Land in Sicht

Das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven hat mit Professor Dr. Ruth Schilling eine neue kommissarische Chefin. Sie und ihr Team arbeiten an der Zukunft. Noch bis zum 31. Juli sind die Sonderausstellung „CHANGE NOW – Schiffe verändern die Welt“ und die Fotoschau „INTO THE ICE – Die MOSAiC-Expedition in Bildern“ zu sehen.

Von Ulf Buschmann

Die Funktionsweise eines Raddampfers mit einer Dampfmaschine anschauen, das Modell eines U-Boots betrachten und natürlich im Keller Modellboot fahren. Das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) in Bremerhaven war einmal ein Besuchermagnet. Doch in den vergangenen Jahren hat die Einrichtung viel von ihrem Charme verloren. Der Lack ist im wahrsten Sinne des Wortes ab, der vom Architekten Hans Scharoun entworfene Bau sieht aktuell ziemlich runtergerockt aus.

In ebenso wenig erquicklichem Zustand ist der Großteil der Museumsflotte. Das Feuerschiff Elbe 3 „Bürgermeister Abendroth“ darf schon seit Jahren nicht mehr betreten werden. Auch der Walfänger „Rau IX“ und der dahinter versteckt liegende Binnenschlepper „Helmut“ scheinen zumindest teilweise vor allem vom Rost zusammengehalten zu werden. Vom vor einigen Jahren abgebrannten ehemaligen Frachtsegler „Seute Deern“ ist nichts mehr übrig – ihre Reste wurden vor Ort im Becken des Alten Hafens abgewrackt.

Eine neue Leiterin

Und als ob das nicht genug sei, kam Ende 2021 ein interner Bericht an die Öffentlichkeit. Danach soll es diverse Mängel beim Personal geben. Die Krönung des Ganzen: Museumsdirektorin Sunhild Kleingärtner hat gekündigt. Ende Juni scheidet sie aus – offiziell, denn faktisch ist Kleingärtner längst weg. Und das seit Beginn des Jahres.

Dafür gibt es eine Neue: Professor Dr. Ruth Schilling ist zumindest bis Juli kommissarische Leiterin des DSM. Die Wissenschaftlerin richtet den Blick nach vorne – vor allem auf 2024. In rund zwei Jahren startet die sogenannte Evaluierung des DSM. Diese entscheidet, ob es Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft bleibt und somit von dort Geld bekommt. Schilling ist guter Dinge, dass die Bremerhavener es schaffen. „Es ist ein ganz, ganz starkes Haus“, sagt sie.

Ein Feuerschiff an seinem Liegeplatz.

Für das Feuerschiff Elbe 3 „Bürgermeister Abendroth“ gibt es 1,1 Millionen Euro Projektmittel. Foto: Ulf Buschmann

1,1 Millionen für Elbe 3

Diese Worte sind nicht bloß ein Wunsch, sondern sind sogar mit Geld hinterlegt. Das gibt es unter anderem für das Feuerschiff Elbe 3 „Bürgermeister Abendroth“. Lars Kröger, Projektleiter Museumshafen beim DSM, freut sich über eine einmalige Projektförderung des Bundes in Höhe von 1,1 Millionen Euro für Elbe 3. Davon können nach Angaben von Kröger Stahlbau- und Konservierungsarbeiten bezahlt werden. Die Nietverbindungen des Schiffs seien bereits untersucht worden, dort sei so weit alles in Ordnung. „Es sieht besser aus als erwartet“, freut sich Kröger.

Auch an anderer Stelle ist zumindest für die kommenden zwei Jahre Geld in der Kasse. Nach jahrelanger Diskussion hat das Land Bremen einsehen müssen, dass der Bund zum Erhalt der Museumsflotte wegen fehlender Zuständigkeit kein Geld überweist. Also ist das kleinste Bundesland selbst gefordert: Rund 600.000 Euro sind für den Erhalt der Flotte vorgesehen. Die Summe teilen sich das Land Bremen zu jeweils zwei Dritteln und die Stadt Bremerhaven zu einem Drittel. Sobald das Geld nach der Verabschiedung des Landeshaushalts und des Bremerhavener Stadthaushalts zur Verfügung steht, gehen der Walfänger „Rau IX“ sowie der Binnenschlepper „Helmut“ gemeinsam ins Dock.

Ein Walfangschiff und ein Binnenschlepper liegen im Hafen.

Die „Rau IX“ und „Helmut gehen zusammen ins Dock. Foto: Ulf Buschmann

600.000 Grundfinanzierung

Dass 600.000 Euro je Haushaltsjahr nicht viel Geld sind, darüber sind sich Kröger und seine neue Chefin im Klaren. Aber beide sind davon überzeugt, dass das DSM mit seinem Gesamtetat von rund 4,6 Millionen Euro diese und zahlreiche weitere Klippen recht gut bewältigen kann. Mit 600.000 Euro lasse sich immerhin schon einmal was an den Schiffen machen, vergleicht Schilling die Lage einst und jetzt. Das Geld vom Land Bremen und der Stadt Bremerhaven diene gleichwohl lediglich der „Grundfinanzierung“, um die Flotte zu erhalten. Für große Reparaturen müsse das Schifffahrtsmuseum weitere Töpfe zur Finanzierung anzapfen.

