Kreuzfahrtfotograf auf Zeit

Ein traumhaft schöner Nebenjob: Frank Schaub gibt Fotokurse auf Kreuzfahrtschiffen. Der 54-Jährige hat schon acht Reisen hinter sich und sieht sich als „Hybrid zwischen Crewmitglied und Gast“.

Von Frank Schümann

„Da kann ich nicht, da bin ich auf Kreuzfahrt!“ Wer Frank Schaub fragt, ob er an diesem oder jenem Termin Zeit hat, muss immer damit rechnen, so eine Antwort zu erhalten. Seit er 2017 erstmals an Bord eines Kreuzfahrtschiffes war, ist er regelrecht infiziert – „es ist wie eine Sucht“, sagt er. Insgesamt acht Mal war er seither auf hoher See, und für die kommenden Jahre stehen erneut tolle Reisen an. Nicht als normaler Gast übrigens, sondern als eine Art Bordfotograf: Schaub ist als so genannter Lektor dabei, gibt an den landfreien Tagen auf dem Schiff Fotokurse.

Ein Tourist steht mit der Kamera in der Hand vor einer Statue.

Ein Vielreisender in seinem Element – und mögliche Motive immer im Blick: Frank Schaub, hier im englischen Portsmouth. Foto: Ulli Möllmann

Der besondere Blick

Er liebt es, an Bord mit der Kamera zu agieren – hier ein neues Detail zu entdecken, dort mit einem bestimmten Licht zu arbeiten; oft im Dialog mit den Passagieren, die ihn häufig ansprechen. Das gilt natürlich auch für die Landausflüge, auf denen er ebenfalls mit den Gästen arbeitet – das müsste er gar nicht, macht es aber gerne. Denn: „Ich hab‘ da einfach Bock drauf!“

Ein Fotograf steht am Meer vor dem kristallklaren Wasser.

Warum nicht in die Ferne schweifen – hier im besonders schönen Ambiente: Kreuzfahrtfotograf Schaub auf den Seychellen. Foto: privat

Sinnliche Eindrücke sammeln

Wie fing das eigentlich an – wie wird man Foto-Lektor auf Kreuzfahrtschiffen? Er sei zu dieser Zeit mit sich selbst unzufrieden gewesen, habe „irgendwie im eigenen Saft geschmort“ und unbedingt neuen Input gebraucht, berichtet der 54-jährige. Als es um die Frage ging, wie der nächste Urlaub zu verbringen sei, war ihm klar: „Ich will nichts organisieren müssen, das mache ich sonst schon immer, ich will nichts entscheiden müssen, ich will einfach sinnliche Eindrücke sammeln – und dabei Fotos machen.“ Denn für ihn, so Schaub weiter, gehöre das Fotografieren dazu, um einen Ort wahrzunehmen.

Ein Fotograf macht eine Foto von einer Bananenstaude.

Ob nah oder fern – Schaub hat seine Kamera immer dabei, hier auf der Insel Gan, der südlichsten Insel der Malediven. Foto: privat

Vorträge an den Seetagen

Insofern, das sei ihm schnell klargeworden, sei die Kreuzfahrt „die ideale Reiseform für mich“. Und sofort setzte der gedankliche Prozess wieder ein: Warum eigentlich nur im Urlaub, geht da vielleicht noch mehr? Über einen Bekannten, der einige Jahre zur See gefahren war, kam er auf das Unternehmen Phönix Reisen – ein Familienunternehmen mit Sitz in Bonn, das 1973 gegründet wurde und gegenwärtig vier Hochsee-Kreuzfahrtschiffe in seiner Flotte hat. In dem Bewusstsein, dass das Unternehmen über die Showanteile hinaus gerne Referenten mitnimmt, um den Kreuzfahrtpassagieren auch an den reinen Seetagen etwas zu bieten, bewarb er sich, mit dem Schwerpunkt auf pädagogischer Arbeit, als Dozent für Fotografie – auch in dem Bewusstsein und mit der Vorgeschichte, früher viele Jahre lang mediale Jugend- und Erwachsenenbildung gemacht zu haben.

Ein Strand mit Meerblick.

