Rock, Punk, Country

Zwischen Hannover und der Nordseeküste gibt es zahlreiche Festivals. Oft sind es kleine Events, die auf 2.000 bis 3.000 Zuschauer ausgelegt sind. Ohne ehrenamtliche Helferinnen und Helfer können sie nicht überleben. Die ganze Branche ächzt unter den gestiegenen Kosten. Trotzdem sind die Macher mit Herzblut dabei.

Von Ulf Buschmann

Gernot Bieber wollte schon immer etwas Open Air machen. „Ich komme eigentlich aus der Energiebranche und habe mich im Nahen Osten darum gekümmert, wo welcher Bohrturm hinkommt“, sagt er. Seine Zeit verbringt Bieber inzwischen lieber mit der Organisation von „Rock On Isens“, kurz R.O.I., in Butjadingen. Hardrock, Rock und Punk gibt es vom 3. bis 5. Juli auf die Ohren. Headliner in diesem Jahr sind Ohrenfeind aus Hamburg und die legendären Krautrocker Bonfire aus Ingolstadt.
Damit im wahrsten Sinne etwas über die Bühne geht, kommen Bieber nach eigener Aussage seine Erfahrungen in Sachen Bohrturmbau zugute. „Von der Organisation her ist das nicht anders“, weiß der Festivalorganisator. Ihm ist aber auch klar, dass das alles risikoreich ist. Deshalb hat Bieber mit seinen Partnern Frerk Francksen und Udo Harms die „R.O.I. Rock On Isens Festivalorganisation, Event+Promotion UG“ gegründet. UG steht für Unternehmergesellschaft und ist eine Sonderform der GmbH. Somit müssen die drei Partner nicht mit persönlich für eventuelle Verluste haften.

Roch On Isens-Festivals, Burhave-Bonfire

Rocken am 5. Juli in Burhave: Bonfire. Foto: Agentur

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In diesem Jahr gibt es die dritte Auflage von „Rock On Isens“. Rund 5.000 Quadratmeter ist das sogenannte Infield mit der Bühne groß. Hinzu kommt ein etwa vier Hektar großer Campingplatz für die Fans. „Wir denken, dass wir 2.000 Besucher zusammenkriegen“, skizziert Bieber die Festivalgröße. Aber die Größe oder Anzahl der Besucher ist für ihn und seine Mitstreiter eher zweitrangig. „Wir machen das, weil wir dazu Bock haben.“ Doch ganz aus dem Auge verlieren dürfen Bieber, Francksen und Harms ihre Zahlen nicht: Ohne eine Vielzahl enthusiastischer ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer trage sich „Rock On Isens“ nicht.

Viele kleine Festivals

Damit sitzen die Butjadinger mit fast allen kleinen und mittleren Festivalorganisatoren in einem Boot. Denn an Events mangelt es zwischen Hannover und der Nordseeküste nicht – wer Lust auf gute Stimmung und Musik hat, kann sich nicht nur bei den großen Events wie dem „Hurricane“ in Scheeßel vergnügen. Für Freunde nicht so populärer Musik wie Punk und Country ist ebenfalls gesorgt. Und die norddeutsche Tiefebene bietet allerlei Spezielles, wie „Watt en Schlick“. Das Festival lockt Fans vom 1. bis 3. August nach Dangast. Till Krägeloh, Geschäftsführer der Watt en Schlick UG, hebt auf Nachfrage schriftlich die „friedliche Atmosphäre und das parallele Erleben von Kultur und Natur an diesem besonderen Ort“ hervor. Zur Orientierung: Die Bühnen werden direkt an den Strand des Jadebusens gebaut.

Viele Festivals finden im Juli, August und September statt – hierzu gehört „Afdreiht un Buten“ am 25. und 26. Juli am Hartensbergsee in Goldenstedt. An diesen beiden Tagen stehen 29 Bands auf der Bühne. „Afdreiht un Buten“ existiert bereits seit 2012. Platz ist dort für maximal 2.000 Menschen. Träger und Veranstalter ist der Jugendkulturverein Oldenburger Münsterland. Dieser wurde mit dem Festival auf die Beine gestellt. Solch eine Großveranstaltung funktioniere außer bei der Technik, dem Sanitätsdienst und der Security nur mit Ehrenamtlichen, meint der Vereinsvorsitzende Holger Meyer – 160 Helferinnen und Helfer „brennen für das Festival“.