Dafür dürfte das Team in der Zukunft einiges an Energie aufwenden. Hintergrund: Die Schiffe beziehungsweise der Museumshafen sollen so etwas wie ein zentraler Bereich des Museums gleich hinterm Weserdeich sein – für Schilling sind sie „emotionale Objekte“. Diese sollen unter anderem mit einer zentralen Aktionsfläche zwischen dem Museumshafen und dem Scharoun-Bau eingerahmt werden. Das Vorhaben trägt den Arbeitstitel „Portcenter“. Die Idee dahinter laut Schilling: „Wir möchten Themen des Hafens aufgreifen.“

Ruth Schilling ist kommissarische Leiterin des Deutschen Schifffahrtsmuseums.

Ruth Schilling ist kommissarische Leiterin des Deutschen Schifffahrtsmuseums. Foto: DSM

Was die neue Chefin überdies in die Zukunft blicken lässt, ist der Umstand, dass „viel hinter den Kulissen geschieht“ – Stichwort „Digitalisierung“. Eines der großen Vorhaben in diesem Zusammenhang ist die Aufarbeitung der Sammlung des Norddeutschen Lloyd (NDL). Die komplette Baumaßnahme „Neugestaltung DSM“ wurde bislang noch mit 42 Millionen Euro veranschlagt. Schilling geht aber aufgrund der gestiegenen Baupreise von erheblich höheren Kosten aus. Diese werden zurzeit ermittelt. Unabhängig vom Geld appelliert die neue Chefin, das Museum mehr als bislang in die Stadtgesellschaft einzubetten.

Der Scharou-Bau des Deutschen Schifffahrtsmuseums.

Der Scharoun-Bau ist stark sanierungsbedürftig. Foto: Ulf Buschmann

Aktuelle Ausstellungen

Noch bis zum 31. Juli sind im sogenannten Bangert-Bau des Deutschen Schifffahrtsmuseums die Ausstellungen„CHANGE NOW! Schiffe verändern die Welt“ und die Fotoschau „INTO THE ICE – Die MOSAiC-Expedition in Bildern“ zu sehen. Auch die Schau „KARTEN WISSEN MEER – Globalisierung vom Wasser aus“ wird dort bis zum 24. April gezeigt.

Welche Bedeutung hat die Schifffahrt für unser Leben? Welche Rolle spielte sie in historischen Entwicklungen? Welchen Einfluss übt sie auf die Globalisierung aus? Diese und andere Fragen sollen die beiden Ausstellungen laut Mitteilung des Schifffahrtsmuseums beantworten. Das größte Ökosystem der Erde sei in Gefahr, heißt es. Und: „CHANGE NOW macht spürbar, wie erhitzt und erschöpft die Meere sind. Die Übernutzung durch den Menschen und der Klimawandel machen den Ozeanen schwer zu schaffen. Gerät das Meer aus dem Gleichgewicht, bedeutet das auch Gefahr für das Leben an Land.“
Als Forschungsmuseum wolle das DSM auf den Meeres- und Klimawandel sowie die Globalisierungsprozesse hinweisen, denn die Folgen sind für alle bereits jetzt spürbar. Schiffe beschleunigen diesen Wandel, helfen aber auch, ihn aufzuhalten. Dank der Forschungsschifffahrt gelangten Wissenschaftler in die Polarregionen und zu abgelegenen Gebieten in Übersee und sammeln wichtige Daten, über die sich der Klimawandel und die globale Erwärmung besser verstehen lassen.

Wegen der anstehenden Sanierung des Erweiterungsbaues, erfolge der Besuch in einem geführten Rundgang, teilt das DSM weiter mit. Besuchstermine gibt es jeweils donnerstags, samstags und sonntags, in den Ferienwochen und an Feiertagen gebe es täglich Termine für Rundgänge. Interessierte können sich vorab online zum Preis von sechs Euro (ermäßigt drei Euro) ein Zeitfensterticket buchen.

Das Deutsche Schifffahrtsmuseum

  • Eröffnung: 1975, aktuell eines von acht Forschungsmuseen der Leibnitz-Gemeinschaft
  • Besucher: 2020 – 53.348, 2021 – 23.599, 2022 – wg. Pandemie schwierig, angepeilt ist die Marke von 2020
  • Überdachte Ausstellungsfläche: rund 8.000 Quadratmeter
  • Neugestaltung DSM: Bangert-Bau (Fortführung ab Sommer 2022, geplante Fertigstellung Sommer 2023), Scharoun-Bau (geplante Auftragsvergabe erstes Quartal 2022), Koggehalle (Eröffnung neuer Ausstellung 2017, 2019 Sanierung museumspädagogischer Räume und Büros), Forschungsdepot (Gebäudeübergabe Mai 2021; 2.300 Quadratmeter Fläche für rund 380.000 Archivalien und 60.000 Museumsobjekte)

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