400 Jahre Vegesacker Hafen

Der Hafen im Bremer Stadtteil Vegesack ist in diesem Jahr 400 Jahre alt; er gilt als der erste künstlich angelegte Hafen in Deutschland. Zum Geburtstag gibt es ein umfangreiches Programm. Der Höhepunkt ist das Feierwochenende vom 13. bis zum 15. Mai.

Von Ulf Buschmann

Die Bremer Kaufleute hatten ein Problem. Zwar gab es den Hafen an der Schlachte. Doch es konnten immer weniger Schiffe bis in die Stadt kommen. Der Grund: Die Weser mit ihren Untiefen und Sandbänken versandete immer mehr. Also musste ein Vorhafen her – der sollte an der bereits von Schiffern genutzten Mündung an der Aue unweit des Dorfes Aumund oder Oumünde entstehen. Der Plan: Die Ladung der großen, seegängigen Schiffe sollte auf die Weserkähne entladen und weiter nach Bremen transportiert werden.

Aus dem benachbarten Holland kamen fachkundige Hafenbauer. Im Jahr 1619, kaum ein Jahr nach dem Beginn des 30-Jährigen Krieges, buddelten sie sich durch die Erde. Drei Jahre später, 1622, war der neue Hafen fertig. Knapp 12.000 Taler kostete das Projekt. Allerdings bezahlte es nicht die Stadt Bremen beziehungsweise sein Senat. Die öffentlichen Kassen waren nämlich damals schon leer. Aber Bremer sind ja bis heute im Umgang mit Geld recht erfinderisch. Also übernahm die Stiftung Haus Seefahrt die Kosten. Im Gegenzug flossen die Liegegebühren in die Kasse der Stiftung. Diese bezahlte davon den Unterhalt – Überschüsse dienten dem Stiftungszweck, alte Kapitäne zu unterstützen.

Der Bremer Flo Mega rockt Vegesack am 14. Mai ab 22 Uhr.

Der Bremer Flo Mega rockt Vegesack am 14. Mai ab 22 Uhr. Foto: Florian von Besser Styleheads Music

Party mit Flo Mega

Nicht nur diese, sondern auch viele andere Geschichten ranken sich um den Vegesacker Hafen. Einen guten Teil davon gibt es beim großen Festprogramm in diesem Jahr. Der Höhepunkt soll eine dreitägige Sause rund ums Hafenbecken sein: Unter der Schirmherrschaft von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte rocken und grooven unter anderem am Freitag, 13. Mai, die Flying Soul Toasters und die Afterburner, Brennholzverleih sowie Joon and the Soulmates. Höhepunkt soll laut Veranstalter Vegesack Marketing der Auftritt von Flo Mega am Sonnabend, 14. Mai, sein. Angekündigt haben sich auch die Ska-Legende Busters.

Eine Frau auf Stelzen

Stelzen-Art bezaubern mit ihrem Können. Foto: Lars Slowak

„Ein Höhepunkt der Party ist das Musik-Wasser-Licht-Spektakel: Das Team von Stelzen-Art ist mit einem Unterwasser-Hofstaat aus schillernden Quallen und leuchtenden Fischen vor Ort – fantasievolle Geschöpfe, die den Vegesacker Haven gemeinsam mit einer tollen Licht- und Soundshow in neuem Glanz erstrahlen lassen“, heißt es weiter in einer Mitteilung.

Kommt von Elsfleth rüber: die

Kommt von Elsfleth rüber: die „Großherzogin Elisabeth“. Foto: Schulschiffverein Großherzogin Elisabeth

Schon ab dem kommenden Donnerstag, 12. Mai, gibt es das zu sehen, was es einige Jahre nicht mehr rund um den Hafen gab: Segelschiffe. Von Elsfleth aus verholt die „Großherzogin Elisabeth“ nach Vegesack. Und mit der Gaffelketsch „General Zaruski“ kommt die Stadtpräsidentin von Bremens Partnerstadt Danzig, Aleksandra Maria Dulkiewicz in Begleitung einer polnischen Jugenddelegation nach Vegesack. An Bord sind auch Jugendliche aus Bremen-Nord. Und wenn schon zwei so imposante Segler im Bremer Norden festmachen, dann dürfen natürlich Schiffsbesichtigungen und Rundfahrten nicht fehlen.

