Wanderungen für kleine Füße

Meike Artmann hat mit „Wunderbar wanderbar“ einen Wanderführer für Kinder geschrieben. Mit ihm lassen sich über 20 familienfreundliche Routen in Bremen und umzu erkunden.

Von Daniela Krause

Es sind Herbstferien, und ich bin mit meinen Kindern unterwegs. Wir lieben die Natur. Es reizt uns immer wieder, neue Orte in und um Bremen zu entdecken. Vor allem der Herbst mit seinem Laubteppich und den vielen Dingen, die man sammeln kann, ist für Ausflüge dieser Art wie gemacht. Im Gepäck haben wir neben dem obligatorischen Proviant ein Buch mit dem Titel „Wunderbar wanderbar“. Ein Wanderführer, der von der zweifachen Mama Meike Artmann speziell für Kinder ausgetüftelt wurde. Dies ist unsere zweite Wanderung, die wir mit ihrem Buch unternehmen.

Genügend Zeit einplanen

Die erste Route mit Namen „Wolfsschlucht“ hatte uns schon sehr gut gefallen: Wer braucht bitteschön einen Spielplatz, wenn es den Wald gibt? Im Syker Friedeholz sind die Kinder über Baumstämme balanciert, haben den Märchenplatz mit den Holzfiguren des Künstlers Detlef Voges unsicher gemacht, Tipis weitergebaut, und die Kastenbein-Buche mit ihren zusammengewachsenen Stämmen bestaunt. Dank der Fotos, den Karten und einfach zu lesenden Beschreibungen sind die „Entdeckerpunkte“ nicht zu verfehlen. Wer mit Kindern wandern geht, sollte sich unbedingt genügend Zeit nehmen, denn kleine Füße bestimmen das Tempo. Immer gibt es entlang des Weges irgendetwas zu entdecken.

Panorama vom Weyerberg bei Worpswede aus

Hinter dem Waldstück ist der Blick frei auf die malerische Landschaft. Fotos: Daniela Krause

Wanderung auf den Weyerberg

Diesmal haben wir uns die Route 4, „Weyerberg“ in Worpswede, vorgenommen. Der mit dem Smartphone eingescannte QR-Code führt uns zum Start. Vom Parkplatz aus geht es rauf auf den Berg bis zum Findorff-Denkmal, das die Kinder aber eher weniger interessant finden. Sie sind vielmehr damit beschäftigt Bucheckern und Stöcker zu sammeln. Als sich das Waldstück lichtet, öffnet sich vor uns die weite Landschaft mit sanften Hügeln, Bäumen und Ackerland, die schon vor langer Zeit Künstler von nah und fern zu Bildern und Gedichten inspirierte.

Steg am Weyerberg

Der Steg mitten in der wasserlosen Landschaft hat einen ernsten Hintergrund, erfahren wir aus dem Wanderführer.

Niedersachsenstein gesperrt

Die Kinder erobern den Steg am Weyerberg, entdecken das Kanu darunter, und ich lese vor, dass diese Installation den zu erwartenden Anstieg des Meeresspiegels als Folge des Klimawandels anzeigen soll. Das bringt die beiden erst einmal zum Philosophieren. Am nächsten Halt balancieren und klettern sie auf den am Boden liegenden Baumstämmen herum. An „Entdeckerpunkt 3“ dann lange Gesichter: Der Niedersachsenstein ist abgesperrt, vermutlich wegen Sanierung. Sonst hätten wir das einstige Siegesmal und heutige Mahnmal aus dem Ersten Weltkrieg besteigen und die Sicht bis nach Bremen genießen können. Ein verspielter Hund vertreibt die Enttäuschung aber zum Glück schnell. Nach einer kurzen Rast laufen wir weiter.

Niedersachsenstein Denkmal in Worpswede

Den abgesperrten Niedersachsenstein im Rücken geht die Wanderung weiter durch das raschelnde Laub.

