Die Tafel: Noch reichen die Lebensmittel

Lebensmittel werden teurer. Diese Entwicklung könnte immer mehr Menschen zum Gang zur Tafel zwingen. Deutschlandweit sind rund 1,6 Millionen auf das Angebot angewiesen.

Von Andree Wächtert

In Deutschland gibt es knapp 1000 Tafeln. Seit der Jahrtausendwende sind die Ausgabestellen für gespendete Lebensmittel auch in den ländlichen Regionen immer mehr geworden. Eine davon ist die Ausgabestelle in Bruchhausen-Vilsen, die es seit 16 Jahren gibt.

Aktuell befindet sie sich noch im Gemeindehaus am Hohen Kamp und ist eine Außenstelle der Tafel Syke. Obwohl die Tafel vom Kirchenkreis Syke-Hoya getragen wird, ist sie nur in Vilsen in einem kirchlichen Gebäude untergebracht. Das alte Gebäude ist sanierungsbedürftig. Nach langer Diskussion baut die Kirchengemeinde ein neues Gemeindehaus. Dort soll dann auch die Tafel beheimatet sein.

„Wir haben von Anfang an die Zusage erhalten, dass man die Tafel im Blick haben wird“, sagte Mathias Brockes als lokaler Sprecher während einer Gemeindeversammlung zu den Neubauplänen eines Gemeindehauses. Die Tafel sei dankbar, dass sie auch im neuen Gemeindehaus an der Assessorstraße Platz finden werde. Nach jetzigen Planungen soll der Saal flexible Innenwände erhalten.

Das alte Gemeindehaus in Vilsen. Noch ist dort die Tafel beheimatet.

Das alte Gemeindehaus in Vilsen. Noch ist dort die Tafel beheimatet.

So biete er eine Fläche von 80 Quadratmetern. Am Hohen Kamp sei der 140 Quadratmeter große Gemeindesaal für die heutigen Bedürfnisse der Kirche zu groß, hieß es bei der Gemeindeversammlung. Dass die Tafel auch mit weniger Platz klarkommt, bestätigte Tafelsprecher Ralf Grey. Zumal die Kunden durchgehen und dort nicht länger verweilen.

Die Vilser Tafel ist mittwochs von 10 bis 12 Uhr geöffnet. „Dann ist da einiges los“, weiß Kirchenvorstandsmitglied Peter Schmitz. Zur Planung gehöre daher, den Parkplatz an der Heimatstube zu erweitern. „Die Verkehrssituation am neuen Gemeindehaus wird zehnmal besser sein als am Hohen Kamp“, sagt er voraus. Sollte es dennoch eng werden, bietet sich Mathias Brockes bereits jetzt als Ansprechpartner für die Nachbarn an. „Auch an der Assessorstraße finden wir für alles eine nachbarschaftliche Lösung“, versichert er.

Die Tafel: 50 Prozent mehr Kunden

Derzeit nehmen 140 Familien das wöchentliche Angebot der Tafel in Bruchhausen-Vilsen in Anspruch. Davon sind 61 Familien aus der Ukraine, konkret: 97 Erwachsene und 55 Kinder (Stand: 30. Juni). Seit Februar sind rund 50 Prozent mehr Personen zur Tafel in Vilsen gekommen. Der große Unterschied zur Flüchtlingskrise 2015 war, dass der Zuwachs an Kunden sich damals über einen längeren Zeitraum streckte.

Mit der nun in kurzer Zeit stark zunehmenden Kundenzahl wachsen auch die Herausforderungen. Vorweg die gute Nachricht: Es musste noch niemand weggeschickt werden. „Ein Aufnahmestopp für Neukunden ist auch nicht geplant“, so Grey. Allerdings musste die Gruppe der Kunden in Weyhe geteilt werden. Statt wöchentlich kommen die Männer und Frauen nun alle 14 Tage.

Spenden nach dem Gottesdienst für die Tafel

Gerade frisches Obst und Gemüse wird in ausreichender Menge gespendet. Engpässe gibt es bei Lebensmitteln, die länger haltbar sind. Dazu gehören Reis und Nudeln. Um die Bestände zu erhöhen, hatte die Vilser Kirchengemeinde Gottesdienstbesucher aufgefordert, Konserven zu spenden. Die Abgabe war nach dem Kirchengang am Sonntag möglich. „In den vergangenen Wochen ist das Spendenaufkommen abgeebbt“, sagt Pastorin Mareike Hinrichsen-Mohr.

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Die Sorgen und Nöte der Tafel könnten in den Wintermonaten rapide zunehmen. Durch die stark gestiegenen Lebensmittel- und Heizungskosten könnten auch weitere Einheimische das Angebot der Tafel in Anspruch nehmen. Dies würde dazu führen, dass die Ehrenamtlichen noch mehr gefordert werden. „Sie sind jetzt schon am Limit“, wie Grey es nannte.

Steigende Kosten treffen die Tafel auch direkt: Stichwort Strom- und Benzinkosten. Einige Waren werden beispielsweise von Syke nach Vilsen gefahren. Eine noch unbekannte Größe sind die für den Herbst zu erwartenden Corona-Schutzmaßnahmen und den damit verbundenen Kosten. Alles zusammen ist es für die Tafel im Kirchenkreis die größte Herausforderung seit 16 Jahren.

Über die Tafel

Die Tafel im Kirchenkreis Syke-Hoya besteht aus den drei Ausgabestellen in Syke, Weyhe und Vilsen. In Deutschland gibt es nach eigenen Angaben 960 Tafeln. Ihre Aufgabe: Das Retten von überschüssigen, qualitativ einwandfreien Lebensmitteln und das Verteilen an Menschen, die in Not sind. Pro Jahr retten die Tafel rund 265.000 Tonnen Lebensmittel, die an über 1,6 Millionen Menschen weitergeben werden.