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Die „General Zaruski“ legt mit Danzigs Stadtpräsidentin in Vegesack an. Foto: STI (STAG Bremerhaven)

Hafenfest-Feeling

Open Ship, coole Bands auf der Bühne, zahlreiche Aktivitäten von Vereinen und Verbänden – mit dieser Mischung könnte den Organisatoren so etwas wie eine Wiederbelebung alter Vegesacker Hafenfest-Zeiten gelingen. Dies war Anfang der 1980er-Jahre ersonnen worden, um den Abschluss der Sanierung des sogenannten unteren Vegesacks zu feiern. Die Party sollte die Menschen aus Bremen-Nord und umzu anziehen, die bis dato den neu gestalteten Hafenbereich noch nicht recht annehmen wollten.

Von den 1980er- bis in die frühen 1990er-Jahre war das Hafenfest eine bunte Mischung aus Musik, Aktivitäten von Vereinen und Verbänden und sonstigen Akteuren. Vor allem das Musikprogramm am Freitagabend zog viele Fans an. Dort hatten vor allem lokale Bands die Chance, sich ihrem Publikum zu präsentieren. Doch in den folgenden Jahren beherrschten Coverbands mit über weite Strecken gleichem Programm und ein Flohmarkt die Szene. Als die Corona-Pandemie begann, übers Land zu ziehen, war dies auch der Garaus für das Hafenfest – in diesem Jahr ist es das dritte Mal hintereinander abgesagt worden. „Die Sponsoren machen ja auch alle beim Hafengeburtstag mit“, sagt dazu ein ortsansässiger Gastronom.

Vegesacker Hafengeschichte

Nach dem Bau des Vegesacker Hafens entwickelte sich der Hafen prächtig – bis die Weser immer weiter versandete und der Bremer Senat 1827 dem Königreich Hannover ein Stück Gelände und Deichvorland an der Mündung der Geeste in die Weser abkaufte. Dort errichteten die Bremer einen neuen Hafen und nannten die Stadt Bremerhaven. Damit begann Vegesack seine Bedeutung zu verlieren. Der Super-Gau drohte Vegesack, als die alte Hansestadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann, die Weser zu begradigen und auf der Stefaniekirchweide den ersten neuen Hafen bauen ließ.

Die Nachbildung des Walkiefers am Utkieg erinnert an die Walfang-Ära.

Die Nachbildung des Walkiefers am Utkieg erinnert an die Walfang-Ära. Foto: Ulf Buschmann

In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts war Vegesack groß im Walfang-Geschäft. „Von hier aus machte man sich damals auf in die Arktis, der Vegesacker Werftbesitzer Johann Lange baute 1830 eigens eine ganze Walfangflotte auf“, heißt es dazu auf der Internetseite www.havengeburtstag.de. Und: „Seine Witwe Anna zeigte sich übrigens später für die Zeit außergewöhnlich selbstbewusst sowie mit ökonomischem Talent gesegnet und widersetzte sich erfolgreich der männlichen Konkurrenz.“ Johann Langes Frau sei „der einzige Mann in Vegesack“, soll denn auch ein Zeitgenosse gesagt haben. An die Zeit des Walfangs erinnert das Denkmal eines einst in der Weser gestrandeten Blauwals – das Geschenk eines norwegischen Reeders. Das Original wurde Anfang der 1990er-Jahre durch einen Bronze-Abguss ersetzt.

