Die gefürchtete W-Frage

Gibt es den Weihnachtsmann wirklich? Mit dieser Frage ihrer Kinder hat sich unsere Autorin beschäftigt. Und sie hat eine behutsame Antwort gefunden.

Von Daniela Krause

Eine der größten Herausforderungen für Eltern in der Weihnachtszeit ist es, den kindlichen Glauben an den Weihnachtsmann zu bewahren. Der Große (7) weiß (leider) längst Bescheid. Die Lütte (5) jedoch hält tapfer an ihrem Glauben fest. Das ist auf der einen Seite für uns sehr schön, auf der anderen aber auch ganz schön fordernd. Kann doch im Grunde jede kleine Unachtsamkeit der Erwachsenen diesen Glauben zerplatzen lassen, wie eine Glaskugel, die vom Tannenbaum fällt.

Als Eltern muss man also auf der Hut sein. Das fängt schon bei der Sache mit dem Paketboten an. In der Adventszeit trudelt nämlich bei uns, wie bei vielen anderen Familien, so manches Päckchen ein, welches auch das ein oder andere Geschenk für die Kinder enthält. Sobald es klingelt, sprinten die beiden zur Tür. Dann kommt jedes Mal die Frage: „Mama, für wen ist das Paket?“

Annähernd wahrheitsgemäß antworte ich: „für mich“ oder „für Papa“. Immerhin steht mein oder sein Name auf dem Etikett – wie der Große inzwischen selbst lesen kann. Meist wird das dann so geschluckt. Ich passe einen unbeobachteten Moment ab, um die Päckchen ins Dachgeschoss zu transportieren und im kleinen „Kabuff“, dem Verschlag zwischen Zimmerwand und Dach, zu verstauen. Anschließend verbarrikadiere ich die Tür mit Flohmarktkartons.

Die verschlossene Tür zum Wohnzimmer wirkt in der Weihnachtszeit für Kinder wie ein Magnet.

Das Geschenkpapier-Drama

Auch das Weihnachtsgeschenkpapier verwahre ich im „Kabuff“, nachdem es einmal zu einem folgenschweren Fehler meinerseits gekommen war: Ich hatte die Rollen nach Weihnachten in den Korb im Arbeitszimmer gestellt, wo sie der Große entdeckte. Knallhart konfrontierte er mich mit dem Papier und seiner daraus resultierenden Theorie: „Mama, ich weiß Bescheid: Den Weihnachtsmann gibt es nicht! Ihr habt uns angelogen! Das ist genau das gleiche Papier, in dem unsere Geschenke eingepackt waren!“

Fieberhaft überlegte ich, was ich zu meiner Verteidigung sagen konnte. Zum Glück fiel mir eine Notlüge ein: „Doch Schatz, es ist alles gut. Der Weihnachtsmann ist krank geworden. Da haben wir für ihn das Einpacken der Geschenke übernommen.“ Zum Glück reagierte der Große äußerst verständnisvoll. Er war sogar stolz darauf, dass seine Eltern dem Weihnachtsmann zur Hand gehen durften. Seine Zweifel waren schnell zerstreut. Noch mal würde ich mit so einer Geschichte aber nicht davonkommen.

Gibt es den Weihnachtsmann wirklich?

Irgendwann kam der Moment, und er stellte sie uns, die gefürchtete W-Frage. Ich weiß nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Zuvor hatten mein Mann und ich uns jedenfalls darauf geeinigt, ihm dann endlich die Wahrheit zu sagen. Doch was antwortet man, wenn ein Kind einem tief in die Augen blickt und fragt: „Gibt es den Weihnachtsmann wirklich?“

Wir wollten es unserem Großen so schonend wie möglich beibringen. So sagten wir ihm das, worauf wir uns vorher verständigt hatten: „Solange Du an den Weihnachtsmann glauben möchtest, gibt es ihn auch in Deinem Herzen. Aber eines sollst Du wissen: Der Weihnachtsmann kann jeder sein, der anderen eine Freude machen möchte. Auch Du kannst der Weihnachtsmann sein, wenn Du willst.“

In diesem Moment rechneten wir mit einem Wutausbruch, mindestens mit Tränen der Enttäuschung. Nichts dergleichen geschah. Er lächelte uns verschwörerisch zu und hatte verstanden. Wir baten ihn noch, seiner kleinen Schwester nichts zu verraten. An dieses Versprechen hält er sich bis heute, was uns extrem stolz macht. Doch lange wird es wohl nicht mehr dauern, bis auch der Glauben der Lütten entzaubert ist.

Wenn die Kerzen am Weihnachtsbaum leuchten, dann glänzen auch die Kinderaugen.

Der Beinahe-Moment

Vor Kurzem gab es wieder so einen Beinahe-Moment, als meine Schwiegereltern auf die Kleine aufpassten. Sobald ich von einem Termin wieder zu Hause war, begann mein Schwiegervater mit mir ein Gespräch: Das Geschenk für die Lütte sei schon geliefert worden. Dass diese in besagtem Moment mit ihrer Oma auf dem Sofa saß, hielt ihn nicht davon ab, sich fröhlich weiter um Kopf und Kragen zu reden. Erst als seine Gattin ihn mit Blicken durchbohrte, sich beim Vorlesen räusperte und immer lauter wurde, wechselte er das Thema. Nicht ohne ein „Sie hört doch Oma zu. Das hat sie bestimmt nicht mitgekriegt!“ hinterherzuschieben.

Ich wäre mir da nicht so sicher. Kinder bekommen oft viel mehr mit, als uns Erwachsenen bewusst ist. Gerade für das, was sie nicht mitkriegen sollen, haben sie besonders feine Antennen. Und eines ist sicher: Irgendwann kommt der Moment, wenn auch unsere Lütte uns die gefürchtete W-Frage stellt. Das Gute ist, wir wissen jetzt schon genau, was wir ihr darauf antworten werden.

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