„Mir tun die Füße weh“

„Wer zuerst auf dem Hügel ist“, ruft die Lütte und prescht los. Das im Buch vorgeschlagene „Wettkullern“ von der Bergspitze – das sicher lustig geworden wäre – lassen wir aus. Der Boden ist zu feucht. Leider sind die Lütte und der Große an diesem Tag nicht ganz so gut zu Fuß wie sonst. „Mir tun die Füße weh“, heißt es bald, obwohl wir gar nicht sooo lange gelaufen sind. Schade. Wollten wir doch noch „die Käseglocke“ sehen und den Abenteuerspielplatz mit der „Todesrutsche“ entern. Dann müssen wir wohl nochmal herkommen. „Am besten im Winter“, meint der Große. „Wenn Schnee liegt, kann man hier super rodeln. Steht im Buch.“ Wir nehmen den kürzesten Weg zurück zum Parkplatz. Gelungen fanden wir die Tour dennoch.

Wandertagebuch für Erinnerungen

Das Buch enthält übrigens nicht nur landschaftlich abwechslungsreiche Routen, deren Karten von Illustratorin Lea Hümbs mit Tieren & Co. in Szene gesetzt wurden. Dabei sind auch Tipps für die Packliste, Hinweise zu Toiletten, Gastronomie und sehenswerten Orten in der Nähe. Sogar die Kinderwagen- und Bollerwagen-Tauglichkeit wird mit Sternen bewertet. Und es gibt Infos darüber, welche Pflanzen und Tiere sich beobachten lassen. Bastelanleitungen, Spielideen, Rätsel, Rezepte sowie Tipps für kleine Forscher lockern das Kartenwerk auf. Im „Wandertagebuch“ lassen sich Besonderheiten der Touren festhalten und Pflanzen oder andere flache Fundstücke einkleben. So hat man eine schöne Erinnerung an die Ausflüge. Hier hätten es gerne noch ein paar Seiten mehr sein dürfen.

Wie kommt man darauf, einen Wanderführer für Kinder zu schreiben?

Wir sind gespannt, was wir wohl auf den nächsten Wanderungen so alles erleben werden. Und doch: Wie kommt man darauf, einen Wanderführer für Kinder zu schreiben? Wahrscheinlich treibt mich diese Frage deshalb um, weil ich das Gequengel meiner eigenen Kinder („Wann sind wir da? Ist es noch weit? Ich muss mal! Mir ist langweilig!“) dabei im Hinterkopf habe. Neugierig schreibe ich die Lilienthalerin Meike Artmann an, auf deren sprichwörtlichem Mist dieses Buch gewachsen ist. Hier sind ihre Antworten:

Frau Artmann, wie ist die Idee zum Wanderführer für Kinder geboren worden?

Meike Artmann: Wir sind über Generationen hinweg mit der Region verwurzelt. Noch dazu komme ich aus einer Familie, in der immer gewandert und rausgegangen wurde. Genauso habe ich das an meine Kinder „weitervererbt“. Den klassischen Sonntagsspaziergang haben wir beispielsweise in eine Sonntagswanderung abgewandelt.

Als dann Anfang 2020 der erste Lockdown kam und alles zu war, hatten die Familien in unserem Freundes- und Bekanntenkreis „Langeweile“. Weil sie wussten, dass wir so oft Wandern gehen, haben sie uns gefragt, wo man hier in der Region was machen kann. Das Ergebnis war hinterher, dass sie sehr positiv gestimmt waren: „Mensch, ich wusste gar nicht, dass wir hier so ein schönes Moor haben, so tolle Wälder, wo man Spazieren gehen kann.“

Meike Artmann bezeichnet sich selbst als Wandersfrau. Foto: Artmann

Weil ich immer wieder Anfragen bekam, habe ich über Instagram ein kleines Blog gestartet, das gut ankam. Eine weitere Rolle bei der Idee für das Buch spielte zudem, dass ich von Kind an eine „Kartenfetischistin“ bin. Ich habe mich gefragt: Warum gibt es diese Karten für Wandertouren nicht kleiner und kompakter für Kinder? Und warum kann man diese nicht so ansprechend gestalten, dass Kinder schon vor der Tour wissen, was sie erwartet? Ich denke, das würde die Akzeptanz für Wanderungen erhöhen. So kam ich in Kontakt mit dem Bremer Scio-Verlag, der sich auf Kinderreiseführer spezialisiert hat. Und so wurde aus der Idee das Kind geboren.

