Ein Flecken, der den Zeiten trotzt
Unser Kollege Frank Schümann macht wieder einmal gedankliche Schlenker – beim Schlendern durch den Bremer Bürgerpark. Und darüber schreibt er dann auch.
Von Frank Schümann
Es war im späten Sommer, als ich mit den Kollegen von den Nord West Reportagen bei Explore Science Schulklassen betreute, um mit ihnen eine Zeitung zu erstellen. In einer Pause – es war heiß und durchaus anstrengend – stand ich barfuß auf dem Gelände, während ich die vorbeikommenden Jogger, Walker und Spaziergänger beobachtete. Ich hatte quasi direkten Kontakt zur Erde des Bürgerparks und dachte: Wahnsinn, was man über die vielen Jahre hier schon erlebt hat. Und: Mensch schreib da doch mal was drüber!
Gesagt, getan, auch wenn’s mal wieder länger gedauert hat. Aber jetzt bin ich erneut im Bürgerpark, heute mit meinen Eltern. In dieser wunderbaren Grünanlage auf einer Fläche, die sich – gemeinsam mit dem Stadtwald – auf mehr als 200 Hektar erstreckt. Gerade haben wir im Restaurant am Emmasee gut gegessen, jetzt machen wir noch einen kleinen Spaziergang – er ist beschwerlicher als früher, da meine Mutter nicht mehr gut zu Fuß ist, den Rollator braucht. Und doch, sie genießt es, wir genießen es.
Selbstverständlich: Stadt mit Park
Wie selbstverständlich das ist, denke ich, in einer Stadt wie Bremen diesen Park zu haben. Und wie oft war ich schon hier, habe ich das eigentlich richtig wertgeschätzt? Fast 60 Jahre zurückgeblickt, waren wir als Familie auch schon hier unterwegs, und auch damals hatten wir ein Hilfsgerät mit Rollen dabei. Damals war es mein Kinderwagen, auf dem Weg zum Spielplatz, der heute allerdings im Vergleich zu meinen ersten Erfahrungen reichlich verändert daherkommt
Aber einmal zum Innehalten gekommen, erinnere ich mich: wie ich auf dem Spielplatz auf den Geräten herumgeklettert bin, wie ich aber auch beim Spazierengehen Kastanien gesammelt oder Blätter kennengelernt habe. Eichhörnchen haben wir gesehen, und überhaupt gab es im Bürgerpark schon damals so einiges an Tieren zu bewundern – nicht zu vergessen die Schweine, die auch heute noch Scharen von Kindern (und ihre Eltern) in den Park locken. Viel gelernt habe ich damals – über die Blätter, die Tiere, die Natur insgesamt. Wenn ich ein bisschen in mich gehe, erinnere ich mich, dass wir auch Blätter aufgehoben und gesammelt haben, die ich dann in mein Sachkundeheft einkleben konnte.
Im Winter – just am Sonntag hat mich mein Vater wieder einmal daran erinnert – sind wir Schlittschuh gelaufen, mein Vater und ich, später war auch mein Bruder dabei. Als kleiner Junge empfand ich es abenteuerlich, die kleine Insel auf dem Emmasee zu erreichen. Hatte ich es geschafft, war ich stolz. Schöne Erinnerungen sind das, Erinnerungen an Zeiten, in denen es knackig kalt war, als es gefühlt auch knackig kalt sein sollte.
Besuche der Meierei
Im Laufe der Jahre kamen so viele Erlebnisse dazu – rudern mit der Freundin auf dem See, Minigolf spielen, mit einem guten Buch auf der Bank sitzen. Überhaupt: Mit Freunden aus anderen Städten dort spazieren gehen, über Gott und die Welt schnacken. Und natürlich einen Kaffee in der Meierei oder ein Bier in der Waldbühne trinken – so wie es mein Vater bei seinem jazzigen Frühschoppen vor 50 Jahren auch schon gemacht hat. Ein Highlight waren die Moderationen, für die ich als Pressesprecher des Bremer Theaters Mitte der 2010er-Jahre von der Meierei aus zuständig war; ich sprach mit einigen unserer Künstler, die anschließend Arien von Mozart, Verdi oder Puccini in den Wald hinaus sangen; das kam gut an, hatte aber auch für mich etwas Erhabenes. Weniger erhaben war dann der Rückweg – aus dem Bürgerpark im Dunkeln herauszufinden, war nicht immer ganz einfach.
Egal. Aus heutiger Sicht kann ich sagen, dass der Bürgerpark für mich als waschechter Bremer schon immer sehr wichtig war – ohne dass mir dies über die Jahre so richtig bewusst gewesen wäre. Das Ansinnen der Bremer Kaufleute um Johann Hermann Holler und Wilhelm Benque, die die Einrichtung eines Volksparks für alle vorantrieben, ehe im Juni 1866 der erste Spatenstich erfolgte, ist heute jedenfalls wunderbar aufgegangen. Der Park erfreut die Menschen in Bremen und umzu und ist ein idyllischer Fleck, dem der Wandel der Zeiten nichts anhaben konnte.
Schön, denke ich, dass mir das jetzt endlich auch bewusst geworden ist.
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