DLRG: Helfer auf, am und unter Wasser

Die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft ist seit vielen Jahrzehnten an und auf den Gewässern im Einsatz. Dazu gehört regelmäßiges Training. Wir haben die Taucher aus Bremen-Nord begleitet.

Von Ulf Buschmann

Magnus Reinke zurrt die Riemen fest. Der Wasserretter fungiert neben Paul Völtz als einer von zwei Signalmännern. In die Weser springen heute andere: Jonas Michalewski, Sebastian Sobota und Philipp Postulka sind an der Reihe. Sie alle sind ausgebildete Taucher und ehrenamtlich beim Bezirk Bremen-Nord der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) aktiv. An diesem sonnigen Abend tauchen die Drei am Anleger unterhalb der Signalstation in Vegesack. „Suchaufgabe unter Wasser“, fasst Taucheinsatzführer und Lehrtaucher Jan Müller das Ziel des Trainings zusammen.

Jonas Michalewski, Sebastian Sobota und Philipp Postulka erledigen ihre jeweilige Aufgabe routiniert und konzentriert. Denn obwohl der Fluss nach dem Urteil von Signalmann Magnus Reinke „heute recht klar“ ist, können die Taucher nicht allzu weit sehen. Ein guter halber Meter dürfte es wohl sein. Jan Müller erinnert sich mit einem Schmunzeln an die Zeit, als es oftmals nicht mehr als zehn Zentimeter Sicht waren. Bis in die 1990er-Jahre hinein war der Fluss vor allem durch die Einleitungen der ehemaligen DDR-Kalibergwerke in die Werra das, was der Taucheinsatzführer „eine Kloake“ nennt.

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Zwei Gerätewagen Wasserrettung

Ihre Ausrüstung legen die Taucher wie an diesem Übungsabend entweder vor Ort oder während der Fahrt von der Wache zum jeweiligen Einsatzort an. Dafür stehen den Nordbremer DLRG-Tauchern zwei sogenannte Gerätewagen Wasserrettung (GW-W), ein Mannschaftstransporter sowie mehrere Boote zur Verfügung. Der GW-W 2, ein von der Feuerwehr Bremen ausgemustertes Fahrzeug, wurde erst Ende Mai komplett modernisiert in Dienst gestellt.

Darauf ist alles das zu finden, was die Nordbremer Taucher benötigen. Taucheinsatzführer Jan Müller erklärt das Konzept: „Auf der Fahrerseite ist alles zum Tauchen, auf der Beifahrerseite alles für die technische Hilfeleistung.“ In der Tat: Sauerstoffflaschen, ein Aggregat, Leinentrommeln und diverse Kleinteile sind übersichtlich angeordnet. Auf der Beifahrerseite finden sich unter anderem der Eisretter, Schlauchmaterial, eine Lenzpumpe und ein Stromaggregat.

Ein Mann und ein Taucher im Gespräch.

Vor dem Tauchgang erklärt Philipp Posthulka (links) Jonas Michalewski, wie er zu tauchen hat. Fotos: Ulf Buschmann

Zwischen Ponton und Uferbefestigung

An diesem Abend greifen die Helfer nur auf ihre auf dem GW-W 2 verlastete Ausrüstung zurück. Jonas Michalewski und nach ihm sein Kollege Sebastian Sobota sind an der Stirnseite des Anlegepontons unterhalb der Signalstation Vegesack ins Wasser gegangen und tauchen an der Stirnseite unter. Beide tasten sich vorsichtig an der Spundwand entlang. Nach wenigen Minuten befinden sie sich zwischen Ponton und Uferbefestigung. Dort sei die Strömung schon heftig, resümiert Sebastian Sobota, nachdem er eine der Leitern in der Spundwand erklommen hat und sich erholt.

Als Letzter steigt Philipp Postulka ins Wasser. Er und seine Kameraden tauchen zwar auch vor allem im Sommer in den Badeseen, doch eben auch in der Weser. Sie sei für ihn und seine Kollegen von allen Gewässern am anspruchsvollsten – „wegen der Strömungsverhältnisse, der schlechten Sicht und der Dunkelheit bei nächtlichen Einsätzen“, sagt der Einsatztaucher. Er fügt hinzu: „Dies geht auch auf die Psyche.“

Ein Hinweisschild

Ein Schild am Vegesacker Anleger weist die Skipper auf den Tauchereinsatz hin.