Was war Ihnen bei der Umsetzung des Buches besonders wichtig?

Ich wollte das Thema vor allem für Familien, die ins Wandern einsteigen, erlebbar machen. Dass sie kleine Touren darin finden, sich einfach und schnell orientieren können, war mir sehr wichtig. Dass die Kinder vor allem die Karten selber lesen können und im besten Fall ihre Eltern lotsen – nicht umgekehrt. Außerdem wollte ich unterschiedliche Ansprüche in der Familie berücksichtigen: Kinder mögen es, wenn der Weg spannend ist und ein paar aufregende Highlights hat. Eltern ist es vielleicht eher wichtig, dass es eine Einkehrmöglichkeit und eine Toilette gibt.

Ein Kind schaut sich ein großes Insektenhotel

Am Wegesrand gibt es immer etwas zu entdecken, so wie dieses XXL-Insektenhotel. Foto: Daniela Krause

Welche Herausforderungen und Hürden gab es zu bewältigen?

Die größte Herausforderung war, sich darauf reduzieren zu müssen: Welche Routen nehme ich? Sind die Routen die wir als Familie gut finden auch für andere interessant? Oder ist auch mal das, was wir selber nicht so attraktiv finden für andere von Interesse. Hier die Balance zu schaffen, war gar nicht so einfach. Wenn man auf Bremen eine Stecknadel setzt, den Faden spannt und einmal herumdreht, sollte jede Region irgendwie Berücksichtigung finden.

Wald und Moor sind für Kinder sehr fühlbar und erlebbar.

Wir haben vorher in unserem eigenen Dunstkreis gefischt. Da wo wir wohnen, kannten wir quasi jedes Blatt. Und wenn ich dann die andere Weserseite betreten habe, kannte ich mich dort zwar aus, aber eben nicht so sehr wie vor meiner eigenen Haustür. Eine Hürde war, dass sich gewisse Dinge in der Natur schnell verändern können: So haben wir in dem Buch Beschreibungen drin, die sich im Nachdruck geändert haben. Wir hatten zum Beispiel als Wegmarkierung einen Hochsitz, den ein Sturm zerlegt hat. Den gibt es nicht mehr.

Welche Wanderung ist der persönliche Favorit Ihrer Familie?

Sehr gerne gehen wir die Tour über den Weyerberg, da wir in der Nähe wohnen und in fünf Minuten da sind. Es ist eine abwechslungsreiche Strecke, die die Kinder auch zum 20. Mal nicht langweilig finden. Das ist für uns eine kurze Flucht aus dem Alltag. Ansonsten sind wir auch gerne im Moor unterwegs, weil es für die Kinder eine spannende Umgebung ist. Wald und Moor sind generell sehr fühlbar und erlebbar. Auch in den Dünen rund um Verden sind wir oft. Ein Highlight für die Kinder ist es immer, wenn wir die Wanderung mit einem Picknick verbinden.

Infos zum Buch

„Wunderbar wanderbar – Bremen und Umgebung“, 146 Seiten, Scio-Verlag, Preis: 16,95 Euro, ISBN: 978-394-840-825-1. Tipp: Auf der Verlagsseite kann man sich eine bunte Bastelvorlage für eine Waldsammelbox herunterladen.

Kaffee oder Tee?

Wenn Ihnen mein Inhalt gefällt, freue ich mich über eine Unterstützung.
Vielen Dank. Warum wir so gerne Kaffee trinken erfahren Sie hier.


Ihre Auswahl