Zwei Millionen Euro müssen her

Der Heringslogger BV2 „Vegesack“ ist so etwas wie das Aushängeschild der Traditionsschiffer im Bremer Norden. Im nächsten Jahr muss das 1895 gebaute Schiff in die Werft, weil der Rumpf an einigen Stellen zu dünn ist. Die geschätzten Kosten in Höhe von 2 bis 2,5 Millionen Euro kann die Betreibergesellschaft „Vegesack Logger BV2“ aber nicht alleine stemmen.

Von Ulf Buschmann

Was in einem Jahr sein wird, weiß André Hübner ziemlich genau. Zum Ende der Saison 2022 wird sich die BV2 „Vegesack“ in einer Werft befinden. Welche es sein wird, weiß der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft „Vegesack Logger BV2“ indes noch nicht. Dass ein Schiff aus dem Wasser muss, ist an sich nichts Besonderes. Im Falle der BV2 aber schon. Denn der Stahlrumpf des 1895 beim Bremer Vulkan gebauten ehemaligen Heringsloggers ist an einigen Stellen zu dünn. Dies hat sich nach Auskunft von Hübner bei der routinemäßigen Untersuchung der BV2 vor eineinhalb Jahren herausgestellt.

Werden die Schäden nicht beseitigt, sitzt die BV2 im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Trockenen. Hintergrund: Für das Traditionsschiff steht Ende kommenden Jahres die sogenannte „Große Klasse“ an, auch „Schiffs-TÜV“ genannt. Fachleute des einstigen Germanischen Lloyd, der seit 1. März komplett unter das Dach seiner norwegischen Muttergesellschaft Det Norske Veritas (DNV) geschlüpft ist, untersuchen die BV2 auf Herz und Nieren.

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Rumpf- und Ventiluntersuchung

Nicht nur der Rumpf wird per Ultraschall gescannt. Die Fachleute nehmen ebenso sämtliche nach draußen führenden Ventile unter die Lupe. Diese müssen dafür ausgebaut werden. Teil drei der Untersuchung beinhaltet die Feuerlöschpumpen sowie die Schnellschluss-Ventile an der Maschine und dem Kraftstofftank. „Wenn die geschlossen sind, bleibt der Motor stehen“, erklärt Hübner. Das sei zum Beispiel bei einem Brand an Bord wichtig.

Der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft rechnet mit Kosten in Höhe von 2 bis 2,5 Millionen Euro. Die Problematik: Der Stahlrumpf kann nicht einfach von außen geschweißt werden. Die Spezialisten der Werft müssen auch von innen an die zu dünnen Stellen herankommen. Diese befinden sich unter dem Platz der Maschine. Deshalb muss im Maschinenraum alles raus: der Antriebsdiesel selbst, der Hilfsdiesel zur Stromerzeugung, die Tanks, die Werkbank, die Heizung sowie die Hydrophoranlage für die Wasserversorgung an Bord.

Schäden an einem Schiffsrumpf

An der Maschinenraumbilge wurde ein Stück herausgetrennt und von außen erneuert (links). Auch sonst gibt es viele dünne Stellen. Foto: MTV Nautilus

„Es zerbröselt alles“

Allerdings dürfte der Werftaufenthalt nicht so ablaufen wie bei anderen Schiffen – Maschine und Co. ausbauen, Reparaturen vornehmen, alles wieder einbauen und fertig sei nicht möglich, prognostiziert Hübner: „Weil alles sehr alt ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass wir es nicht wieder einbauen können. Es zerbröselt einfach alles.“ Dies betrifft vor allem die Elektroleitungen. Aber auch die Heizung macht dem Geschäftsführer Sorgen: „Sie ist über 30 Jahre alt. Deshalb muss sie ebenfalls erneuert werden.“

Und noch eine Baustelle gibt es an Bord: das Arbeitsdeck, den Landratten auch Decksboden nennen. Das Deck besteht ebenfalls aus Stahl mit aufgeklebtem Teakholz. Letzteres hält normalerweise zehn Jahre, doch bei der BV2 sind es mittlerweile 30 Jahre. „Das Arbeitsdeck hat seine Lebensdauer dreifach überschritten“, rechnet Hübner vor. Er geht davon aus, dass die BV2-Crew und die Werft die eine oder andere Überraschung erleben werden. Was genau im Bereich des Arbeitsdecks vergammelt sei, lasse sich erst dann sehen, wenn das Teakholz entfernt worden sei, erklärt Hübner.

BV2-Geschäftsführer André Hübner.

André Hübner muss Geld für die Sanierung des BV2-Rumpfs besorgen. Foto: Ulf Buschmann

Erster Förderantrag gestellt

Für den Geschäftsführer der BV2-Betreibergesellschaft heißt es nun, das Geld für die Reparaturen zu besorgen. Alleine lasse sich das alles nicht stemmen. Hübner rechnet damit, dass die BV2 Logger Vegesack gGmbH über ihre Gesellschafter maximal 300.000 bis 400.000 Euro aufbringen kann. Ein erster Schritt ist bereits getan: Hübner beziehungsweise die Gesellschaft haben im Spätsommer einen Förderantrag bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Höhe von 60.000 Euro gestellt. Darüber entscheide die wissenschaftliche Kommission im Frühjahr 2022, erklärt Sprecher Thomas Mertz.t einzufügen

Die Geschichte der BV2

Die BV2 „Vegesack“ wurde 1895 auf dem Bremer Vulkan für die neue Bremen-Vegesacker Fischereigesellschaft gebaut. Sie ist als Gaffelketsch getakelt. Die Länge beträgt 35,4 Meter, die Breite 5,4 Meter. Der Tiefgang ist mit 2,50 Metern angegeben. Nach ihrem Leben als Logger wurde die „Vegesack“ 1921 zum Frachtsegler umgebaut, 1939 nach Schweden verkauft und dort 1979 wiederentdeckt und in Hamburg restauriert. Anschließend fuhr das Schiff zehn Jahre unter dem Namen „Nostra“, bevor es 1989 durch den Verein MTV Nautilus zurückgekauft wurde. Um die nun wieder in „Vegesack“ umbenannte BV2 betreiben zu können, wurde die Betreibergesellschaft gegründet. Mehr zum Thema Traditionsschiffe gibt es in diesem Beitrag.

Menschen auf dem Heringslogger BV2 an einem Anleger

Die BV2 am Anleger in Vegesack kurz vor dem Auslaufen zu einem Flusstörn. Das Schiff versteht sich als Botschafterin der Region. Foto: Ulf Buschmann

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