(Update) Abenteuer auf See: Kreuzfahrt ins ewige Eis in der Antarktis
Thorsten Castle hat das ewige Eis der Antarktis samt Pinguinen besucht. Doch seine Kreuzfahrt mit Hurtigruten heißt Seereise.
Von Andree Wächter
Wenn Sie Teil 1 schon gelesen haben, dann können Sie hier direkt zur Fortsetzung springen.
Teil 1: Mit der Antarktis verbinden viele Menschen den Südpol, Pinguine und vielleicht noch die Forschungsstation Neumayer III des Alfred-Wegener-Instituts. Also eher ein Ort für Wissenschaftler statt für Urlauber und Touristen. Doch der Norwegen Spezialist Hurtigruten bieten eine Expeditions-Seereise ins ewige Eis an.
Für viele Kreuzfahrt-Enthusiasten gehört eine solche Reise zu den absoluten Höhepunkten. Denn neben dem Schiff tauchen auf einmal Wale auf. Die Meeressäuger stoßen eine riesige Wasserfontäne aus ihrem Atemloch. Hinter den Walen sehen die Reisenden die großen Eisflächen vor blauem Himmel. Es ist ein anderes Panorama als man es für gewöhnlich von Kreuzfahrten kennt.
Die Reise ans Ende der Welt unternahm der Erfahrene Kreuzfahrt-Tourist Thorsten Castle. Während er sonst das Mittelmeer und die Karibik favorisiert, ging es im Februar in eine völlig andere Richtung.
Bevor es auf das Expeditionsschiff Fridtjof Nansen von Hurtigruten in Richtung Antarktis ging, stand von Europa aus eine zwölf Stunden lange Anreise auf der Agenda. Das erste Ziel war das Gegenteil von der Antarktis – es ging ins 28 Grad warme Buenos Aires nach Argentinien. Der Zwischenstopp lud ein zu einem kurzen Stadtbummel.
Erst Touristen-Magnet La Boca – dann in die Antarktis
„La Boca ist natürlich ein absoluter Touristen-Magnet: Die bunten Häuser, die Lebensfreude, die Restaurants, die Tango Shows und die Bars. Alles macht richtig Freude, und das natürlich in unmittelbarer Nähe zum weltberühmten Stadion der Boca Juniors“, sagt Thorsten Castle. Ein original argentinisches Steak rundete den Tag ab. Am Abend trafen sich alle „Kreuzfahrt“-Teilnehmer zum Briefing. Castle: „Wo und wann startet der Charterflug am nächsten Tag, war eine der vielen Infos.“
Von Buenos Aires ging es früh morgens in Richtung Feuerland. Ziel war der Flughafen von Ushuaia, der südlichsten Stadt Südamerikas. 3,5 Stunden saß die Reisegruppe im Flieger. „Im Hafen von Ushuaia lag schon die Fridtjof Nansen“, sagt Thorsten Castle. Nach einem kurzen Stadtbummel konnten die Passagiere am Nachmittag einchecken. Um 19 Uhr begann dann das Abenteuer Antarktis.
Kreuzfahrt ins ewige Eis in der Antarktis
Nach dem Verlassen des Hafens fuhr das Schiff zwei Tage in Richtung Südpolar-Kreis und Antarktis. Konkret ging es durch die Drake-Passage. Castle: „Wir mussten uns auf ungemütliches Wetter einstellen. Wind und bis zu acht Meter hohe Wellen kündigte der Wetterbericht an.“ Dort treffen drei Ozeane zusammen und dementsprechend sind die Wellenverhältnisse meist rau. Das Gute an dem ungemütlichen Wetter: „Ich liebe die Kabinen der Fridtjof Nansen. Ausreichend Platz und irrsinnig gemütlich. Hier fühlt man sich zu Hause“, sagt der Kreuzfahrt-Experte.
Zum Glück lagen die Meteorologen daneben. „Das Meer zeigte sich von seiner ruhigen Seite“, so Thorsten Castle. Und weiter: „Das Schiff schaukelte uns sanft hin und her. Wenn es runter ging, fühlte man sich, als ob man fliegt, bevor man sich beim nächsten Raufgehen fühlte, wie eine Tonne, weil das Körpergewicht in den Boden gedrückt wurde.“
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Während der zweitägigen Durchquerung der Drake-Passage wurden die Männer und Frauen vom Expeditionsteam umfassend auf die vor ihnen liegende Expedition in die Antarktis vorbereitet. Dazu gehörte das Aushändigen der Guidelines für die Landgänge und das Abholen von warmen Gummistiefeln. Damit man für den Ernstfall auf See vorbereitet ist. Ganz wichtig war das „Saugen“ von Kleidung und Ausrüstung. Der Grund: So soll verhindert werden, dass Samen in die Antarktis eingeschleppt werden und so die Tier- und Pflanzenwelt aus dem Gleichgewicht kommt.
