Martinshorn mit Eieruhrtechnik

Werner Hilscher aus Lemwerder ist mit Leib und Seele Feuerwehrmann. Aber er rettet nicht nur Leben, sondern besitzt auch zwei rote Autos aus dem Hause Borgward: ein Tanklöschfahrzeug, Baujahr 1959, und ein Löschgruppenfahrzeug. Einfache Technik, die heute noch funktioniert.

Von Ulf Buschmann

Von der Vegesacker Seite aus ist etwa Rotes zu sehen: Aha, er ist pünktlich. In der Tat, auf dem Parkplatz gleich am Fähranleger Lemwerder, der eigentlich nur Taxis vorbehalten ist, wartet Werner Hilscher mit seinem Schatz der Feuerwehrgeschichte: ein Borgward-Tanklöschfahrzeug (TLF) 8, Baujahr 1959. „Ich bin Feuerwehrmann mit Leib und Seele“, sagt der 61-Jährige von sich, „und jeder Feuerwehrmann träumt irgendwann davon, sein eigenes Auto zu Besitzen.“ Männer wie Werner Hilscher hätten am liebsten einen Magirus-Rundhauber TLF 16 oder einen Mercedes-Benz als leichtes Löschgruppenfahrzeug (LLG).

Dass es mit dem Supertraum nicht klappte, lag vor allem am Preis. Magirus-Fahrzeuge seien nicht unter 8.500 Euro zu bekommen und LLGs sehr selten, musste Werner Hilscher feststellen. Aber der ehemalige Bundeswehrsoldat ließ sich nicht entmutigen. Auf einer Internetplattform für gebrauchte Fahrzeuge entdeckte er schließlich für 3.750 Euro seinen Borgward B 2500 A/O mit einem Sechs-Zylinder-Motor aus dem Modell Hansa 2400. Hubraum: 2,4 Liter. Die Maschine liefert 82 PS – eine für die damalige Zeit stolze Leistung. Und für Fans: Der Motor wurde auch im Borgward 2000 A/O für die Bundeswehr verbaut.

Zur Geschichte: Das Borgward-TLF Baujahr war von der Freiwilligen Feuerwehr Hage beschafft worden. Dort war es bis 1976 im Einsatz. Nachdem der Borgward ausgemustert worden war, ging es an den Hersteller zurück. Der Grund war die pneumatische Pumpensteuerung. Diese war damals noch so modern, dass es die Firma, die die Technik eingebaut hatte, den Borgward noch bis 1992 als Vorführfahrzeug nutzte.

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Laut und warm

Werner Hilscher schmeißt den Motor an. Die erste Etappe führt vom Fähranleger quer durch den Ort zum Gerätehaus der Feuerwehr Lemwerder, später weiter zum Ochtum-Sperrwerk. Das erste Erleben: Es ist laut, es ist warm und es ruckelt ordentlich. Trotzdem: Werner Hilscher macht es einfach Spaß, seinen Lösch-Oldtimer zu fahren. Zumal der Borgward natürlich noch kein synchronisiertes Getriebe hat. Der Fahrer muss also nicht wie beim synchronisierten Getriebe auskuppeln, in den nächsten Gang schalten und wieder einkuppeln.

Werner Hilscher erklärt es so: „Beim Raufschalten muss ich immer eine kleine Schaltpause machen. Das heißt, ich muss den Gang rausnehmen, die Kupplung kommen lassen, dann die Kupplung wieder treten und dann kann ich erst in den nächsten Gang schalten.“ Wenn es in die Kurve geht, muss Werner Hilscher abbremsen, ein bisschen Zwischengas geben und die Kupplung wieder kommen lassen. Macht der Fahrer etwas falsch, „knallt oder knarrt es ganz heftig“, sagt der Feuerwehrmann, während er auf den Hof vor dem Feuerwehrgerätehaus einbiegt.

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Großer Spaß

Wer neben ihm sitzt und sich obendrein noch für die bremische Wirtschaftsgeschichte und die der Feuerwehren interessiert, merkt alsbald: Dieses Auto zu fahren ist etwas Besonderes. Werner Hilscher meint schlichtweg: „Das Fahren bringt den großen Spaß.“ Dabei weiß er: Im Sommer sei es in der Fahrerkabine laut und warm, im Winter trotz Heizung kalt. Werner Hilscher fasziniert das aus heutiger Sicht „sehr puristische“ Ambiente dieses Autos – wie die fehlende Lenkhilfe. Wer also geschmeidig mit dem Fahrzeug um die Ecken kommen wollte, brauchte nicht nur fahrerisches Geschick, sondern auch Kraft.

Vor dem Lemwerderaner Feuerwehr-Gerätehaus öffnet Werner Hilscher alle Türen und Klappen sowie die Motorhaube. Der Motorraum ist sehr übersichtlich, fast jeder einzelne der sechs Zylinder ist quasi zu sehen. Auf der Beifahrerseite befinden sich die beiden Relais für die Töne des Martinshornes. Diese werden vom Fahrer aus geschaltet: Werner Hilscher muss für jede Serie eine Uhr mit Federlaufwerk aufziehen. „Wie bei einer Eieruhr“, lacht er.

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Werner Hilscher hält einen Schlauch mit Spritze in der Hand.

Das TLF von Werner Hilscher verfügt sogar über eine Schnellangriff-Einrichtung. Foto: Ulf Buschmann

Mit Schnellangriff-Einrichtung

Und wie steht es mit der Löschtechnik? Der eingebaute Wassertank fasst 1.650 Liter, die Pumpe schafft 800 Liter pro Minute bei einem Druck von acht bar – daher die Bezeichnung TLF 8. Zur Ausstattung gehört ebenso eine sogenannte Schnellangriff-Einrichtung: Die Besetzung muss nicht erst eine Schlauchverbindung zur nächsten Wasserentnahmestelle herstellen, sondern kann mit dem Wasser aus dem eigenen Tank löschen.

So wie es da steht, ist der Borgward noch voll einsatzfähig. Dies stellt Werner Hilscher immer dann unter Beweis, wenn der Deutsche Eisenbahnverein in Bruchhausen-Vilsen seine Fahrtage unter Dampf veranstaltet. Zu den Auflagen gehört das Stellen einer Brandwache an der jeweiligen Fahrstrecke. Damit sollen Grasbrände durch den Funkenflug von den Lokomotiven verhindert werden. Und wenn da so ein altes Wirtschaftswunder-Feuerwehrauto steht, ist das nach den Erfahrungen von Werner Hilscher „der Hingucker“. Das alles solle schon „ein bisschen museal aussehen.“