Kauziger Mitbewohner

Diakon Jannik Joppien arbeitet in den Kirchenregionen Weyhe und Stuhr mit seinem Steinkauz Nox. Manchmal darf der Vogel ihn ins Büro begleiten.

Von Daniela Krause

Als wir das Büro von Jannik Joppien betreten, ist ein gelbes Augenpaar auf uns gerichtet. Der Diakon für die Kirchenregionen Weyhe und Stuhr teilt sich seinen Arbeitsraum in Weyhe-Lahausen mit einem Steinkauz. Dieser beäugt ziemlich misstrauisch von einem niedrigen Ansitz aus die Kameratasche. „Das ist Nox“, stellt der 28-Jährige seinen kleinen gefiederten Freund vor. „Er ist nicht immer bei mir im Büro“, fügt er hinzu.

Der naturverbundene Jannik Joppien wohnt mit seiner Familie in der Nähe von Blender auf dem Land. Im Garten hat Nox eine große Voliere – oder besser gesagt „seine eigene Residenz“. Der skeptisch blickende Steinkauz unterstützt Jannik Joppien bei der Öffentlichkeitsarbeit und hat ihn im vergangenen Jahr auf eine Sommerfreizeit mit dem Kirchenkreis Verden begleitet. Doch wie ist der Erlebnispädagoge mit den Schwerpunkten Jugendarbeit, Natur und Digitales auf den Vogel gekommen? „Das kam durch einen Besuch im Wildpark Schwarze Berge“, erzählt Joppien. „Ich habe eine Flugshow gesehen und war beeindruckt von der intensiven Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier.“

Norddeutsches Vogelmuseum

Für das Norddeutsche Vogelmuseum in Osterholz-Scharmbeck arbeitet Jannik Joppien nebenberuflich im pädagogischen Bereich. Foto: Ulf Buschmann

Vom Mittelalterfestival zur Falknerausbildung

Einige Zeit danach traf er einen Falkner auf einem Mittelalterfestival und informierte sich über die Falknerausbildung, die er dann – damals noch während des Studiums der Religionspädagogik und Sozialen Arbeit in Hannover – in Thüringen absolvierte. Über den Deutschen Falkenorden kam der Kontakt zum Norddeutschen Vogelmuseum in Osterholz-Scharmbeck zustande; für dieses arbeitet Jannik Joppien seitdem nebenberuflich im pädagogischen Bereich.

Museumsgeschäftsführer Norbert Nowka ist selbst Falkner und Steinkauz-Züchter. Er brachte den Diakon zu Nox, dessen Geschwister mittlerweile ausgewildert werden konnten. „Als ich Nox bekommen habe, war er noch ein Küken“, erzählt Jannik Joppien. Monatelang war der kauzige Mitbewohner, der zu den bedrohten Arten zählt, Tag und Nacht an seiner Seite. „Wir haben uns rasch aneinander gewöhnt. Er ist komplett auf mich geprägt. Es war mir sehr wichtig, dass er mich nicht nur mit Futter in Verbindung bringt.“

Rumsitzen und dösen

Nox gehörte von Anfang an zur Familie. Von Joppiens kleinem Sohn und den Hunden wird er gleichermaßen akzeptiert und respektiert. Viel Zeit geht dennoch für das Füttern drauf: „Wir züchten Mehlwürmer, aber er frisst auch Mäuse und Küken.“ Jeden Tag wird Nox, der als „Federgewicht“ nur bis zu 200 Gramm auf die Waage bringt, gewogen. Eine plötzliche Gewichtsschwankung kann Aufschluss über eventuelle Krankheiten geben. Etwa 90 Prozent des Tages verbringt er damit, rumzusitzen und vor sich hin zu dösen. „Wenn er losfliegen soll, muss es sich für ihn schon lohnen“, sagt Jannik Joppien und lacht.

Täglich trainieren die beiden deshalb im Garten mit „Atzung“ (Futter) und Falknerhandschuh. Mit kleinen Atzungsstückchen, den „Tidbits“, wird der Vogel zur Faust gerufen. Der Flugradius des Kauzes an der sogenannten Lockschnur beträgt dabei zehn bis 15 Meter. Frei fliegen lassen darf der 28-Jährige seinen Steinkauz derzeit nicht. „Um als vollwertiger Falkner zu gelten, muss ich erst einen Jagdschein machen.“ Die Ausbildung möchte der gebürtige Bremerhavener zeitnah in Angriff nehmen, sobald es die Pandemie zulässt. Dann darf Nox endlich Freiflüge genießen „und hoffentlich danach immer wieder zu mir zurückkehren“.

Steinkauz Nox

Steinkauz Nox hat eine enge Bindung zu Jannik Joppien. Foto: Daniela Krause

Zum Artenschutz beitragen

Für die Jagd ist ein Steinkauz allerdings nicht geeignet. „Wenn ich so weit bin, soll es ein Rotschwanzbussard werden.“ Dieser und Nox dürften sich dann zwar sehen, aber niemals begegnen, denn Nox passe genau in das Beuteschema des Bussards. Die Arbeit als Falkner sieht Jannik Joppien als Chance, um zum Artenschutz beizutragen und Jugendlichen den respektvollen Umgang mit der Natur zu vermitteln. Ebenso reizt ihn die Möglichkeit, mit einem Jagdschein die heimischen Wildbestände erhalten zu können und somit durch Hege und Pflege „zur Bewahrung der Schöpfung Gottes beizutragen“.

Nox wird ihn weiterhin privat und beruflich begleiten. Eine spätere Beteiligung an einem Nachzuchtprogramm für Steinkäuze schließt Jannik Joppien jedoch nicht aus. Dann müsste er zunächst bestimmen lassen, ob Nox nun ein Männchen oder ein Weibchen ist. Optisch gibt es da kaum einen Unterschied. „Die Frage wird von Kindern und Jugendlichen häufig gestellt.“ Sie sei ein guter Anknüpfungspunkt, um über die Gender-Debatte in der Gesellschaft zu sprechen. „Denn welches Geschlecht Nox hat, ist für mich letztlich nur wichtig, wenn es um die Fortpflanzung geht.“ Noch sei allerdings kein Steinkauz-Nachwuchs geplant.

Vögel in freier Wildbahn

Markus Hibbeler fotografiert für sein Leben gerne Vögel und Wildtiere. Wir waren mit dem Naturfotografen auf Fotopirsch.

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