Ein weites Highlight ist die Polarkreistaufe. Dabei finden die unterschiedlichsten Flüssigkeiten Anwendung, wobei Wasser und Sekt die bevorzugten „Zutaten“ waren. Für Thorsten Castle war es bereits die zweite Taufe. Beim Überqueren des nördlichen Polarkreises, wurde der Bayer bereits getauft.
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Teil 2: Abenteuer auf See – Kreuzfahrt ins ewige Eis in der Antarktis
Zu viel Wind verhinderte das Ansteuern des Ziels Detaille Island. Castle: „Der Kapitän navigierte uns weiter in eine Bucht, die windgeschützter sein sollte, aber auch dort Fehlanzeige: Keiner verlässt das Schiff aufgrund der unruhigen See. Also ging es weiter, bis der Kapitän dann doch noch eine geschütztere Bucht finden konnte. Tage später hat er mir verraten, dass diese Bucht auf Karten noch nicht abschließend erfasst ist und er mit voller Brückenbesetzung und mit Hilfe von Sonar unterwegs war.“
Mit Schlauchbooten, den Zodiacs, gab es am Abend dann noch eine Ausfahrt. Die Besatzungen kamen pitschnass wieder an Bord, aber sie hatten Pinguine gesehen, und dies an Tag 8.
Tag 9 war geprägt von einem Landgang und einer weiteren Bootsfahrt. „Vom Schiff aus schauten wir auf riesige Gletscher und hohe Berge ringsherum. Der flache Teil der Insel Porquois Pas, an dem wir anlanden wollten, sah recht klein und unspektakulär aus“, so der Inhaber von Onboardradio. Dort trafen die Männer und Frauen auf die erste Pinguin-Kolonie an Land. Nach rund 90 Minuten erfolgte ein Gruppenwechsel, denn nach den Richtlinien sind an Land nur maximal 100 Personen gleichzeitig erlaubt.
Am Nachmittag ging es wieder mit den Schlauchbooten raus. „Auf dieser Ausfahrt haben wir einige Robben gesichtet, manche davon im Wasser, andere auf einer Eisscholle. By the way: Sobald es ruhig geworden ist, hörte man ein Knacken aus dem Eis. Die Erklärung: Durch das Tauen des Eises im Meer wurden immer wieder Luftbläschen frei und das hörte man.“
An Tag 10 steuerte die Fridtjof Nansen Horseshoe Island an. Die Insel liegt vor der Fallières-Küste des Grahamlands auf der Antarktischen Halbinsel.
Seereise: Schneesturmvögel in der Antarktis
Am 11. Tag ging es weiter entlang der Küste in den Neny-Fjord. Ein weiteres Highlight war die Sichtung von Schneesturmvögeln. Am selben Tag ging es noch auf die Insel Stonnington Island. Sie wurde als Standort für das östliche Basislager (East Base) der United States Antarctic Service Expedition (1939–1941) gewählt.
Die amerikanische Station kann man noch besichtigen und sich dort ins Gästebuch eintragen. Zu der historischen Stätte gehört sogar ein alter amerikanischer Panzer. „Aber das mit Abstand beeindruckendste Schauspiel bot uns der Gletscher. Von der Insel aus blickte man direkt auf die Gletscherausläufer und man konnte das sogenannte Kalben (Eisbrocken, die sich lösen) sehen und auch hören. Das Donnern, wenn sich ein Eisblock löste und ins Wasser stürzte, werden wir wohl lange nicht vergessen“, erinnert sich der TV-Moderator.
Tag 12 hätte die Überschrift tragen können: Ziel erreicht. Es wurde zum ersten Mal die Antarktis betreten – vorher waren es „nur“ Inseln. Der Red-Rock-Ridge ist ein felsiger und auffällig rotgefärbter Gebirgskamm. Dort angekommen begrüßte die Tierwelt die Gäste: Robben, Seelöwen, Sturmvögel und eine Kolonie Adele-Pinguine. „Wie immer hatte das Expeditionsteam uns einen kleinen Fußmarsch ausgesteckt, damit wir die Tiere nicht stören.“
Tag 13 bedeutete das Verlassen der Red-Rock-Ridge. Zur Verabschiedung kamen Buckelwale. Einige Stunden später erreichte die Reisegruppe „The Gullet“. Es ist eine Wasserstraße. Rechts und links waren riesige Gletscher und die von ihnen gelösten Eisberge waren nah am Schiff.
