Besser online!?
Einzelhändler von vor Ort verweisen auf Online-Anbieter? Vor dieser Situation stand kürzlich ein Kollege mit einem speziellen Wunsch – Merkwürdiges in Buschmanns Kosmos.
Von Ulf Buschmann
Manchmal begegnen mir auf den Social-Media-Plattformen Vorkommnisse, über die ich erst herzhaft lachen muss, die mich dann aber nachdenklich machen – so erst vor einigen Tagen. Vordergründig ging es um einen Kollegen, der verzweifelt auf der Suche nach einem XLR-Kabel war. Aber hintergründig ist es eher der Umstand, dass ein Teil der Beschäftigten im hiesigen Einzelhandel über kaum oder gar kein Fachwissen mehr verfügt – und die Kunden am Ende bitten, doch auf einschlägigen Online-Plattformen zu bestellen.
„Nachdem fünf Mitarbeiter (ja, fünf) bei (…) in Bremen nichts mit einem XLR-Kabel anfangen konnten (nicht mal wussten, was das ist) und sich herausstellte, dass sie es auch nicht haben, gehe ich halt doch wieder in dieses Internet“, schreibt der Kollege auf Twitter. XRL? Genau, das ist die seit Jahren bekannte Norm für Mikrofonanschlüsse. Doch nicht alle Aufnahmegeräte verfügen über einen XLR-Anschluss. Deshalb braucht es einen Adapter – oftmals auf 6,3- oder 3,5-Millimeter-Klinke.
Okay, XLR-Kabel kauft nicht jeder. Da macht es auch für vielleicht spezialisiertere Geschäfte wenig Sinn, diesen Artikel vorzuhalten. Aber meinen Kollegen auf Online-Plattformen zu verweisen, das ist keine Werbung für den Bremer Einzelhandel. Im Gegenteil, das ist Anti-Werbung. Ich lebe zwar im von den Stadtbremern meistens belächelten Vegesack, wo die Menschen gerne darüber schimpfen, was uns an Geschäften in der Fußgängerzone fehlt. Doch im Gegensatz zum Einzelhandel in der City bemühen sich die Gewerbetreibenden bei uns, die Wünsche des Kunden zu erfüllen.
„Das Teil ist lieferbar“
Ich selbst bin wohl das beste Beispiel dafür. Jüngst suchte ich einen elektronischen Stift, mit dem man handschriftliche Notizen auf dem Tablet machen kann. Der Fachhändler meines Vertrauens hatte das Gerät natürlich nicht vorrätig. Doch der Inhaber schaute sofort auf der Plattform seines Großhändlers nach. Die freudige Botschaft: „Das Teil ist lieferbar.“ Den Preis bekam ich ebenfalls sofort genannt: knapp 70 Euro.
Mein Fachhändler warf einen kurzen Blick auf den Kalender, rechnete nach und sagte: „Wenn ich den Artikel jetzt oder morgen früh bestelle, geht er einen Tag später raus und ist Montag hier.“ Cool, fand ich, das war doch eine Ansage. Also orderte ich das Spezialwerkzeug und war glücklich. Mit einem zufriedenen Grinsen und der Gewissheit, in Zukunft viel Papier zu sparen, verließ ich das Geschäft.
Ob mein Kollege das Problem mit seinem XLR-Kabel lösen konnte, weiß ich nicht. Im Thread unter seinem Twitter-Post hatte ich ihm angeboten, meinen Lötkolben zu benutzen, um sich das Ganze selbst zu bauen – was ich im Übrigen früher sehr zum Leid meiner Eltern auch getan hatte. Doch dies war dann wohl nicht mehr notwendig, wie eine Nachricht meines Kollegen nach Mitternacht verriet: „Zwei Kumpels suchen schon in ihren Kisten für mich.“