Wenn Bilder für sich selbst sprechen: Schaub hatte auf seinen Reisen viele dieser Motive vor der Kamera. Foto: Frank Schaub

Nord- und Ostsee als Einstieg

Es dauerte ein Jahr, bis er etwas hörte – „ich hatte die Hoffnung eigentlich schon aufgegeben“, sagt Schaub. Dann aber kam der Anruf, verbunden mit der Frage, „ob ich Lust auf eine Kreuzfahrt hätte“ – klar hatte ich, lacht Schaub. Es folgten zehn Tage Nord- und Ostsee auf der Albatros. Das war im Juni 2017 – im Gegensatz zu späteren Fahrten fuhr er dieses Mal ohne Begleitung, „ich wollte erst einmal ausprobieren, wie es sich anfühlt, ob es wirklich etwas für mich ist und ob ich auch die Aufgabe gut erfülle.“ Pikanterie am Rande: Als der Anruf kam, war der Grund der Anfrage eigentlich obsolet, sagt Schaub: Er hatte eine neue berufliche Herausforderung gefunden, sei wieder absolut zufrieden gewesen – die Reise nahm er natürlich trotzdem gerne mit.

Eine Eislandschaft an der Küste von Spitzbergen.

Gewaltig – und gewaltig nah: Eine Eiswand bei Spitzbergen. Foto: Frank Schaub

Norwegen-Reisen folgten

Und sie sollte erst der Anfang sein: Natürlich hatte Frank Schaub auf dieser ersten Kreuzfahrt richtig Feuer gefangen, und natürlich klappte es auch prima mit den Fotokursen – die Gäste waren zufrieden, der Fotograf, der in Bremen mittlerweile eine Stelle als Grafiker bei einer Vertriebs- und Marketing- Agentur angenommen hatte, war es auch. Und hatte sofort Lust auf die nächste Reise. Die sollte dann auch nicht lange auf sich warten lassen und folgte schon im September 2017. Diesmal ging es nach Norwegen, auf zwei weiteren Reisen zwei Jahre später ebenfalls – da ging Schaub auf den Kreuzfahrtschiffen schon fast als alter Hase durch. Dann allerdings kam Corona. Die Artania – eines der vier Kreuzfahrtschiffe der Phönix-Flotte – war das letzte, was unterwegs war. Als die Pandemie ausbrach, war die Artania in Sidney – in diesem Fall (zum Glück) ohne Schaub. „Eine Weltreise wäre für mich als Lektor auch gar nicht buchbar“, lacht der Fotograf.

Ein Reiher in Nahaufnahme vor dem offenen Meer.

Traumhafte Motive en masse – aber solche Bilder muss man erst einmal hinbekommen, hier wieder auf den Seychellen. Foto: Frank Schaub

Kreuzfahrt-Pause durch Corona

An der Pandemie lag es auch, dass der Fotograf erst einmal Pause machen musste mit den Kreuzfahrten. Als die Schiffe wieder fahren durften, dauerte es aber auch nicht lange, bis bei ihm wieder das Telefon klingelte – im Mai 2022 folgten dann sogleich zwei Kreuzfahrten, eine wieder nach Norwegen, auf die er seinen Sohn mitnahm, und eine zweite den Ärmelkanal entlang. Hier durfte ihn ein Geschäftsfreund begleiten.

Ein Kreuzfahrtschiff steuert auf die untergehende Sonne zu.

Ein Traum: die Schiffsreise mit Sonnenuntergang. Foto: Frank Schaub

Austausch ist wichtig

Die Vorträge, in denen er sein Foto-Wissen weitergab, waren von Mal zu Mal besser besucht, als Folge seines guten Rufs bei den Gästen – „einmal habe ich sogar das Kino gesprengt und musste für die weiteren Vorträge in die Showlounge umziehen“, freut sich der Lektor. Seine Themen sind die klassische Reisefotografie, die Handyfotografie oder die Nachbearbeitung von Bildern – daneben erklärt er auch den Aufbau von Fotobüchern und gibt Tipps dafür, was man mit den fertigen Bildern so alles anstellen kann. Als eine Art Zugabe hat er es sich zuletzt angewöhnt, seine Lieblingsbilder zu zeigen, die seit dem letzten Vortrag entstanden sind – „das regt den Austausch an, vor allem aber die Fantasie und die Motivation der Gäste“, so der Fotograf. Am schönsten sei es für ihn ohnehin, wenn die Gäste zu ihm kommen und ihm ihre Lieblingsbilder zeigen – vor allem, wenn sie noch besser sind als seine! Von Neid keine Spur, im Gegenteil: „Wenn Dir Gäste im Nachhinein sagen, dass es eine tolle Sache war, ist es traumhaft. Wenn sie sogar bessere Bilder machen als ich, ist es das Allergrößte – etwas Besseres kann mir doch gar nicht passieren“, versichert er glaubhaft.

