Abends machte er dann Politik: „Die beiden Aufgaben haben sich gegenseitig befruchtet“, sagt Prietz, der als Pressesprecher auch für zwei SPD-Landräte gearbeitet hat. Eine Funktion folgte auf die andere: etwa Mitglied im Landesvorstand der Jungen Union, Stadtrats- und Ortsratsmitglied, Parteichef im Gemeindeverband, ab 2016 im Kreistag, seit 1. November nun also Landrat.
Spannende erste Wochen
Und wie waren die ersten Wochen? „Unglaublich spannend, aber auch anstrengend“, sagt Prietz, „zu einem Drittel nehmen Sie an auswärtigen Terminen teil, zu einem Drittel an Besprechungen und das dritte Drittel ist Schreibtischarbeit.“ Aber es mache sehr viel Spaß, „man lernt auch unglaublich viele Menschen kennen.“ Seine größte Herausforderung sei es, „sich Freiräume zu schaffen, um selbstständig tätig zu sein, um eigene Akzente setzen zu können“, sagt er: „Daran arbeite ich, aber das wird noch ein bisschen dauern, schätze ich – im ersten Jahr gilt es erst einmal, alle und alles kennen zu lernen.“
Das Hobby zum Abschalten
Was dabei hilft, ist die Musik – ein Hobby zum Abschalten braucht jeder, und kaum etwas ist besser geeignet als „gute Mucke“, wobei diesen Begriff eben jede/r für sich anders definiert – bei Prietz ist es überwiegend der Metal. Der 33-jährige Familienvater – die Kinder sind fünf und ein halbes Jahr alt – ist sehr reflektiert, wenn er über seinen Beruf, die Musik, aber auch das Leben insgesamt spricht: „Ich habe Politik und Verwaltung immer in größter Intensität gelebt, da verliert man viele Hobbies. Je mehr Politik Sie machen, desto weniger Freizeit haben Sie – das ist so, da beklage ich mich auch nicht.“
Wichtig: die Metal-Abende mit Freunden
Die Freizeit, die einem noch bleibe, müsse eben gut genutzt werden. Und da sei die Musik perfekt geeignet: „Das Schöne ist ja, dass man sie wunderbar nebenbei hören kann, etwa beim Autofahren. Und man kann alte Freundschaften pflegen, indem man gemeinsam zu Konzerten und Festivals fährt.“ Seine engen Freunde aus der Schulzeit sieht er bis heute trotz der knappen Zeitressourcen regelmäßig: „Ein- bis zweimal im Jahr gibt es einen Metal-Abend – jeder bringt eine CD mit, dann wird gehört und diskutiert.“ Auch über Fragen wie die Folgenden: Was war sein bestes Konzert? „Das ist schwierig“, sagt er, „wahrscheinlich Maiden in Wacken, aber auch Judas Priest war da sehr stark.“ Bei der besten Platte ist er schneller: „Das ist ganz klar das „Black Album“ von Metallica, dahinter dann „Painkiller“ von Priest.“
Die Politik des Rockfans soll auch in Zukunft bürgernah und modern sein, sagt Prietz, und schreibt es sogar auf seiner Homepage. „Ich will mit den Menschen auf Augenhöhe sein, und ich meine das auch genauso.“ Also geht er jedes Jahr über Pfingsten in seinem Heimatort aufs Schützenfest oder am Neujahrstag von Haus zu Haus – „das macht man bei uns eben so, und das werde ich auch in der neuen Funktion nicht ändern.“ Die Affinität zur Musik ist da sicherlich hilfreich – und auch immer ein gutes Gesprächsthema.