Aschenbrödel, Sting, Wham!, Calexico, Freddy und James Last

Zum Weihnachtsfest gehört Musik. Aber es müssen nicht immer „O Tannebaum“ und Co. sein. Unsere Nord West Reportagen-Autoren haben ihr musikalisches Weihnachtsfest aufgeschrieben.

Von Anuschka Bačić, Ulf Buschmann, Daniela Krause, Frank Schümann und Andree Wächter

Anuschka Bačić:
„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“

Meine musikalische Erinnerung an Weihnachten ist ganz klar mit dem Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ verknüpft – eine Produktion der ehemaligen DDR und damaligen Tschechoslowakei aus dem Jahr 1973, die nur in Teilen mit der Walt-Disney Version von Aschenputtel Parallelen hat.
In dieser Variante ist das Aschenputtel, in dem Fall „Aschenbrödel“ genannt, nämlich nicht in der typischen hilflosen Prinzessinnen-Rolle mit dem Attribut „Bitte rette mich!“ verhaftet. Vielmehr packt sie das Glück selbst beim Schopfe. Das Aschenbrödel kann reiten, mit der Armbrust schießen und zu ihren treuen Weggefährten zählt eine Eule, die ihr drei verzauberte Haselnüsse beschert…

Anuschka Bacic hält die CD

Anuschka Bačić: Ohne „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ gibt es kein Weihnachtsfest. Foto: Anuschka Bačić

Der Soundtrack wurde von Karel Svoboda komponiert, auch bekannt von Liedern aus „Wickie und die starken Männer“, „Biene Maja“ und „Nils Holgersson“. Schon meine Mutter hatte den Film in- und auswendig gekannt. Meine Schwester und ich durften ihn an Weihnachten auf keinen Fall verpassen.

Der Film mit diesen schönen Melodien war fast so wichtig wie die Bescherung selbst. Irgendwann schenkte mir meine Mutter die CD zum Film, die ich meistens auch über das Jahr verteilt mal abspiele. Doch den Film besitze ich nicht als DVD und schaue ihn somit wirklich nur an Weihnachten.

Frank Schümann:
Musikalischer (Weihnachts-) Tick

Ich habe in den vergangenen Jahren einen musikalischen Tick erworben, den ich zünftig pflege: Jedes Jahr Ende November, Anfang Dezember gibt es eine neue Weihnachtsplatte. Aber nicht die bekannten deutschen Weihnachtsklassiker von „Oh Tannenbaum“ bis „Stille Nacht“ sind darauf zu hören, sondern das, was sich Künstler und Bands aus den Bereichen Jazz, Folk, Pop und Rock dazu haben einfallen lassen – da ist die Auswahl mittlerweile auch schon sehr groß.

Das Cover des Albums

„Seasonal Shift“ hat sich Frank Schümann in diesem Jahr gegönnt.

Im Plattenschrank befinden sich so unter anderem Werke von den Roten Rosen (Die Toten Hosen), Erdmöbel, Johnny Cash, Sting, Jethro Tull, Bob Dylan oder Eric Clapton – ausgesprochen feine Tonträger übrigens, in den meisten Fällen. In diesem Jahr habe ich mir das Album „Seasonal Shift“ von der amerikanischen Band „Calexico“ gegönnt – sehr entspannend, sehr sinnlich, ohne kitschig zu sein, und entsprechend sehr zu empfehlen.

Ich gebe zu: Nicht alles, was in der Weihnachtszeit aus den Radioboxen kommt, findet meinen Zuspruch. Im Gegenteil – bei manchen der sogenannten modernen Klassiker flüchte ich geradewegs aus der Küche. Aber es gibt durchaus auch (radiotaugliche) einzelne Songs, die meinen Geschmack treffen, etwa „Santa Claus is coming to Town“ von Bruce Springsteen und der E-Street-Band. Der ist absolut zeitlos und immer wieder schön.

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Andree Wächter:
Last Christmas

Vor einigen Jahren habe ich ein Web-Radio-Projekt in einem Jugendtreff betreut. Dort habe ich am Freitag vor Heiligabend immer eine weihnachtliche Radiosendung moderiert. Die Musikauswahl war sehr minimalistisch – man könnte auch sagen: Es gab nur ein Lied: „Last Christmas“. Den Klassiker von Wham! hörten die Männer und Frauen nur zweimal, und zwar zu Beginn und am Ende der Sendung. Dazwischen erzählte ich alles Wichtige und Unwichtige rund um den Song und es gab „Last Christmas“ in den unterschiedlichsten Versionen. Persönlich fand ich die Interpretationen im Beatles-Stile und auf Flaschen gepfiffen sehr schön.

Die erste Sendung hatte die klassische Länge von einer Stunde. Nach einigen Jahren konnten wir schon zwei Stunden füllen. Würde es die Radiosendung noch geben, hätte die 2022er-Version von „Last Christmas“ einen Sendeplatz bekommen. Dieser Weihnachts-Pop-Song stammt von YNA.