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Seit 1999 lockt das Festival Maritim tausende Besucher an. Foto: Ulf Buschmann

Selbst mittelgroße Veranstaltungen wie das seit 1999 alljährlich stattfindende „Festival Maritim“ im Bremer Stadtteil Vegesack kommen ohne die Hilfe der Freiwilligen nicht aus. Wenn sich Bands und Chöre aus aller Welt vom 1. bis 3. August zum, laut Eigenwerbung, größten deutschen Seamusic Festival treffen, kümmern sich die Helfer ums Catering für die Künstlerinnen und Künstler oder verkaufen die Merchandise-Artikel. Veranstalter des Festival Maritim ist das Vegesack Marketing.

Dank der Fans von Rock, Punk, Ska und Co. gibt es seit 2019 das „Wild Rock Festival“ Wildeshausen. Dieses ist für den 23. August geplant und wird ebenfalls von einem Verein getragen. Der Name: Wild Rock Concerts. Bereits 2018 hatten die Macher die Idee, die darbende lokale Wildeshauser Musikszene wiederzubeleben – erfolgreich, wie der Vereinsvorsitzende Mike Butzelar findet. Ein Grund dafür dürfte neben der Musik der ausgedehnte Familienbereich sein, so Butzelar. Während es auf der Bühne rundgeht, können die Kinder Fußball, Darts und noch einiges mehr spielen.

Etwas aus dem Rahmen der kleinen und mittleren Festivals fällt Watt’n Country vom 4. bis 7. September auf der Jaderennbahn Wangerland in Hooksiel. „Es ist die Weiterentwicklung eines bestehenden Formats“, sagt Peter Kramer. Er ist zusammen mit Jan Alter Veranstalter. Ursprünglich fand „Watt’n Country“ seit 2016 viermal in Schortens statt. Kramer und Alter wollen das Festival Stück für Stück größer machen, dabei setzen sie auf die große Countryszene in Nordrhein-Westfalen, den Niederlanden und Norddeutschland. Beide haben das Festivalgelände deshalb bis 2027 mit Option auf Verlängerung gesichert.

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Selbst bei kleinen Festivals wie bei „Afdreiht un buten“ haben Künstler und Fans Spaß. Foto: Jessica Wollstein

Nichts geht ohne Freiwillige

Festivals ohne Freiwillige funktionieren wegen der Kosten nicht – diese Beobachtung haben alle Organisatoren gemacht. „Im Grunde sind die Kosten in nahezu allen Bereichen gestiegen“, beschreibt „Watt en Schlick“-Chef Krägeloh die Lage. Dies bestätigt Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). Er verweist auf die Ende vergangenen Jahres vorgelegte Studie zur Lage der Musikwirtschaft. Danach wünscht sich das Publikum einzigartige und spezielle Festivalerlebnisse. Dies sei eine Chance für kleine Veranstalter.

Seit dem Jahr 2019 sind laut Everke viele neue Festivals entstanden – jedes einzelne müsse ums Publikum buhlen. Weil das Budget der Fans begrenzt ist, „wird der Kuchen nicht unbedingt größer.“ In Zukunft, glaubt Everke, haben Nischen- und Community-orientierte Angebote „gute Chancen“. Everke sagt: „Wir glauben, dass ein Bedarf an Livekultur besteht – an einem echten Erlebnis in unruhigen Zeiten.“

Mal durchstöbern

Eine Sammlung aller Festivals des Jahres gibt es unter www.festivalticker.de. Darin sind auch zwei größer werdende Events aufgelistet: das Reload in Sulingen, das Ziegelei Open Air in Twistringen und Hill of Dreams. Unsere Kollegen Andree Wächter und Frank Schümann haben darüber früher schon geschrieben.