FSJ: Ein Jahr für die Orientierung

Aus einem ukrainischen Supermarkt ins Jugendhaus Broksen. Dort arbeitet Siuzanna Avanesova als FSJlerin. Sie ist auch die Schnittstelle für geflüchtete Jugendliche.

Von Andree Wächter

Siuzanna Avanesova arbeitet seit dem 1. September im Jugendhaus Broksen in Bruchhausen-Vilsen als FSJ-Kraft. FSJ steht für Freiwilliges Soziales Jahr. Dabei hätte die Bürokratie der 21-Jährigen einen Strich durch die Rechnung machen können. „Es hat aber alles geklappt“, freut sich ihr Chef und Jugendpfleger Michael Wegner. Denn das Konzept des Jugendhauses sieht eine FSJ-Stelle vor.

Siuzanna Avanesova ist Ukrainerin und flüchtete im Mai 2022 nach Deutschland. Im Jugendhaus Broksen fand sie eine Anlaufstelle, in der sie sich als Gast entspannen konnte. Bei Musik- und Sportangeboten konnte die 21-Jährige an andere Dinge als den Krieg denken. „Jeder Tag im Jugendhaus war anders“, sagt die FSJlerin und ergänzt: „Hier weiß ich, dass ich in Sicherheit bin.“

Siuzanna Avanesova bei der Arbeit im Jugenhaus Broksen: Vorbereitungen für Halloween

Siuzanna Avanesova bei der Arbeit im Jugenhaus Broksen: Vorbereitungen für Halloween

Neben dem täglichen Aufenthalt konnte die Ukrainerin morgens an Deutschkursen teilnehmen, da sie nicht mehr der Schulpflicht unterlag. Ihr offizielles Sprachniveau beträgt B1 (Stand November 2023). Durch die tägliche Arbeit mit den Jugendlichen und das damit verbundene Deutschlernen dürfte es mittlerweile darüber liegen. Da Siuzanna Avanesova nun beide Sprachen spricht, ist der Umgang mit ukrainischen Teenagern im Jugendhaus einfacher. Und klappen spezielle Vokabeln gar nicht, helfen Übersetzungsprogramme auf den Smartphones.

Kaffee oder Tee?

Wenn Ihnen mein Inhalt gefällt, freue ich mich über eine Unterstützung.
Vielen Dank. Warum wir so gerne Kaffee trinken erfahren Sie hier.


Ihre Auswahl




Da sie im Jugendhaus als Sprachmittlerin aktiv war, war der Schritt zum FSJ nicht weit. Als es im Sommer keine Bewerbung auf die freie FSJ-Stelle gab, hatte Wegner die Idee, Siuzanna Avanesova als FSJ-Kraft einzustellen. Die Ukrainerin konnte sich ein Engagement in ihrem „zweiten Zuhause“ gut vorstellen.

Doch vor den Job stellte der Staat die Bürokratie. Zunächst musste geklärt werden, ob Ukrainer ein FSJ machen dürfen. „Unser Träger ist das DRK“, sagt der Jugendpfleger. Und weiter: „Sie haben Erfahrung mit FSJ-Stellen für Ukrainer in der Region Hannover.“ Um alle weiteren Formulare und Anträge haben sich die Mitarbeiter im Rathaus gekümmert. Nachdem auch noch der Impfstatus geklärt und ein Girokonto eröffnet war, konnte es am 1. September losgehen.

FSJlerin aus der Ukraine: Ein Jahr für die Orientierung

Die junge Frau aus Charkiw hat den Wechsel vom Gast zur FSJ-Kraft gut gemeistert, bestätigt Michael Wegner. „Sie ist gut organisiert.“ Die 21-Jährige packt bei allen Aktivitäten mit an. Vom Kinderkino über Dekorationsarbeiten bis hin zum Kochen. Ein Projekt bis zum Sommer ist die Neugestaltung der Wände.

Die Ukrainerin war auch in Nienburg/Weser. „Wir waren dort beim Burn-Out-Festival“, sagt Wegner. Für das Frühjahr plant der Jugendpfleger für Jugendliche eine Fahrt nach Hannover ins Staatstheater. Denn im Herbst 2024 will Avanesova eine Schauspielausbildung beginnen. Wäre der Krieg nicht gewesen, hätte sie eine solche Ausbildung wahrscheinlich in ihrer Heimat begonnen. Avanesova: Ich war mit der Schule fertig und habe in einem Supermarkt gearbeitet. Ich wusste nicht, was ich wollte.“ Eine Tatsache, die sie mit vielen anderen Schulabgängern in der westlichen Welt teilt. Um Zeit für eine gute Entscheidung zu haben, kann ein FSJ hilfreich sein.

Hier geht es zum Newsletter

Ausgewählte Beiträge schon vor allen anderen lesen?
Keine Problem, trage dich einfach in unseren Newsletter ein.