Eine kleine Insel auf den Seychellen.

Motive wie gemalt: Auch dieses Bild stammt von der Kreuzfahrt zu den Seychellen. Foto: Frank Schaub

„…ist frei, kannste haben“

Die erste „ernsthafte“ Kreuzfahrt sei im Übrigen seine Reise Nummer sieben gewesen, die ihn im Juni 2022 nach Island, Spitzbergen, zum Nordkap und an die Lofoten führte – mit einer Länge von 18 Tagen; die vorherigen Reisen waren kaum länger als eine Woche gewesen. „Das ist eine andere Nummer, wenn Du so lange auf See bist“, sagt Schaub: „Aber lange Reisen sind toll, noch besser als die kurzen.“ Häufig dabei war seine Frau, die irgendwann auch einmal den Wunsch geäußert habe, mal in die Sonne zu wollen – gesagt, getan. Oder besser: Gefragt, getan. So sei er ohne große Erwartungen in das nächste Telefonat gegangen, in dem es zu seiner Überraschung hieß: „Du willst in die Sonne? Okay, Artania 330 ist frei. Kannste haben!“

Eine Insel im Nebel.

Das Land hinter dem Nebel. Foto: Frank Schaub

Traumreise auf die Malediven

Klar sei das auch Ausdruck der Wertschätzung seiner Person gewesen, freut sich der Fotograf, der sich im Februar 2023 auf eine ganz besondere Reise begab: Mit dem Flugzeug ging es von Hamburg nach Dubai, von da weiter nach Colombo, dann aufs Schiff. Nach zwei Tagen in Colombo ging es aufs Meer und weiter auf die Malediven – „ein echter Traum“, so der Vielreisende.

Ein Wal taucht. Man sieht nur noch die Fluke.

Es geht fast immer um den richtigen Moment: Ein Wal vor Island. Foto: Frank Schaub

Das Honorar sind die Reisen

Für Schaub und seine Frau Sandra bedeutete das in vielerlei Hinsicht Neuland: Zum ersten Mal außerhalb Europas, zum ersten Mal nicht von Bremerhaven aus – und die bislang längste Reise war es bis dato auch. Bei einer Reise von 18 Tagen gibt es fünf bis sechs reine Seetage, an denen Schaub zu einem Vortrag vertraglich verpflichtet ist – er macht aber gerne mehr, siehe oben. Sein Honorar besteht im Übrigen in den Reisen an sich, die ihn nichts kosten; die Person, die ihn begleitet, kommt zudem zu deutlich besseren Konditionen mit. Schaub zahlt das gerne mit Einsatz zurück: „Ich bin sehr dankbar, dass ich diese Reisen erleben darf.“

Manchmal muss ich mich kneifen, dass ich das alles wirklich erlebe!

So ganz trennen lassen sich die Vertragsverpflichtungen vom Privaten ohnehin nicht, denn: „Für die Reisenden bin ich Teil der Crew, und wenn mich jemand außerhalb der Vorträge etwas fragt oder einen Tipp zum Fotografieren haben will, dann komme ich dem natürlich nach.“ Ansonsten verhalte er sich wie ein normaler Gast. Im Grunde sei er aber ein Hybrid zwischen einem Gast und einem Crewmitglied; eine Rolle, mit der er wunderbar zurecht kommt.

Sonnenuntergang über dem Meer.

Abendstimmung im Indischen Ozean. Foto: Frank Schaub

Die schönste Reise?

Welches die bislang schönste Reise war, kann er gar nicht genau sagen: „Die letzte Reise habe ich noch gar nicht verdaut – das war so unendlich viel an Eindrücken, das war fast wie ein Kulturschock.“ Aber seine Lieblingsreise sei wahrscheinlich die siebente gewesen, die nach Spitzbergen: „Ich bin eben ein nordischer Mensch“. Und es wird weitergehen mit den Reisen – für die Jahre 2024 und 2025 stehen auch die Ziele schon fest: Nächstes Jahr geht’s in Richtung Panama-Kanal, das Jahr drauf nach Neuseeland. „Ein absoluter Hammer und eine Reise, die nochmal einen draufsetzt“, so Schaub: „Manchmal muss ich mich kneifen, dass ich das alles wirklich erlebe!“

Kreuzfahrtserie

Folgende Beiträge zum Thema sind bislang veröffentlicht:

Teil 1: Unsere Kreuzfahrtgeschichten

Teil 2: Arbeiten im Kidsclub

Teil 3: Seereise ins ewige Eis I

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