Videobotschaft vom Weihnachtsmann

Seit vielen Jahren besucht Stefan Röben als Weihnachtsmann die Familien in Bremen und umzu. Im Corona-Jahr muss er improvisieren.

Von Daniela Krause

Bilderbuch-Weihnachtsmann

Vor weihnachtlicher Kulisse hat der „Bilderbuch-Weihnachtsmann“ Videobotschaften für Familien aufgenommen. Foto: Stefan Röben

Schon als sich der erste Lockdown im Frühjahr ankündigte, ahnte Stefan Röben: Dieses Weihnachten wird anders. Er sollte mit seiner Prognose Recht behalten: Große Feiern, auf denen der Bremer sonst seit knapp 15 Jahren als „Bilderbuch-Weihnachtsmann“ in Aktion trat, gab es keine. Weihnachtsmärkte und Kaufhaus-Veranstaltungen wurden gestrichen, Termine für Besuche gar nicht erst angefragt oder größtenteils abgesagt. Krisenstimmung bei ihm und den anderen Weihnachtsmann-Kollegen. Einer von ihnen, Willi Dahmen aus Celle, hatte sich aus Frust sogar den echten Rauschebart abgeschnitten.

Corona trübte die Weihnachtsstimmung spürbar. „Insbesondere die Vorweihnachtszeit war katastrophal“, sagt Stefan Röben. Ein Großteil seines Umsatzes sei ihm durch die ausgefallenen Veranstaltungen weggebrochen. „Von den Einnahmen leben muss ich zum Glück nicht. Da mache ich mir keine Sorgen. Es geht mir um die Kinder, die wegen der Pandemie auf so vieles verzichten müssen. Für die Kleinen ist Weihnachten doch das Schönste.“ Also grübelte er, wie Heiligabend noch zu retten sei. Wenn überhaupt sollte es nur einige wenige kurze Besuche in kleinster Familienrunde geben, Corona konform ohne Körperkontakt und Erinnerungsfotos nur mit dem Weihnachtsbaum dazwischen. Dann kam ihm noch eine andere Idee: der digitale Weihnachtsgruß.

Videobotschaft unter dem Tannenbaum

Vor einigen Jahren habe er bereits mit dem Gedanken gespielt, Videobotschaften anzubieten, für die Familien, die keinen Besuchstermin mehr ergattern konnten. „Jetzt war die Zeit reif dafür“, fand Stefan Röben. Im November besorgte er sich die Utensilien für eine weihnachtliche Kulisse und einen großen Stuhl mit goldenem Dekor, um in seinem Wohnzimmer in Bremen-Vegesack die weihnachtlichen Videoaufnahmen zu machen. Die Beiträge sind längst im Kasten und haben die Familien rechtzeitig vor dem Fest per E-Mail für den Download erreicht.

Jedes Video ist personalisiert, sprich, die Eltern haben Stefan Röben vorab mit den wichtigsten Infos zu ihren Kindern versorgt, die der Weihnachtsmann in dem Video aus seinem großen goldenen Buch vorliest. Und natürlich kennt der Mann in Rot die Herzenswünsche der Kinder – von der Autorennbahn bis zum Zauberkasten hat er die Wunschzettel genau studiert. Abgespielt wird das Video, wenn die Familie gemütlich unter dem Weihnachtsbaum sitzt. „Das ist nicht dasselbe. Ein persönlicher Besuch lebt vom Dialog mit dem Kind, den Eltern und von der Atmosphäre vor Ort“, erklärt Röben. „Das musste ich diesmal alles improvisieren.“ Entsprechend schwer fielen ihm die ersten Aufnahmen. Keine Widerworte, kein festlich geschmückter Tannenbaum vor Augen, den man bewundern kann, keine Fragen, beispielsweise nach der Echtheit seines Bartes…

Weihnachtsmann

In voller Montur: der Bremer Bilderbuch-Weihnachtsmann. Foto: Daniela Krause

Täuschend echt

Zugegeben, Röbens Rauschebart ist zwar nicht angewachsen wie der von Willi Dahmen, dafür aber aus Echthaar und sehr authentisch – so wie alles an ihm. Mit den Jahren hat er immer wieder an seinem Auftritt gefeilt. In der Tat sieht er mit seinem Mantel aus englischem Samt, der großen Glocke und dem in Leder gebundenen goldenen Buch täuschend echt aus. So echt, dass selbst sein mittlerweile elfjähriger Sohn Felix seinen verkleideten Vater Jahre lang nicht erkannte. „Er saß im Kaufhaus auf den Knien des Weihnachtsmannes und hat nicht gemerkt, dass er bei Papa auf dem Schoß sitzt“, erinnert sich seine Frau Heike. Ihr sei genauso ehrfürchtig zumute, wenn ihr Ehemann als Weihnachtsmann vor ihr steht.

Dem Weihnachtsmann einmal persönlich zu begegnen, davon träumt wohl jedes Kind, das fest an ihn und seine Rentiere glaubt. Um die wenigen öffentlichen Auftritte in der Vorweihnachtszeit zu ermöglichen, hatte sich Stefan Röben in diesem Jahr etwas Besonderes einfallen lassen: Online ergatterte er einen samtenen Klingelbeutel an einer langen Stange, wie er in Kirchen für die Kollekte Verwendung findet. „So konnte ich den Kindern die Süßigkeiten mit Abstand überreichen“, erzählt Stefan Röben, der unter anderem auf diese Weise in der Bremer Sögestraße die Passanten erfreute. Für ihn einer von wenigen schönen Lichtblicken in dieser merkwürdigen Weihnachtszeit. Auf eine Maske habe er bei diesem Outdoor-Auftritt verzichtet: „Ein Weihnachtsmann mit Mund-Nase-Maske ist für mich nicht authentisch. Hinzu kommt, dass die freundliche Mimik überhaupt nicht mehr zu erkennen gewesen wäre. Und diese macht doch den großen Teil des Zaubers aus.“ Stattdessen habe er auf genug Abstand geachtet.

Nachwuchssorgen bei den Weihnachtsmännern

Im kommenden Jahr hofft Stefan Röben auf ein wieder weitgehend normales Fest. Die Videobotschaften möchte er in Zukunft zusätzlich zu den persönlichen Besuchen anbieten. Zudem will er Weihnachtsmänner aquirieren, die bereit sind, sich an den Ehrenkodex zu halten. Darin steht zum Beispiel geschrieben, dass der Weihnachtsmann niemals fluchen und im Dienst weder rauchen, essen noch trinken darf. Der Kodex legt fest, wie sich ein Weihnachtsmann korrekt zu kleiden und zu verhalten hat. Weihnachtsmänner, die sich darauf einlassen, gebe es leider derzeit zu wenig: „Uns fehlt schlicht der Nachwuchs für diese besondere Tätigkeit“, beklagt der Bremer „Bilderbuch-Weihnachtsmann“. Und fügt hinzu: „Hoffen wir einfach, dass das nächste Jahr Weihnachten für uns alle unter einem besseren Stern steht.“

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