Bedrohte Pressefreiheit

Russland, Belarus, Afghanistan, Iran – Journalisten und Medienmacher aus diesen Ländern sind wegen fehlender Pressefreiheit geflohen. Ihre Arbeit im Exil stand beim 5. Exile Media Forum in Hamburg im Mittelpunkt.

Von Ulf Buschmann

Als die Taliban 2021 wieder an die Macht kamen, floh Lotfullah Najafizada aus Afghanistan. Männer wie der Journalist waren bei den Machthabern mit ihren radikal-islamischen Ansichten nicht gern gesehen. Heute lebt Najafizada in Kanada und betreibt mit Kollegen den Sender Amu TV. Ihr Ziel: die Menschen in ihrer Heimat über das Geschehen im Land und in der Welt zu informieren. Mit Amu TV versuchen Najafizada und seine Kollegen, der Propaganda der Taliban etwas entgegenzusetzen.

Darüber berichtete der mehrfach ausgezeichnete Medienmacher am Dienstag in seiner Keynote auf der 5. Internationalen Konferenz zum Exiljournalismus, dem Exile Media Forum, der Körber-Stiftung in Hamburg. Im Mittelpunkt standen die Arbeit und die Situation von Journalisten und Medienmachern – neben Afghanistan ging es vor allem um Russland, Belarus und den Iran. Mehr als 20 Referenten gaben praktische Tipps für die Arbeit, die Teilnehmer konnten sich vernetzen, austauschen und in verschiedenen sogenannten Panels diskutieren.

Der Journalist Lotfullah Najafizada musste Afghanistan 2021 verlassen. Beim Exile Media Forum hielt erdie Keynpote. Foto: Körber-Stiftung/Claudia Höhne

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Hals über Kopf das Land verlassen

Wenn Journalisten aufgrund staatlicher Bedrohung ihr Land verlassen müssen, steht das Leben plötzlich Kopf. Wohin gehe ich? Was wird aus meiner Familie? Wie arbeite ich? Was bringt die Zukunft? Wem es nicht gelingt, für ein Medium zu arbeiten, das ebenfalls ins Exil gegangen ist, dem bleibt oft nichts anderes übrig, als den Beruf zu wechseln. Davor sind auch zu Hause bekannte und kluge Köpfe nicht gefeit.

Davon berichtete unter anderem Aliaksandr Atroshchankau. Er ist Chefredakteur der 2016 gegründeten belarussischen Nachrichtenseite „Reform.by“. Nachdem er 2011 als Journalist über eine Demonstration berichtet hatte, wurde Atroshchankau zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Anschließend musste er das Land verlassen. „Ich habe fünf Jahre als Taxifahrer gearbeitet“, berichtete er in Hamburg über Situation nach der Ausreise. Atroshchankau lebt heute in Warschau.

Führt Belarus mit harter Hand und treibt Journalisten aus dem Land: Präsident Alexander Lukashenko. Foto: Pressestelle Präsident Belarus/CC-BY-SA 4.0

Journalismus im Exil: Partisanen und James Bond

Doch es sind nicht nur die persönlichen Lebensumstände, die das Leben für Journalisten im Exil zur Herausforderung machen. Moderatorin Tamina Kutscher brachte es in der ersten Diskussionsrunde mit dem Titel „Exiljournalismus aus Russland und Belarus“ für die Medien auf den Punkt: „Alle haben die gleichen Probleme: den Verlust der Leserschaft und die Technik.“ Allein in Russland seien 86 Medien betroffen, die dort aufgrund staatlicher Repressionen ihre Arbeit einstellen mussten.

Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine habe sich die Situation weiter verschärft, so Atroshchankau. Für Reform.by sei jeder Tag ein Kampf ums Überleben. Verschmitzt lächelnd schob er nach: „Wir sind wie ein Partisanenmedium.“ Seine beiden Kollegen auf dem Podium bestätigten dies. Ekaterina Glikman, in der Schweiz lebende Chefredakteurin der Zeitung „Novaya Gazeta Europe“, verglich den Journalismus in Russland Geheimagenten-Abenteuern à la James Bond: „Zensur ist Realität.“

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Der russische Präsident Wladimir Putin hat zahlreiche Medien verbieten lassen. Foto: Pixabay/Dimitro Sevastopol

Exiljournalismus mit Netzwerk

Ähnlich berichtete Anton Lysenkov, Chefredakteur des in Lettland ansässigen Nachrichtenportals „Spektr“. Zwar hätten er und sein Team Leute in Russland und der Ukraine, die vor Ort berichteten. Doch das sei noch lange keine Garantie dafür, dass „Spektr“ seine Leser erreiche. „Das ist technisch und psychologisch eine große Herausforderung“, sagte Lysenkov, „unsere Seiten wurden alleine in Russland viermal gesperrt.“

Gegen Zensur und Druck aus dem Kreml setzt „Spektr“ auf die Netzwerkarbeit. Dazu gehören laut Lysenko Blogger und verschiedene Telegram-Kanäle. Darüber würden die Veröffentlichungen gepusht. Es sei schwierig, aber Lysenkov, Glikman und Atroshchankau glauben, dass der Journalismus in Russland und Belarus überleben wird.

Russland-Belarus-Kreml-Freiheitsplatz-Moskau-Minsk

In Russland mit dem Kreml (links) und Belarus mit dem Freiheitsplatz in Minsk (rechts) könnte der Journalismus überleben. Fotos: A. Savin/WikiCommons/CC-BY-SA-3.0/Public Domain

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Exile Media Forum

Das Exile Media Forum ist Teil der 1. Hamburger Woche der Pressefreiheit. Diese ist auf Initiative der Körber-Stiftung und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius entstanden. Mehr über Belarus gibt auf Nord West Reportagen gibt es hier und hier.