Der Taucheinsatzführer entscheidet

Ob und wie getaucht wird, entscheidet bei einem echten Einsatz der jeweils zuständige Taucheinsatzführer. Er habe eine besondere Verantwortung, weil er vor Ort eine Gefahrenanalyse vornehmen müsse und das letzte Wort habe, ob die DLRG-Leute ins Wasser gehen, erklärt Philipp Postulka. Er ist nicht nur Einsatztaucher, sondern auch DLRG-Verbandssprecher. Gerade im Nordbremer Revier seien alle Gefahren gut gegeneinander abzuwägen. Den Hintergrund erklärt Philipp Postulka so: „Unter anderem wegen der vielen ehemaligen Werften müssen wir in der Weser und der Lesum mit Müll, alten Stahlseilen oder Unterwasserbauwerken rechnen.“ Zu letzteren gehören beispielsweise Überreste der Werfthelgen.

Zur Einsatztaktik der Nordbremer Taucher gehört ebenfalls, dass sie in Fließgewässern wie der Weser und der Lesum nur mit Vollgesichtsmaske und Sprecheinheit in den Einsatz gehen. Die Taucher sprechen auch von Tauchtelefon. Es ist dreiadrig und mit der Sicherungsleine verbunden. Die Qualität ist mit der eines Gesprächs über eine ISDN-Leitung vergleichbar – ein Test gibt Aufschluss: Während Philipp Postulka zwischen Vegesacker Anlegeponton und Spundwand taucht, unterhält er sich locker mit den Nord West Reportagen.

Ein Taucher im Wasser.

Gleich geht es abwärts: Taucher Jonas Michalewski in der Weser zwischen Spuntwand und Ponton.

Sicherungstaucher und Signalmann

Und dann ist da noch ein Grundsatz der DLRG-Einsatztaucher: „Wir arbeiten immer mit redundanten Systemen“, sagt der Verbandssprecher. Das heißt, alles ist doppelt vorhanden: Fällt das eine System aus, übernimmt das andere. Hierzu gehört beispielsweise der sogenannte Lungenautomat. Davon ist jeweils einer in die Vollgesichtsmaske integriert, der zweite Automat befindet sich am Gerätegurt. Gibt es Probleme mit dem Automaten, der Maske oder sogar mit beidem, kann der Taucher den zweiten Automaten nutzen und sicher auftauchen. Auch beim Absichern geht es entsprechend redundant zu: Es gibt einen Sicherungstaucher und einen Signalmann, der wiederum auch den Sicherungstaucher führt.

An der Einsatzstelle sind die DLRG-Leute möglichst immer mit einem Tauch- sowie einem Bootstrupp zur Stelle. Zum Tauchtrupp gehören jeweils ein Taucher, ein Sicherungstaucher, ein Signalmann und der Taucheinsatzführer. Der Bootstrupp besteht aus zwei Leuten. Die Einsätze werden in der Stadt Bremen durch die Feuerwehr koordiniert.

Zwei Männer der DLRG stehen auf einem Ponton.

Während Paul Völtz als die Sicherheitsleine führt, beobachtet Taucheinsatzführer Jan Müller (rechts) das Geschehen.

Nicht nur im sogenannten Lösch- und Hilfsleistungsdienst ist die DLRG ein wichtiger Bestandteil. Dies gilt auch für den Katastrophenschutz. Allein der Bezirk Bremen-Nord stellt dafür jeweils zwei Tauch- und zwei Bootstrupps. Der DLRG-Bezirk Bremen-Stadt steuert überdies einen weiteren Tauchtrupp, zwei Bootstrupps und einen Führungstrupp bei. Die Kräfte bilden gemeinsam den Wasserrettungszug Bremen – laut Sprecher „die einzige reine Katastrophenschutz-Einheit zur Wasserrettung in der Stadtgemeinde“. Einen weiteren Wasserrettungszug gibt es in Bremerhaven.