Der Tag endete mit einer Schlauchboottour. Castle: „Die gesamte Bucht vor den Fish Islands war bedeckt mit losem Eis. Dort konnten die Schlauchboote gerade so durchfahren. Ein paar kleine Kollisionen mit dem Eis ließen sich zwar nicht verhindern, aber der Fahrer erklärte uns, dass das den Schlauchbooten nichts ausmacht.“
An Tag 14 ging es Richtung Winter Island. Sie ist eine Insel vor der Westküste der antarktischen Halbinsel und dort gibt es Forschungsstationen. In Anschluss setzte die Fridtjof Nansen ihre Fahrt fort, um sie dann wieder zu unterbrechen. Es sollten sich Buckelwale neben dem Schiff befinden.
Pinguine, Seebären und Buckelwale in der Antarktis
„Ja! Es waren mehrere Gruppen mit drei bis vier Tieren, die sich um uns tummelten. So nah, dass wir sie hören konnten. Zuerst die bis zu drei Meter hohen Wasserfontänen, dann die gigantischen Körper, die langsam auftauchten und schließlich die Schwanzflosse kurz vor dem Abtauchen. Zum ersten Mal sahen wir auch ihre Köpfe, wenn sie nach oben kamen, um Krill zu fressen“, sagte Thorsten Castle.
Tag 15 begann mit einem verregneten Ausflug nach Port Charcot. Dort traf die Reisegruppe wieder Pinguine und Seebären. Am Abend ging die Seereise weiter. „Zum ersten Mal wurden wir Zeuge davon, wie ein Eisberg zerbricht. Unter lautem Getöse drehte sich der Eisbrocken so lange, bis er eine neue stabile Lage gefunden hatte.“
Tag 16 führte die Teilnehmer nach Damoy Point. Auf den ersten Blick unscheinbar, doch hat dieser Ort ein paar versteckte Schätze, wie zum Beispiel zwei gut erhaltene Expeditionshütten. Eine ist bekannt als Damoy Hut. Sie wurde 1973 erbaut und vom British Antarctic Survey als Sommerlufteinrichtung und Personalumschlagstation bis 1993 genutzt.
Das Innere war in ausgezeichnetem Zustand und sah fast so aus, als könnte es sofort wieder in Betrieb genommen werden. An der Küchenwand hingen sogar noch Zinntassen, so als ob sie reisemüden Wissenschaftlern eine erholsame Tasse Tee bieten könnten.
Weiter ging es zum südlichsten Postamt der Welt nach Port Lockroy. Vier Frauen arbeiteten dort von November bis März und sortierten rund 77.000 Postkarten. Pro Saison bewerben sich mehr als 12.000 Personen auf den Job.
An Tag 17 führte die Reise zum Paradise Harbor und nach Danco Island. Dort waren die Pinguine so neugierig, dass sie sich nicht an die vorgeschriebenen fünf Meter Abstand gehalten haben.
Feeling: Schwimmen im Polarmeer der Antarktis
Schwimmen ist gesund – ein entsprechendes Angebot gab es an Tag 18. Castle: „Wer mochte, konnte ins Polarmeer steigen und eine Runde schwimmen. 1,5 Grad hatte das Wasser. Kein Neoprenanzug – nur die nackte Haut bei beißendem Wind. Erstaunlich, zu was man in der Lage ist, wenn der Kopf einem klar macht, dass man diese Chance wahrscheinlich nur einmal im Leben hat.
Am Ende spürte man keine Füße mehr, aber das Glücksgefühl war enorm. Belohnt wurde man abends auf der Kabine mit einem Diplom, das die exakten Koordinaten und äußeren Bedingungen bescheinigte.“
Tag 18: Der Abschied naht. Zum letzten Mal konnten die Reiseteilnehmer eine Zodiac-Tour zu einem Gletscher machen.
Tag 19: Es ging wieder in Richtung Ushuaia. Für die Reisenden standen Putzen und Rückgabe der Gummistiefel auf dem Plan. Ebenfalls mussten weitere geliehene Ausrüstungsgegenstände abgegeben werden.
Tag 20: Nach einer stürmischen Seefahrt erreicht die Fridtjof Nansen den Beagle Channel und Ushuaia. Von dort aus ging es mit dem Flieger weiter nach Buenos Aires und dann wieder Richtung Deutschland.
Über Hurtigruten
Bei Hurtigruten heißen die Reise per Schiff Seereisen und nicht Kreuzfahrt. Die Schiffe sind kleiner und jede Unterkunft ist komfortabel. Dazu verzichtet die Reederei auf jegliche Art von Massentourismus.