Warten aufs Stäbchen

Ohne Corona-Schnelltest geht fast gar nichts mehr. Auch wenn ich als Genesener und Geimpfter zur Menschenkategorie 2G gehöre, ist der Besuch der Teststelle in meiner Nachbarschaft Teil des Alltags geworden; das benötigt Zeit.

Von Ulf Buschmann

Kurz nach 9 Uhr – die Menschen, die jetzt einen Test benötigen, dürften wohl schon arbeiten. Nach den Erfahrungen von vor einigen Tagen plane ich 45 Minuten ein. Dann klappt es auch mit dem Termin in Verden. Das sind Anfang der Woche meine Überlegungen in Sachen Corona-Schnelltest. Den benötige ich für einen Behördenbesuch in Niedersachsen – nicht offiziell, sondern zu meiner eigenen Sicherheit. Die Teststelle befindet sich glücklicherweise fast in meiner Nachbarschaft. Zeit muss ich trotzdem mitbringen; alles in allem dauert es fast genau eineinhalb Stunden.

„Oh“, denke ich anfangs etwas belustigt, „heute stehen die Leute ja mal wieder in die andere Richtung an.“ Trotz der Enge mit Bushaltestelle und der Impfstelle Bremen-Nord gleich nebenan ist die Schlange recht gut strukturiert. Ich selbst reihe mich ein und nehme es gelassen. Doch die Gesamtsituation ist zumindest an diesem Montag nicht gut. Nach mir kommen immer mehr Menschen, viele mit Kindern. Bei ihnen haben die Schultests ein positives Ergebnis gezeigt. In diesem Fall muss zur Sicherheit ein weiterer Schnelltest gemacht werden. Ist auch dieser positiv, geht es zum Kinderarzt zwecks PCR-Test.

Lange Warteschlange

Als ich ankomme, ist die Warteschlange mindestens 150 Meter lang. Im Laufe des Vormittags dürfte die Schlange auf gefühlte 200 bis 300 Meter angewachsen sein. Problematisch empfinde ich an diesem Tag die Kälte mit drei bis vier Grad Außentemperatur. Wer wie ich bereits einige Zeit wartet, spürt: Die Kälte kriecht langsam in einem hoch. Einigen Kindern merke ich an, dass sie richtig doll frieren. Vor mir steht eine Mutter und macht mit ihrer Tochter kleine Aufwärmspiele.

Zwischendurch tauscht sie sich mit einer Bekannten aus. Diese versucht mehrfach, einen Kinderarzt in Bremen-Nord zu erreichen. „Da ist ständig besetzt“, sagt die Mutter schulterzuckend. Nach etwa 30 Minuten hellen sich ihre Gesichtszüge auf. Mutter Nummer eins kann Mutter Nummer zwei über die Vorgehensweise im Falle eines positiven Corona-Schnelltests in der Schule informieren.

Menschen mit Gebrechen

Hinter mir wird ein älterer Herr mit der Zeit ungeduldig. Den Grund dafür erkenne ich kurz bevor ich dran bin. Der Herr hat Probleme mit dem Bein und vielleicht auch noch dem Rücken. Als eine der zu den Bushaltestellen gehörenden Bänke in Reichweite kommt, setzt er sich und reibt sich Knie und Oberschenkel. „Man, da habe ich ja Glück“, schießt es mir durch den Kopf. Ich habe zwar auch ein kaputtes Knie und öfter mal Rücken, aber so heftig, dass ich nicht mehr stehen kann, ist es nicht.

Mein Blick fällt auf die Räume einer früheren Spielhalle neben der Teststelle: Warum gibt es dort nicht die Möglichkeit sich aufzuwärmen? Warum bieten der Betreiber der Teststelle oder eine andere Einrichtung nicht warme Getränke für die Wartenden an? Was ist mit Menschen, die auf die Toilette müssen, Senioren und Kinder zum Beispiel? Über diese Fragen habe ich ausreichend Zeit nachzudenken.

Drinnen geht es schnell

Kurz nach 11 Uhr ist es geschafft, ich bin in der Teststelle. Das Prozedere kenne ich schon: Personalausweis vorlegen, Corona-Warnapp herausholen und öffnen, alles der freundlichen, aber gestressten Dame hinter der Plexiglasscheibe reichen und sich registrieren lassen. Jeder zu Testende bekommt ein Kärtchen mit einer Nummer, dann geht es weiter zur Testkabine. Der überaus freundliche junge Mann schiebt mir das Teststäbchen in beide Nasenlöcher. Es kitzelt wie immer heftig.

Wir kommen kurz ins Schnacken – er berichtet, dass er und seine Kollegen bereits morgens um 5 Uhr anfangen zu arbeiten: „Wegen Lürssen.“ Wer ungetestet sei, komme nicht mehr aufs Werftgelände. Das erstaunt mich. Später erfahre ich, dass bei Daimler-Benz genauso verfahren wird. Von der Teststelle aus mache ich einen kleinen Umweg über unseren Schlachter: Mal sehen, was es heute zum Mittag gibt – Currywurst mit Bratkartoffeln. Das gönne ich mir nach meinem Verdener Termin.

Alles auf Grün

Nachmittags merke ich, dass mir das Warten in der Kälte ziemlich zugesetzt hat. Ich bin müde. Aber Grund zur Freude habe ich trotzdem: Die Corona-Warnapp meldet, dass mein Schnelltest negativ ist. So auch am nächsten Tag, als ich mich wegen eines Termins einen erneuten Test brauchte. Diesmal musste ich lediglich knapp 30 Minuten warten.

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