Anno 1974 herrschte am Ausrüstungspier der Bremer Vulkan Hochbetrieb. Foto: Jens Bludau/CC 3.0

Platz des Schiffbaus

Vegesack war immer ein Platz des Schiffbaus. Dort waren Werftbesitzer wie Johann Lange und Hermann Friedrich Ulrichs erfolgreich. Letzterer kaufte Ende des 19. Jahrhunderts die Langesche Werft und gründete mithilfe von Bremer Kaufleuten den „Bremer Vulkan“. Dieser wurde bis zu seinem Konkurs 1996 zu einer der bedeutendsten Werften weltweit. Dort wurde 1959 unter anderem die ehemalige „Pasteur“ zum Passagierschiff „Bremen“ umgebaut. 1968 und 1969 entstanden zudem mit der „Weser Express“ und der „Mosel Express“ die ersten beiden deutschen Vollcontainerschiffe für den Norddeutschen Lloyd.

Bis heute hat die Lürssen-Gruppe ihren Unternehmenssitz am Vegesacker Hafen. Die Produktion dort ist jedoch schon seit Jahrzehnten Geschichte. Schiffe werden heute auf der anderen Weserseite, in Lemwerder und in Bardenfleth, sowie unter anderem zur Gruppe gehörenden Blohm & Voss-Werft in Hamburg gebaut.

Logger liegen in der Lesummündung.

Die Heringslogger löschten ihre Ladung am Ufer der Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft in der Lesummündung. Repro: Ulf Buschmann

Lecker Fisch

Noch etwas war für Vegesack und seinen Hafen prägend: Im Jahr 1895 wurde ebenfalls von hansestädtischen Kaufleuten die Bremen-Vegesacker Fischerei-Gesellschaft gegründet. Bis zur Einstellung der Produktion im Jahr 1969 waren die Produkte aus dem Bremer Norden in ganz Deutschland und anderen Ländern Europa gern gesehen. Das Vegesacker Unternehmen, dessen Produktionsanlagen sich bis weit in die Lesum hinein erstreckten, war zeitweise die größte Heringsfischerei Europas.

Skizzen einer Hafenerweiterung.

So sahen die Pläne zur Hafenerweiterung in den 1930er-Jahren aus. Repro: Ulf Buschmann

Ende der 1930er-Jahre gab es wegen der Heringsfischerei sogar Überlegungen einer Hafenerweiterung. Das Becken sollte bis auf das Gelände des heutigen Vegesacker Stadions ausgebaut werden. Auch der Lauf der Lesum sollte gekappt, der Fluss und dessen Mündung über den Schönebecker Sand umgeleitet werden. Aus dem Stück Fluss wäre ein reiner Loggerhafen geworden.

Die Logger prägten das Bild des Hafens noch über Jahrzehnte – mit allem, was dazugehört. So galt Vegesack in den 1950er- und 1960er-Jahren als Hafen mit der höchsten Kneipendichte Europas. Und das noch vor Hamburg! Altgediente Polizeibeamte erinnern sich noch heute an Schlägereien in den einschlägigen Etablissements. Als 1969 die Logger von Vegesack nach Bremerhaven umzogen, war es auch mit der Produktion vor Ort vorbei. Die Marke selbst indes blieb bis in die 1970er-Jahre erhalten.

Blick in den Vegesacker Hafen

Seit 2006 ist Vegesack offiziell Museumshafen. Foto: Ulf Buschmann

Der Hafen heute

Viel hat sich verändert im Hafen. Nach einer ersten großen Sanierung als Maßnahme gegen den Fall in die Bedeutungslosigkeit in den 1950er-Jahren gab es in den vergangenen vier Jahrzehnten diverse Sanierungs- und Umbauaktivitäten – so unter anderem bei der Umgestaltung des Weserufers zur Maritimen Meile von 1999 bis 2001. Sichtbarstes Zeichen dessen ist die im Jahr 2000 vom Designlabor Bremerhaven entwickelte Seilzug-Klappbrücke.
Seit 2006 ist Vegesack offiziell ein Museumshafen.

Historische Schiffe wie der 1893 beim Bremer Vulkan gebaute Segellogger BV2 „Vegesack“, der Versuchskreuzer „Bremen“, die „Verandering“ der Bremischen Evangelischen Kirche und der Weserkahn „Franzius“ haben im Bremer Norden ihre Heimat. Im Jahr 2021 wurde der Hafen nach jahrelangen Diskussionen auf seine ursprüngliche Tiefe ausgebaggert.

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