In einer losen Serie stellen die Reporter der Nord West Reportagen ihre Lieblingsplätze vor. Heute ist unsere Videojournalistin Anuschka Bacic an der Reihe.

Ich bin Jahrgang 1987 und im Klinikum Bremen-Mitte an der St. Jürgenstraße geboren. Mit sechs Jahren ging es für mich zum ersten Mal mit meiner Mutter ins Bremer Weserstadion (seit 2019 korrekt: wohninvest Weserstadion). Meine Mutter war so fußballverrückt, dass sie mich sogar am letzten offiziellen Trainingstag von Otto Rehhagel früher aus der Schule holte, damit wir noch ein letztes gemeinsames Foto mit der Trainerlegende ‚König Otto von der Weser‘ machen konnten.

Anuschka mit 7 Jahren mit Otto Rehhagel, Trainer beim SV Werder Bremen 1981-1995

Meine ersten 21 Jahre wohnte ich „Vor dem Steintor 216/18“ und danach noch etwa zwei Jahre „Vor dem Steintor 200“. Ich bin sehr multikulturell aufgewachsen und spielte auch schon als kleines Mädchen gerne Theater bis zur Zeit an der Universität Bremen, unter anderem beim Bremer Welttheater 

Das erste Geld verdiente ich logischerweise auch im Bremer Viertel. Als Schülerin im Laden „Kraft-Stoff“. Die Männer dachten dabei immer zunächst an eine Tankstelle oder ein Autohaus, doch die richtige Antwort ist, dass dies ein Kurzwarenladen mit Knöpfen, Wolle, Reißverschlüssen und Stoffen war und auch noch heute ist. Hier wurde ich etwas mit dem Einzelhandel vertraut und hatte manch knifflige Aufgaben, in denen es zum Beispiel darum ging, Knöpfe zu sortieren. Fast wie Aschenputtel. Die heterogenen Bewohner des Bremer Viertels spiegelten sich auch in dieser Kundschaft wieder und kein Nachmittag glich dem anderen.

Anuschka mit circa 15 Jahren. Im Bremer Viertel gibt es einige Graffiti-Künstler.

Kellnern für den Führerschein

Mit dem Beginn meines Studiums begann auch meine Zeit als Kellnerin. Zum Glück musste ich an der Bremer Uni keine Studiengebühren bezahlen, dennoch finanzierte ich damit andere Ausgaben aus meinem Studium und auch meinen Führerschein, den ich erst mit 21 Jahren machte. Warum auch? Im Bremer Viertel fährt man schließlich Fahrrad oder Straßenbahn. Doch zurück zu meinem Kellnerjob: An das „Bistro Rotkäppchen“ erinnert heute leider nichts mehr, außer eine freie Fläche. Fast drei Jahre lang verdiente ich mir dort etwas dazu und war oft beim Frühstücksbuffet eingeteilt. Vor allem an einen Mann denke ich manchmal nach wie vor: Er trank sehr gerne eine Tasse Tee bei uns im Wintergarten – immer am gleichen Platz. War dieser Tisch einmal nicht frei, wenn er kam, sah man förmlich die Enttäuschung in seinem Gesicht und den Stress, sich einen anderen Platz suchen zu müssen. Bei der Rechnung in Höhe von 1,80 Euro gab er immer ein 2-Eurostück mit den Worten: „10 Cent zurück, bitte.“

Ich bin gerne im Bremer Viertel aufgewachsen und profitiere noch heute von der Menschenkenntnis und all den Erfahrungen. Gerne filmte ich nun dort ein paar Aufnahmen für die Nordwest Reportagen:

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