Daniela Krause: Sting –
„If On a Winter’s Night …“

Ich weiß nicht mehr, wie das Album „If On a Winter’s Night“ von Sting in meine, zudem sehr übersichtliche, CD-Sammlung kam. Ich weiß aber noch, dass mich das Cover ansprach: Sting wandert darauf in Begleitung seines Hundes durch einen schneebedeckten Wald. Einen Winterwald, wie er für unsere norddeutschen Verhältnisse (leider) äußerst selten ist. Und dann diese Musik … Wenn ich ihr lausche, sitze ich gedanklich in einer einsamen Blockhütte. Im Kamin tanzen die Flammen, und draußen sehe ich die weißen Tannenspitzen vor dem nächtlichen Schwarz und die Eisblumen an den Fensterscheiben.

„If On a Winter's Night ...

„If On a Winter’s Night …“ von Sting ist für Daniela Krause etwas Besonderes. Foto: Daniela Krause

Sting schlägt auf seinem neunten Album sanfte Töne an, die mich jedes Jahr in der Weihnachtszeit wieder tief berühren. Die akustische Gitarre nimmt den größten Raum ein, man hört aber auch eine Harfe, Trompeten, Geigen, ein Cello, ja sogar einen Dudelsack heraus.

Es ist eine entschleunigende Mischung aus bekannten Weihnachtsliedern wie „Lo, How a Rose E’er Blooming“ (Es ist ein Ros entsprungen), britischen Traditionals, alten Weisen und Wiegenliedern. Mit „The Hounds Of Winter“ und „Lullaby To An Anxious Child“ hat sich Sting mit zwei selbst geschriebenen Stücken auf dem Album verewigt. Meine Lieblingssongs: „The Snow It Melts The Soonest“ , „Cold Song“ und „Balulalow“ bescheren mir jedes Mal eine leichte Gänsehaut. Wer sich gerne musikalisch überraschen lässt, dem kann ich dieses „Winteralbum“ (denn ein „klassisches Weihnachtsalbum“ ist es nicht) nur ans Herz legen.

Ulf Buschmann:
Freddy oder James Last

Bescherung an Heiligabend ist für mich untrennbar mit zwei LPs verbunden: „Weihnachten auf hoher See“ mit Freddy Quinn und „Christmas Dancing“ von und mit James Last. Als ich klein war und wir darauf warteten, ins Wohnzimmer zu dürfen, legte mein Papa abwechselnd eines der beiden Alben auf. Ich erinnere mich an die unterschiedlichen Gefühle, die die beiden Alben auslösten: Bei Freddy mussten vorzugsweise Papa und ich vor Rührung heulen, bei James Last waren wir fröhlich.

„Christmas Dancing“ und „Weihnachten auf hoher See“ drehen sich bis heute vornehmlich in der Vorweihnachtszeit auf meinem Plattenteller. Dabei ist das Freddy-Album schon 1963 erschienen. „Christmas Dancing“ kam im Jahr meiner Geburt auf den Markt: 1966. Weder James Last noch Freddy Quinn beziehungsweise ihre beiden LPs haben für mich bis heute von ihrer speziellen Magie verloren – dies mag sicherlich an meinen speziellen Kindheitserinnerungen liegen. Damals, als ich meine so ersehnte Faller-Rennbahn und meine Carrera-Bahn bekam.

Zwei Weihnachtsalben von Freddy Quinn und James Last.

Kindheitserinnerungen verbindet Ulf Buschmann mit den Weihnachtsalben von Freddy Quinn und James Last.

Heute, mit dem nüchternen Blick eines (halbwegs) erwachsenen Menschen, lohnt es sich indes, den Fokus auf die Produktionen zu lenken. „Weihnachten auf hoher See“ suggeriert eine klassische Radiosendung für alle Seeleute auf großer Fahrt, wie sie der Norddeutsche Rundfunk bis heute ausstrahlt. Zu hören sind neben Freddy Quinn ein Seemannschor, ein gemischter Chor, ein Kinderchor und unterschiedliche Orchester. Hier schließt sich der Kreis zu „Christmas Dancing“: Er leitet noch unter seinem bürgerlichen Namen Hans Last eines der Orchester.

Mit „Christmas Dancing“ läutete James Last eine neue Weihnachtsalbum-Zeit ein. Denn der gebürtige Bremer hat seinen in den 1960er-Jahren geborenen „Happy Sound“ auf die traditionellen Weihnachtslieder übertragen. Fortan war es kein Problem, zu „Lasst uns froh und munter sein“ und „Morgen Kinder, wird’s was geben“ zu tanzen. Selbst „Kommet, Ihr Hirten“ und „Leise rieselt der Schnee“ klingen seitdem ganz anders.