Mission Satire
Dijana Nukic hat sich mit ihrer „Havengalerie“ im Bremer Stadtteil Vegesack auf Karikaturenausstellungen spezialisiert – damit ist sie die Einzige in Norddeutschland.
Von Ulf Buschmann
Das Büro zu klein, die ehemalige Kneipe geschlossen – zwei Umstände, die den Weg für ein Kulturprojekt der besonderen Art freimachten. Sein Name: „Havengalerie“. Wohlgemerkt: „Hafen“ in der alten Schreibweise mit „v“. Es ist eine Reminiszenz an den Standort und seine Geschichte. Die „Havengalerie“ liegt nämlich nur einen Steinwurf von Deutschlands ältestem künstlich angelegten Hafen im Bremer Stadtteil Vegesack entfernt.
Dort ist Galerieinhaberin Dijana Nukic aufgewachsen und hat nach einigen Jahren in der Fremde ihren Lebensmittelpunkt zurückverlegt. Und noch etwas hat sie gemacht: Die „Havengalerie“ ist die Einzige in Norddeutschland, die Karikaturen und Cartoons ein Forum bietet. Dort ist bis einschließlich 25. September die Ausstellung „Satire gegen Rechts“ zu sehen.
Rückblick ins Jahr 2014
Die Geschichte dieses (Ausstellungs-) Ortes begann Ende 2014. Dijana Nukic suchte dringend Räume für ein neues Büro. Gleich in ihrer Nachbarschaft war ein Raum zu vermieten, aus dem drei Jahre zuvor die Szenekneipe „Horizont“ ausgezogen war. Für die 42-Jährige war es ein Glücksfall, konnte sie doch neben ihrer Agentur gleich ihren Traum von der eigenen Galerie ins Auge fassen. Anfangs zeigte sie noch ihre eigenen Fotografien, die Dijana Nukic vor allem für Schiffs- und Bootsdesigner produziert. „Aber da kam keiner rein“, erinnert sie sich.
Um ein Ziel zu erreichen, geht Dijana Nukic auch gerne unkonventionelle Wege. Ebenso in diesem Fall. Um Schwung in ihr neues Projekt „Havengalerie“ zu bringen, schrieb sie Til Mette an. Der Karikaturist, der seine Arbeiten im Magazin „Stern“, im Bremer Weser-Kurier sowie in der tageszeitung veröffentlicht, fand Dijana Nukic’ frische Art, sich bei ihm zu melden toll. Es folgte ein Treffen in Hamburg. „Auf dem Rückweg hatte ich meine erste eigene Karikaturenausstellung“, sagt Dijana Nukic strahlend. Bei der Vernissage im August 2015 war es brechend voll und ein selbst solch gestandener Mensch wie Til Mette war ob der Reaktionen positiv überrascht.
Uli Stein, Tetsche und Co.
Die Ausstellung des Wahl-Hamburgers allein sollte es nicht gewesen sein, im Gegenteil: Nach und nach gaben sich alle Großen der Szene sozusagen die Galerietür in die Hand. Nach Til Mette folgte Uli Stein. Ein Muss war für Dijana Nukic auch Tetsche. Er war wie Til Mette mit seinen Zeichnungen viele Jahrzehnte lang fester Bestandteil des „Stern“ – und das Magazin ein wichtiger wiederum Bestandteil von Dijana Nukic’ gesellschaftspolitischer Sozialisation. „Meine Mutter legte immer Wert auf politische Bildung, deshalb lag bei uns immer ein ,Stern’ herum“, meint sie.
Nach Uli Stein und Tetsche folgten Michael Holtschulte mit seiner Ausstellung „Tod, aber lustig“, zwei gemischte Ausstellungen unter anderem mit Werken des Bremers Volker Ernsting und die erste Ausstellung, mit der die „Havengalerie“ klar Stellung bezog: „Cartoons gegen Rechts“. Durch diese Ausstellung kam auch der Kontakt zu Martin Perscheid zustande, der seine Werke ebenfalls in der „Havengalerie“ zeigte. Auch Dorthe Landschulz gab einen Einblick in ihre Arbeit. Der Österreicher Oliver Ottitsch gab sich im vergangenen Jahr ebenfalls die Ehre. Jedoch: seine Ausstellung fiel der Corona-Pandemie zum Opfer. „Ich musste die Ausstellung abbrechen“, bedauert Dijana Nukic noch immer.
Dem Lockdown getrotzt
Aber untätig war sie während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 nicht. Dijana Nukic brachte „Ansteckende Cartoons – Das Buch zum Virus“ heraus. Es geschah im Alleingang ohne einen Verlag dahinter. Im Buch enthalten sind Karikaturen von Tetsche, Harm Bengen, Dorthe Landschulz, Til Mette, Marunde, Michael Holtschulte, Miriam Wurster, Denis Metz, Bettina Schipping, Oliver Ottitsch, Lahs, Bettina Bexte, Ari Plikat und Olga Hopfauf. Mit ihrem Werk war sie in vielen Medien in ganz Deutschland vertreten. Und damit es auch während des zweiten Pandemie-Lockdowns etwas zu sehen gab, setzte Dijana Nukic eine Online-Galerie auf.
„So wie ich das mache, gibt es das ganz selten“, sagt Dijana Nukic. Ihre Aussage bezieht sich nicht nur auf ihr Buch, im Gegenteil: In Norddeutschland dürfte sie mit der „Havengalerie“ der einzige Ort dieser Art sein, der sich auf Karikaturen spezialisiert hat. Daneben gibt es nur noch das „Caricatura Museum Frankfurt“, die „Caricatura-Galerie für komische Kunst“ in Kassel sowie die „Galerie der komischen Meister Dresden“. Die „Havengalerie“ hat sich da gut eingereiht – und die guten Resonanzen scheinen der Bremerin recht zu geben: „Ich mache das gerne!“
Neues Ziel
Ein neues Ziel hat sich Dijana Nukic auch schon gesetzt: „Jede größere Stadt braucht eine ,Havengalerie’.“ Anfangen würde sie gerne mit Ablegern in Hamburg und Hannover. Aber eingedenk des Namens kann sie sich ebenso vorstellen, entlang der Nord- und Ostseeküste aktiv zu werden – in Rostock, Stralsund oder Wismar zum Beispiel.